Nicht unser Krieg – Menschen in der Ukraine kommen langsam zur Besinnung
31.12.2023
0 72 5 minutes read
Wehramt-Mitarbeiter ziehen gewaltsam einen Mann zum Kriegsdienst ein. Seine Ehefrau versucht, ihn aus ihren Fängen zu entreißen. Lwow, Veröffentlichungsdatum Mitte bis Ende November 2023. Stillbild aus Zeugen-Videomaterial. Aufgerufen bei Dmitri Wassilez.
Von Sergei Mirkin
Seltsamer Sinn für Humor – ja, dafür ist Geschichte bekannt. So hasst man in der Maidan-Ukraine die Sowjet-Epoche – und doch ist ein Phänomen der Sowjetzeit, die Nichtrückkehrer in die UdSSR, nun auch eines der postsowjetischen Ukraine. Zur Erinnerung: Nichtrückkehrer sind Menschen, die das Vertrauen der Regierung und der Behörden genießen und deswegen, im Unterschied zu anderen, überhaupt ins Ausland reisen dürfen – und dieses Vertrauen brechen, indem sie im Ausland bleiben.
Denn aus der Ukraine fliehen Massen von professionellen Sportlern und freiwilligen Helfern.
Ein Unterschied zur Sowjetzeit offenbart sich aber auch: Um etwa unter der Legende eines freiwilligen Helfers, der im Westen zum Beispiel Medikamente oder Sonstiges für Zivilisten in Kampfgebieten oder das ukrainische Militär einkaufen fährt, ausreisen zu dürfen – ja, da zahlen Männer in der Ukraine durchaus beträchtliche Summen. Das ist nicht mehr als Schleuserwesen zu bezeichnen, sondern als Schleuserindustrie. Doch auch bei echten freiwilligen Helfern müsse man Acht geben, so Alexander Prokudin, der ukrainische Gauleiter des Gebiets Cherson: Er habe ihnen Ausreiseerlaubnisse erteilt, freiwilligen Helfern eben, die zuvor humanitäre Hilfe ins Gebiet Cherson ausgeliefert hatten. Zehn Männer kehrten nicht ins Land zurück. Nun ist der Herr Gauleiter entrüstet und fordert ein Strafverfahren gegen sie – für gesetzeswidrigen Übertritt der Staatsgrenze.
Bemerkenswert ist auch die Geschichte von Alexei Petschi – dem ukrainischen Erzpropagandisten schlechthin, gleich nach dem Namensvetter Arestowitsch. Wie die oben erwähnten freiwilligen Helfer, verließ auch er die Ukraine und beschloss, nicht mehr zurückzukehren. Interessanterweise ließ er im Informationsraum noch hanebücheneren Schwachsinn ab als Arestowitsch: Er stellte als angebliche Tatsachen hin, dass das ukrainische Militär Kämpfe um die Halbinsel Krim begonnen hätte, dass eine angebliche Entlassung des russischen Verteidigungsministers Sergei Schoigu bevorstünde oder auch dass eine Lieferung israelischer Kampfpanzer an Kiew durchgeführt würde. Und jetzt wird er von seinen Zunftkollegen in der Ukraine nur noch verflucht: Diese verstehen, dass Männer mit Presseausweis seinetwegen künftig nicht mehr außer Landes gelassen werden. Überhaupt dürfte Selenskijs Präsidialbüro der Propagandazunft nach Petschis und Arestowitschs Eskapaden weitaus weniger Vertrauen entgegenbringen.