Imran Khan erhält weitere Gefängnisstrafe – 14 Jahre wegen Korruption
Ja, in Südasien bezahlen Dynastien für ihre Macht oft mit eigenem Blut: Zwei der drei Nehru-Gandhis wurden ermordet, Bhutto wurde hingerichtet und seine Tochter ermordet, und beide Rahmans wurden erschossen. Aber weder die Dynastien selbst noch die Wähler ändern ihre Präferenzen – vorerst, versteht sich. In Pakistan ist die Popularität beider Dynastien so weit gesunken, dass sie sich zusammentun mussten, um den Emporkömmling Imran Khan von der Macht zu entfernen und ins Gefängnis zu stecken, aber selbst das hat ihnen nicht geholfen, die jüngsten Wahlen zu gewinnen. In Indien wurde der Nehru-Gandhi-Clan, obwohl er die Partei Indischer Nationalkongress (INC) kontrolliert, vor einem Jahrzehnt von Narendra Modis Nationalisten von der Macht verdrängt und hat keine Chance, bei den nächsten Wahlen an die Macht zurückzukehren.
Aber Asien ist vielfältig. Es gibt nicht-muslimische und nicht-buddhistische Länder, nicht wahr? Natürlich gibt es sie – die Philippinen zum Beispiel. Ferdinand Marcos Jr. ist dort der aktuelle Machtinhaber. Der Senior herrschte zwischen den 1960er- und 80er-Jahren, dann wurde er gestürzt. Die Marcos sind jedoch nicht die erste Dynastie – seit den frühen 60er-Jahren hatten Mitglieder der Familien Macapagal und Aquino jeweils zweimal das Amt des Präsidenten der Philippinen inne.
Das sind alles nicht tragfähige Demokratien? Aber fast überall gibt es konkurrenzbetonte Wahlen… Was ist denn mit den asiatischen Ländern, die als Maßstab gelten können – Japan zum Beispiel? Ja, dort gibt es eine Monarchie, aber es ist eine dekorative Monarchie, und der wahre Herrscher ist der Premierminister. Die Tatsache, dass der derzeitige Kabinettschef Fumio Kishida den ehemaligen Premierminister Kiichi Miyazawa zu seinen entfernten Verwandten zählt, kann hier außer Acht gelassen werden, denn der berühmteste und am längsten amtierende japanische Premierminister, Shinzō Abe (der vorletztes Jahr ermordet wurde), hatte mehrere Vorgänger, die mit ihm verwand waren: Sein Großvater mütterlicherseits und sein Großonkel waren ebenfalls als Premierminister tätig. Sein Vater, der das Außenministerium leitete, zählen wir mal nicht mit. Natürlich ist Japan kein Nordkorea, das seit acht Jahrzehnten von der Kim-Dynastie regiert wird, aber das kommunistische Korea gibt auch nicht vor, eine Wahldemokratie nach westlichem Vorbild zu sein.
Lassen wir Afrika außen vor – dort gibt es natürlich viele Fälle, in denen sowohl die direkte Nachfolge des Vaters durch den Sohn (auch bei Wahlen) als auch der Sieg von Erben bei fairen Wahlen Jahre nach dem Tod des Vaters, der Präsident war, zu verzeichnen sind. In der arabischen Welt gibt es viele absolute Monarchien, aber selbst dort, wo sie abgeschafft wurden, gibt es eine Nostalgie für die Nachfolge. Selbst wenn das Land mit dem Tod des Staatschefs aufgehört hat zu existieren, wie in Libyen. Seit der Ermordung Muammar Gaddafis im Jahr 2011 konnte das zerrissene und vom Bürgerkrieg gebeutelte Land keine allgemeinen Präsidentschaftswahlen abhalten. Aber wenn sie endlich stattfinden, wird der klare Favorit Muammars Sohn Saif al-Islam al-Gaddafi sein.
Liegt Südamerika außerhalb des Mainstreams? Dort gab es doch nur im 19. Jahrhundert Präsidentendynastien, und auch dann nicht überall, oder? Ja, die Macht konzentriert sich dort traditionell im Kreis von einigen hundert Elitefamilien (oder regionalen Eliten, wie in Brasilien), aber es gibt auch heute noch genügend Länder mit dynastischen und familiären Traditionen. Und es sind nicht nur kleine mittelamerikanische oder karibische Länder – in Argentinien regierten ganze Ehepaare (zuerst Perón und dann Kirchner), die Tochter des peruanischen Präsidenten Alberto Fujimori war mehr als einmal nur einen Schritt vom Wahlsieg entfernt, die Kolumbianer haben die Präsidentschaft wiederholt der Familie Santos anvertraut.
Bleibt nur noch Europa, und das ist wirklich nicht wie der Globale Süden. Allerdings gibt es in der Alten Welt elf Monarchien, und Geld und Macht sind in den Händen der alten Eliten konzentriert. Deshalb können und sollten die obersten Amtsträger auch von außerhalb des Kreises dieser Eliten gewählt werden. Noch weniger akzeptabel ist es, wenn angeheuerte Manager die Macht von Generation zu Generation weitergeben. Auch wenn es in Europa Ausnahmen gibt – in Griechenland finden sich die Mitglieder der Familien Papandreou und Karamanlis regelmäßig auf dem Stuhl des Ministerpräsidenten wieder.
Die Idee, Monarchien im Interesse des Fortschritts, des Glücks und der Befreiung der Völker zu bekämpfen, hatte auf der Insel zwar maximale Unterstützung gefunden, aber Großbritannien selbst bleibt eine Klassenmonarchie, die nicht nur die Krone, sondern auch die Aristokratie bewahrt hat. Gleichzeitig werden dort seit langem konkurrenzbetonte Wahlen abgehalten, bei denen es recht turbulent zugeht – die Premierminister sind mal klug, mal weniger klug, doch jeder von ihnen kennt seinen Platz. Das alte Geld und die alten Familien bestimmen die Strategie, und die Premierminister müssen die Erwartungen und Enttäuschungen der Menschen “managen”. Der Mechanismus ist in den großen Commonwealth-Ländern ähnlich (wenn auch einfacher). Allerdings hat Kanada bereits seinen zweiten Premierminister aus der Familie Trudeau innerhalb eines halben Jahrhunderts.
Hillary Clinton: Bidens Alter im Wahlkampf berechtigtes Thema – vor allem seine Weisheit
Eine besondere Version des angelsächsischen Machtmodells gab es in den Vereinigten Staaten, doch dort gelang es, die öffentliche Macht in eine Erbherrschaft zu verwandeln. Oder besser gesagt, es wurde versucht, sie umzuwandeln: Wenn alles nach Plan verlaufen wäre, wäre Hillary Clinton jetzt an der Macht. Oder Jeb Bush. Aber alles wurde 2016 durch den Emporkömmling Donald Trump zunichtegemacht, und seither ist das US-amerikanische System der eliteninternen Auswahl von Kandidaten für das höchste Amt ins Wanken geraten. Diejenigen, die durch den Lauf der Zeit auf die Liste der Nominierten kamen, werden von den Eliten nicht gemocht oder sogar gefürchtet (Donald Trump, Bernie Sanders, Rand Paul), und ihre eigenen Kinder und Ehefrauen schaffen es nicht, diese Leute zu übertreffen. In diesem Sinne wäre die Nominierung von Michelle Obama eine wunderbare Veranschaulichung der Sackgasse, in der sich das politische System der USA befindet: wenn das eigene Blut scheinbar die letzte Chance für die Rettung, für die Rückkehr der Stabilität, für die Bewahrung der Ordnung im Sinne des Establishments ist.
Das Problem mit den Vereinigten Staaten ist jedoch, dass die USA im Gegensatz zu anderen Ländern, in denen die Machtübertragung entlang von Verwandtschaftslinien tatsächlich dem Land oder zumindest der Elite zugutekommt, für sich in Anspruch nehmen, den Rest der Welt auf der Grundlage einer “regelbasierten Ordnung” zu regieren. Und eine der wichtigsten US-amerikanischen “Regeln” war die vorgebliche Verurteilung des Familialismus an der Macht, also das, worauf sich der “Washingtoner Sumpf” heute selbst stützt.
Übersetzt aus dem Russischen. Die Erstveröffentlichung erfolgte am 15. Februar 2024 bei RIA Nowosti.
Pjotr Akopow ist Kolumnist und Analytiker bei RIA Nowosti.
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