Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat in einem Interview mit der Sächsischen Zeitung am Dienstag bestritten, dass russisch-ukrainische Friedensverhandlungen in Istanbul Ende März 2022 kurz vor einem erfolgreichen Abschluss standen. Er bezeichnete entsprechende Berichte, die es aus unterschiedlichen Quellen gibt, als “russische Propaganda”.
Wörtlich sagte Scholz:
“Nein, das ist russische Propaganda. Da wird behauptet, es hätte zwischen der Ukraine und Russland einen fertigen Friedensvertrag gegeben, aber wahlweise hätte ihn mal Boris Johnson, mal Joe Biden verhindert. Völliger Unsinn. Die Wahrheit ist: Die Gespräche zwischen der Ukraine und Russland sind deshalb abgebrochen worden, weil Russland seine Truppen umverlegt hatte und im Osten eine Großoffensive begann und die Gräueltaten und Massaker von Butcha bekannt wurden. Das hat den damaligen Gesprächen die Grundlage entzogen.”
Auf der anderen Seite beharrte der Bundeskanzler in dem Interview auf seiner Ablehnung der Lieferung von Marschflugkörpern des Typs “Taurus” in die Ukraine:
“Wir liefern aber nicht auf Zuruf, sondern wägen genau ab – das ist meine Verantwortung als Bundeskanzler. Deshalb habe ich vor ein paar Tagen klargestellt, dass wir das sehr weitreichende Waffensystem Taurus absehbar nicht beisteuern werden. An unserer immensen Hilfe für die Ukraine ändert das nichts. Und ich werbe seit Wochen bei unseren Freunden in Europa dafür, dass sie die Ukraine ähnlich stark unterstützen, wie Deutschland das tut.”
Auch dem Einsatz von Bodentruppen in der Ukraine steht Scholz weiter ablehnend gegenüber:
“Für mich ist ganz klar – und zwar seit Beginn des Krieges: Es darf nicht zu einem Krieg zwischen Russland und der NATO kommen. Die Folgen wären unkalkulierbar. Deshalb darf es keine NATO-Truppen und keine deutschen Soldaten auf ukrainischem Boden geben.”
Dass im Zuge der Verhandlungen in Istanbul Ende März 2022 der Entwurf eines Friedensvertrags zwischen der Ukraine und Russland paraphiert werden konnte, hat zuerst der frühere israelische Regierungschef Naftali Benett berichtet. Später skizzierte der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko im russischen Fernsehen die Eckpunkte des damals paraphierten Friedensvertrages: Rückzug Russland in die Ausgangsstellungen von Februar 2022, Verzicht der Ukraine auf den Beitritt zur NATO und die Stationierung ausländischer Truppen auf ihrem Gebiet, Beschränkung ihrer eigenen Truppenstärke und der Anzahl bestimmter Waffen, langfristiger Pachtvertrag die Krim betreffend, Entscheidung über die Zukunft des Donbass in gesonderten Verhandlungen.