Olaf Scholz’ Vision von einem Groß-Europa unter deutscher Führung
01.09.2022
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Quelle: www.globallookpress.com Bundeskanzler Olaf Scholz nach seiner Rede an der Karlsuniversität in Prag.
von Gert Ewen Ungar
Am 29. August 2022 hielt der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) anlässlich der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft an der Prager Karlsuniverität eine Rede, in der er Reformen in der EU anmahnt. Gleichzeitig skizziert er seine Idee einer zukünftigen EU.
Augenhöhe ist der Begriff, der in der Rede einen zentralen Punkt einnimmt. Doch sollten die Vorschläge von Scholz umgesetzt werden, ist klar, dass es Augenhöhe in der EU noch weniger geben wird als jetzt schon.
Was aber am Redebeitrag des Kanzlers vor allem erschreckt, ist, dass die sozio-ökonomischen Auswirkungen, die durch das Sanktionsregime der EU auf die Bürger zukommen, in den Überlegungen von Scholz offenbar keine Rolle spielen. Begriffe wie Energiepreise oder Inflation kommen in der Rede des Bundeskanzlers schlicht nicht vor. Das breite Absinken von Wohlstand in der EU ist für Scholz kein Thema. Die sich daraus ergebenden Verwerfungen in der Konsequenz auch nicht.
Dabei ist absehbar, dass die Rückwirkungen der Sanktionen auf die Gesellschaften der EU für die EU ganz klar zu einer enormen Belastungsprobe werden. Wird nicht unmittelbar und sofort gegengesteuert, wird dieser Konflikt auf dem europäischen Kontinent auch die EU selbst infrage stellen. Scholz’ Rede macht vor allem eines deutlich: Es gelingt den politischen Entscheidern noch nicht einmal, eine sich deutlich ankündigende, heraufziehende Gefahr zu sehen, geschweige denn geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Bürger der EU davor zu schützen.
Dabei dürfte trotz aller rhetorischer Manipulationsversuche für die Mehrheit der Bürger in der EU feststehen, dass die kommende Rezession nicht Putin, sondern die EU selbst zu verantworten hat. Wer glaubt, die EU würde sich angesichts eines rapide fallenden Lebensstandards ihrer Bürger, zunehmender Arbeitslosigkeit und wachsender Armut auch wachsender Beliebtheit erfreuen, hat ganz einfache Mechanismen nicht verstanden. Mit dem Sanktionsregime hat die EU selbst ihre vermutlich schwerste Krise ausgelöst.
Scholz widmet alldem nicht ein einziges Wort. Für ihn ist klar: Das, was für ihn eine Zeitenwende markiert und ein Umdenken in Deutschland und der EU notwendig macht, wurde von Russland und Russlands Einmarsch in die Ukraine ausgelöst. Es gibt keinen Vorlauf, keine Mitverantwortung, keinen Funken historischen Denkens. Russland ist der Aggressor, die EU verteidigt die westlichen Werte. Die EU ist das Bollwerk der liberalen Demokratie gegen die Autokraten.