“Erster Sieg des Volkes”: Kolumbien wählt zum ersten Mal einen linken Präsidenten
Ein wichtiges Thema ist auch die stärkere Kontrolle von Konzernen im Bereich der Öl-, Mineral- und Metallförderung, das Ende der Straflosigkeit bei Umweltverbrechen sowie Entschädigungs- und Sanierungspflichten gegenüber dem Staat und/oder den betroffenen Bevölkerungen sowie ein reales Mitspracherecht bei Großprojekten mit Umweltgefahren. Letzteres ist ein besonderes Anliegen von häufig betroffenen Land- und Indigenengemeinden, deren Stimmen bei der Wahl von Pedro Castillo ein starkes Gewicht hatten.
Zusammenarbeit mit dem Nachbarland Bolivien
Peru und Bolivien vereinbarten die gemeinsame wissenschaftliche Überwachung der Umweltprobleme des Titicacasees und Schutzmaßnahmen. Außerdem eine Verbindung der Gasleitungen beider Länder in den Grenzgebieten und eine Erweiterung des bilateralen Gas-Versorgungsnetzes für die dort ansässige Bevölkerung. Schließlich haben Bolivien und Peru ein Protokoll zur Messung der technischen Parameter von Radio- und Fernsehdiensten im Grenzgebiet vereinbart. Auch einen neuen Grenzübergang im Amazonasgebiet, die Öffnung eines peruanischen Hafens für den bolivianischen Handelsverkehr und der gemeinsame Kampf gegen Terrorismus, Drogenhandel, illegalen Bergbau und andere Delikte.
Die politischen Schwächen und Fehler des Pedro Castillo
Die Schilderung der überwiegend positiven Seiten der Präsidentschaft von Castillo wäre einseitig, ohne die negativen Probleme zu benennen.
Man hat den Eindruck, dass Castillo sich weder auf eine erfahrene politische Basis noch auf ein gesichertes professionelles Umfeld für seine wiederholten Regierungsbildungen stützen kann. Auch er selbst scheint wenig Routine mit dem intrigenreichen Parkett des peruanischen Kongresses zu haben. Der geringste Fehler beim Umgang mit den strengen juristischen Regeln der Regierungsarbeit wird von der Opposition zerlegt und von den Medien aufgebauscht. Es sei daran erinnert, dass Peru in den letzten fünf Jahren vier Präsidenten hatte.
Wie bereits oben erwähnt, führten die ununterbrochenen Attacken im Kongress gegen Castillo und seine Kabinettsmitglieder dazu, dass er mehrfach seine Minister auswechselte, schließlich innerhalb eines Jahres vier Mal seine gesamte Regierungsriege. Der Innenminister wurde ganze sieben Mal gewechselt, andere hohe Beamte traten zurück.
Poltische Justiz gegen links nach dem Muster Brasiliens und Ecuadors
Die Oppositionsstrategie erinnert an Brasilien oder Ecuador, wo man linke Regierungen mithilfe einer politisierten Justiz kriminalisierte, wo Präsidenten unter falschen Anklagen ins Gefängnis kamen (Lula da Silva, Brasilien) oder ins Exil getrieben wurden (Rafael Correa, Ecuador). Wobei das juristische Vokabular der öffentlichen Verdächtigungen eine Schwerstkriminalität suggeriert, die psychologische Wirkung in der Bevölkerung zeigt.
Ein Beispiel dafür ist die Staatsanwältin Norah Córdova in Lima. Sie übte scharfe Kritik an dem linken Präsidenten, den sie einen “Terroristen” nannte. Außerdem bezeichnete sie sich als “genetisch antikommunistisch” und hatte auf Twitter dazu aufgerufen, bei der Wahl für die rechtsextreme Keiko Fujimori zu stimmen.
Präsident Castillo und seine Familie als kriminelle Vereinigung
Analyse
Ergebnisse des OAS-Gipfels: Lateinamerika erhebt sich gegen US-Vorherrschaft
Ein weiteres Beispiel: In den letzten Tagen hat die Justiz Pedro Castillo als “Kopf einer kriminellen Vereinigung” darzustellen versucht, deren Mitglieder aus einigen Familienangehörigen bestünden, darunter seine Frau und seine Schwägerin Yenifer Paredes sowie zwei Brüder der Präsidentengattin. Auch ein Bürgermeister und zwei Unternehmer werden verdächtigt. Laut Nachforschungen von Journalisten soll die Familie Castillo-Paredes bereits vor der Amtszeit Castillos ein freundschaftliches Verhältnis zu den beiden Unternehmern gehabt haben. Es geht um ein Großprojekt für die Trinkwasserversorgung und eine Abwasseranlage in einer ländlichen Gegend, dessen Ausschreibung die von der Gruppe angeblich begünstigten Firmen der befreundeten Unternehmer gewannen. Die Untersuchungen laufen wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Einflusshandel und Geldwäsche.
In anderen Fällen wirft man Castillo eine unrechtmäßige politische Einflussnahme bei der Beförderung von Beamten vor. So beim Aufstieg von drei hohen Offizieren unter Umgehung der Rangliste. Schließlich verweigerte der Kongress dem Präsidenten die Ausreise, um an der Amtseinführung des neuen Präsidenten Kolumbiens teilzunehmen. Die Opposition versuchte, Castillo für fünf Jahre das Recht auf eine politische Betätigung zu entziehen, was jedoch misslang.
Korruptionsvorwürfe und gesunkene Zustimmungsdaten
Mit den medialen Vorwürfen von Korruption aufgrund seiner privaten Kontakte mit Unternehmern, die staatliche Projekte ausführen oder sich dafür bewerben, fiel im August 2022 die anfänglich hohe Zustimmung für den “ehrlichen Außenseiter” Castillo auf nur noch 29 Prozent. Wobei auch 87,9 Prozent der Bevölkerung den Kongress ablehnen. Rund 60 Prozent glauben, dass Castillo irgendwie in Korruption verwickelt ist, obwohl bislang keine konkreten Beweise auftauchten. Es ist schwer, zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen, zumal bisher keine Anklage eröffnet wurde. Andererseits rufen manche öffentlichen Erklärungsversuche von früheren Beamten Castillos Zweifel und Verdächtigungen hervor.
Zudem benutzt die rechte Opposition die gleichen parlamentarischen Mechanismen, die die vorherigen Präsidenten aus dem Amt trieben. In den letzten fünf Jahren hatte Peru vier Präsidenten. Das innenpolitische Chaos provozierte inzwischen heftige Ausschreitungen auf den Straßen. Bei einem landesweiten Streik der Transportunternehmen hinterließ das gewaltsame Vorgehen der Polizei sechs Todesopfer. Castillo verhängte eine vorübergehende Ausgangssperre. Die Lage ist angespannt.
Source