Quelle: www.globallookpress.com © Michael Kappeler/dpa Leberwurst im chinesischen Kühlschrank? Olaf Scholz zu Besuch bei Xi Jinping am Dienstag in Peking
Eine Lesermeinung von Mikhail Balzer
Unser Balkonist betrachtete die letzten beiden Tage sorgsam das typisch deutsche Aprilwetter, welches in der Tat viel Abwechslung zu bieten hatte: von Sonnenschein bis Sturm und starkem Regen, der noch ein wenig mit Graupel gemischt war; sogar ein vereinzelter Donnerhall ließ dabei nicht auf sich warten.
Letzteres zum Unbill seiner Frau Gertrude, die gerade auf dem Rückweg vom Einkauf war, und bei dem einsetzenden Regen kaum schneller zu gehen vermochte, hatte sie doch Rucksack und zwei vollgepackte Tragetaschen dabei. Entsprechend ruiniert war anschließend die erst kurz zuvor durchgestylte Frisur, dazu triefnasse Haare, welche eine Spur bis in die Küche abregneten.
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Den begleitenden Temperatursturz spürte Kater Murr III. anscheinend sogar im Voraus, denn bereits zum warmen Wochenende zog er sich allzu gerne unter seine flauschige Lieblingsdecke zurück; Ehefrau Gertrude äußerte hingegen die Theorie, dass das schlaue Katzentier verängstigt sei durch die vom Iran angedrohte Vergeltungsaktion, welche ja dann auch tatsächlich erfolgte.
Als dann aber das wechselhafte Wetter einsetzte, wirkte der Kater plötzlich quicklebendig und fidel, spielte wie toll mit einer Papierkugel und brachte sogar den üblichen Bücherstapel vor dem kleinen Balkonregal zum Einsturz. Und so spätkarnevalistisch wie der Kater gehabt sich anscheinend auch die große deutsche Außenpolitik, kam es Michael unwillkürlich in den Sinn.
Die letzten drei/vier Tage taumelte die deutsche Außenpolitik von Reiseziel zu Reiseziel: Während die “beleidigte Leberwurst” in China eher tiefgekühlt serviert, Pardon: empfangen worden ist, eilt wenig später eine straußenhafte Außenministerin flugs nach Israel – quasi notfallmäßig, um eine Eskalation durch einen israelischen Angriff auf den Iran zu verhindern (so zumindest die Lesart der deutschen Medien).
Aber erst einmal der Reihe nach: Zunächst möchte man schöne Bilder zeigen von des Kanzlers großer Reise nach China (immerhin für drei lange Tage!). Begleitet wird er von weiteren nicht gerade unbekannten Regierungsmitgliedern, welche zwar ebenfalls fahl erscheinen, aber womöglich den Eindruck erwecken sollen, als ob sogar der Kanzler Gouvernanten benötige (offenbar, damit er sich nicht “verplappere”, wie bei der Taurus-Frage und dem Abhörskandal).
Kaum Bilder in deutschen Medien von der Stimmungslage bei Ankunft in China: Diese war analog zum trüben Aprilregen – womit unser Balkonist den Empfang der “beleidigten Leberwurst” durch allenfalls drittklassiges chinesisches Bodenpersonal ohne diplomatische Würden bezeichnet. Immerhin scheint der Kanzler, entgegen der stets schillernden Außenministerin, die Gangway selbständig hinabsteigen zu können; auch ohne pompöses Begrüßungszeremoniell…
Hingegen wird sodann der übliche heitere Mediencocktail zubereitet aus naiver Technikbegeisterung und einem rummelhaften Besuch in einem deutschen Werk in China, der wie ein Jahrmarkt großindustriedeutscher Eitelkeiten präsentiert wird. Als “großer Wurf” werden dann noch die vorangekündigten, doch gerade mal eingeleiteten Gespräche der deutschen Umweltministerin bezeichnet, mit denen sie “China zum Plastiksparen überreden” wolle…
Unser Balkonist hält fest: Einvernehmliche Gespräche klingen wohl etwas anders! Aber immerhin kam später eine als “Abkommen” deklarierte Absichtserklärung zur Kreislaufwirtschaft heraus (siehe unten). Nachdem also die ersten beiden Tage in China so dahindümpelten, sollte ein dramatischer Spannungsbogen zum abschließenden Treffen mit dem chinesischen Präsidenten Xi erzeugt werden. Dies mit dem Ziel, eine moralinsaure Ermahnung an ihn zu richten – hinsichtlich des Ukraine-Konflikts, der vom Wertewesten einberufenen “Friedensberatungen” in der Schweiz und auch mit Blick auf unerlaubte Subventionen für die einheimische Industrie vonseiten des chinesischen Staates.
Meinung Der Balkonist ‒ von Zwiebelschalen, pompösen Inszenierungen und diplomatischen Straußenherden
Im Vorfeld waren von bisweilen maulheldenhaften Medien und einigen anscheinend kriegsbegeisterten Politikern gar noch weitere Geschütze aufgefahren worden, welche sich im Nachhinein vermutlich eher als Konfettikanonen entpuppt haben dürften:
So sollte beispielsweise das vom Wertewesten postulierte Uiguren-Problem angesprochen werden (wohingegen sogar der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag eine diesbezügliche Klage wegen Menschenrechtsverletzungen bereits vor einigen Jahren zurückgewiesen hatte).
Weiter hieß es in den Medien, Deutschland sollte “standhaft” sein, hinsichtlich seiner Forderung nach einer weitgehenden Akzeptanz der Unabhängigkeit Taiwans (obwohl man früher das Ein-China-Prinzip unterstützt hatte). Und Scholz sollte zudem nachdrücklich fordern, dass sich China von Russland abwenden möge… Über diese explosiven Themen ist anscheinend entweder nicht berichtet, oder hoffentlich gar nicht erst gesprochen worden – denn sie hätten sicherlich zu einem großen Knall der “Stimmungskanonen” mit neuerlichem diplomatischen Kollateralschaden führen können.
Jedoch konnte sogar der politmediale Nebelwerfer in Deutschland kaum verheimlichen, dass es wohl in dem kurzen direkten Gespräch der Staatschefs beinahe zu einem Rohrkrepierer gekommen wäre. Dies justament als eine offenbar bereits unterkühlte Leberwurst gar noch mehr gemeinsame Bestrebungen für einen “gerechten Frieden in der Ukraine” forderte. Diese sehr einseitige und ein wenig substanzlose Argumentation landete allerdings sofort im chinesischen Kühlschrank, denn Chinas Präsident Xi stellte dieser Forderung vier dezidierte Friedensprinzipien entgegen (welche dem/r geneigten Leser:In, selbst im deutschen feministischen Außenministerium, aus früheren Verlautbarungen Chinas hätten geläufig sein müssen).
Man könnte denken: Nur ein Schiffbruch kann schlimmer ausgehen, weshalb diese Thematik im werteschwangeren journalistischen Mainstream mal eben weitgehend ausgelassen wurde. Die wenigen unterzeichneten Abkommen vermögen da wenigstens etwas abzulenken: dabei sogar das Lieblingsprojekt der deutschen Umweltministerin, welches aber jetzt lapidar als “Abkommen zur Kreislaufwirtschaft” daherkommt.
Letztlich sei mit der sehr eindeutigen Vorgabe zur “Pressebegegnung” alles Wesentliche gesagt, denn man wolle einvernehmlich auf Fragen nach den Statements verzichten. Laut ZDF heute wurde zusätzlich auch auf den Handschlag zwischen Scholz und Xi verzichtet, was in Anbetracht der bekannten chinesischen Höflichkeit im offiziellen diplomatischen Umgang schon einiges zu bedeuten hat. Aber vielleicht hatte auch der frühere elefantengleiche Besuch einer Außenministerin im chinesischen Porzellanladen bereits zu viele Scherben angerichtet…
Überhaupt kommen wir nun bereits nahtlos zur meist eher straußenhaft strahlenden Chefin des deutschen feministischen Außenamtes, welche den nebelhaften und dämmerungsgleichen Eindruck der großen deutschen Delegation in China durch geeignetere weltrettende Aktivitäten von hoher moralischer Nachhaltigkeit aufbessern will. Außerdem gibt man ja einen vorderen Platz auf der medialen Bühne ungerne ab.
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Also, anscheinend rasch entschlossen, wird nach Israel geflogen, um das weltpolitisch äußerst gewichtige deutsche Wort einzulegen und Israel zu besänftigen, keinen allzu starken Gegenschlag auf die iranischen Raketen- und Drohnenangriffe zu starten. Weil das so aber noch nicht schlagzeilenträchtig genug klingt, wird verlautbart, dass die Außenministerin sich einsetzen wolle, dass es “nicht zu einer Eskalation, zu einem Flächenbrand in der Region” komme.
Wir hoffen einmal, dass hier nicht die Kombination von Selbstdarstellung und einer Überschätzung des deutschen Einflusses in der Weltpolitik die Hauptrolle spielen (wie es in ähnlicher Weise von einem deutschen Magazin kritisch angemerkt wird). Wie dem auch sei, schlimmstenfalls duckt man sich und schaut in gewohnter Manier weg, wenn man an der harten Realität scheitert. Getreu dem Motto: Man (frau) hat ja nichts unversucht gelassen, aber leider sind die geopolitische Realität und die anderen schuld.
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