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Das Bundeskriminalamt (BKA) hat die deutsche Wirtschaft – mit Blick auf die Sabotageakte an den beiden Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 – vor weiteren Sabotageaktionen an der kritischen Infrastruktur gewarnt. Wie der Spiegel berichtet, warnen die Ermittler in einem Schreiben an Vertreter der deutschen Wirtschaft demnach davor, dass die kritische Infrastruktur “in quantitativ und gegebenenfalls auch qualitativ gesteigerter Form” angegriffen werden könne. Mögliche Ziele solcher Angriffe könnten nach Angaben des BKA sowohl Gas- und Stromleitungen, aber auch Internet-Seekabel, Offshore-Windkraftanlagen sowie LNG-Terminals sein. Auch mit Cyberattacken sei zu rechnen.
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In dem Schreiben, das dem Spiegel vorliegt, erklärt das BKA zudem, dass die Lecks an den beiden Pipelines offenbar das Ergebnis eines gezielten Angriffs waren. Der Behörde lägen demnach zwar bisher noch keine Erkenntnisse “zur Urheberschaft der Sabotage” vor, doch angesichts der “hohen Komplexität der Tatausführung sowie einer entsprechenden Vorbereitung” sei das “Agieren staatlicher Akteure wahrscheinlich”, heißt es in dem Schreiben.
Vor gezielten Anschlägen auf die kritische Infrastruktur in Deutschland hatte zuvor bereits schon Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gewarnt. “Wir müssen uns auf Szenarien einstellen, die bis vor kurzem kaum denkbar waren”, erklärte Faeser am Mittwoch auf Twitter. Auch der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter mahnte im Gespräch mit dem Handelsblatt an, dass die Gefahr solcher Angriffe in Deutschland zugenommen habe:
“Die Bedrohung in Deutschland wächst.”
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) zieht einen ähnlichen Schluss und stuft insbesondere die Energieinfrastruktur “als abstrakt gefährdet” ein, wie ein BBK-Sprecher dem Handelsblatt sagte.
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Lediglich das von Faeser geführte Innenministerium beruhigt. Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden läge derzeit keine konkrete Gefährdungslage für die Infrastruktur vor, hieß es am Mittwoch auf einer Pressekonferenz. Wie BILD berichtete, spreche man in der Bundesregierung nach den Anschlägen an Nord Stream 1 und 2 aber von “gewachsener Sorge”, so Sicherheitsexperten.
“Der mutmaßliche Sabotageakt an den Ostsee-Pipelines führt uns erneut vor Augen, dass wir auf kritische Infrastruktur angewiesen sind – auch unter Wasser”, mahnte Faeser. “Die Umstände dieses beunruhigenden Ereignisses müssen nun schnell geklärt und die Verantwortlichen identifiziert werden.” Deutschland habe bereits eine Untersuchung der Vorfälle durch eine gemeinsame Ermittlungsgruppe Dänemarks, Schwedens und Deutschlands vereinbart.
“Wir wollen jetzt ein Joint Investigation Team bilden – eine gemeinsame Ermittlungsgruppe nach EU-Recht, in die alle drei Staaten Ermittler entsenden.”
Die Bundeswehr werde sich in die Aufklärung einbringen. Vor der dänischen Insel Bornholm waren vergangene Woche mehrere Lecks entdeckt worden, aus denen größere Mengen Erdgas an die Meeresoberfläche strömten. Nahezu alle politischen Akteure gehen mittlerweile davon aus, dass die Gaslecks an den beiden Nord Stream-Pipelines die Folge eines Sabotageaktes sind. Bewiesen ist dies bisher jedoch noch nicht. Derzeit warten sowohl Ermittler als auch die Betreibergesellschaft selbst auf die Möglichkeit, die Schadstellen im Meer in Augenschein zu nehmen.
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