Meinung

“Was raucht ihr denn da drüben?” In ganz Europa werden “russische Agenten” gefasst

"Was raucht ihr denn da drüben?" In ganz Europa werden "russische Agenten" gefasst

Quelle: Sputnik © RIA, KI-generiertes Symbolbild

Von Wladimir Kornilow

Ganz Europa ist von einem Netz russischer Spione, Saboteure, Assassinen und Brandstifter umzingelt. Und je näher die Europawahlen rücken, desto aktiver werden diese hinterlistigen russischen Agenten sein, desto furchtbarer und wirkungsvoller werden ihre Gräueltaten sein. Und an einem direkten Zusammenhang zwischen den genannten Vorkommnissen braucht man nicht zu zweifeln. Es genügt, die Karte der besonders “problematischen” Regionen (selbstverständlich aus der Sicht des europäischen Establishments) mit der Geografie der Berichte über die Verhaftung und Enttarnung weiterer “russischer Spione” zu vergleichen, um eine nahezu exakte Übereinstimmung zu erkennen.

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Eines der aktuellsten Beispiele ist Polen. Dort hatte die regierende Partei “Bürgerkoalition” von Donald Tusk noch vor nicht allzu langer Zeit einen deutlichen Rückstand gegenüber ihren ständigen Gegnern von der Partei “Recht und Gerechtigkeit” (PiS). Jetzt wurde dieser Rückstand auf ein Minimum reduziert. Zugleich wirft der polnische Außenminister Radosław Sikorski der PiS auf der Tribüne im Sejm eine “pro-russische Politik” vor. Ja, ja, die Anhänger von Kaczyński, Duda und Morawiecki, so stellt sich heraus, sind “Freunde Russlands”! Als Reaktion darauf postete der ehemalige polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki ein altes gemeinsames Foto von Sikorski mit unserem Außenminister Sergei Lawrow und betitelte es mit:

“Was kiffen Sie denn da, Herr Sikorski?”

In diesem Zusammenhang steht die Nachricht, dass polnische Sicherheitsdienste einen “russischen Saboteur” festgenommen hätten, der Russland bei der Vorbereitung eines Attentats auf den ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij geholfen haben soll. Diese Nachricht wurde in fast allen Massenmedien der Welt in ebendieser Form verbreitet.

Doch wenn man den offiziellen Bericht der polnischen Sicherheitskräfte genau liest, stellt man fest, dass der verhaftete polnische Staatsbürger Paweł K. nach einem eher milden Absatz von Artikel 130 des Strafgesetzbuchs angeklagt ist, für den er nur zu sechs Monaten Haft verurteilt werden könnte. Geht es da tatsächlich um die Vorbereitung eines Attentats auf den Präsidenten einer ausländischen Macht? Nein, die Staatsanwaltschaft wirft ihm lediglich vor, “die Bereitschaft geäußert zu haben, Handlungen zugunsten ausländischer Geheimdienste gegen die Republik Polen zu begehen.”

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Außerdem wird in diesem Bericht betont, dass die polnischen Sicherheitsdienste die Informationen über diesen Paweł von ihren ukrainischen Kollegen erhalten hätten. Es ist also davon auszugehen, dass er von Ukrainern “rekrutiert” wurde, die sich möglicherweise tatsächlich als Russen vorgestellt haben. Das heißt, dieser Pole ist einfach einem Prank der Kiewer Sicherheitsdienste zum Opfer gefallen und wird nun des “versuchten Mordes an Selenskij” beschuldigt. Bleibt nur eine Frage: Was hat bitteschön Russland mit dieser Sache zu tun?

Fast das gleiche Bild bietet sich in Deutschland. Als Alexei Danilow (damals noch Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine) berichtete, dass ganz Deutschland “von einem Netz russischer Spione umhüllt” sei, wurden in Bayern sofort zwei russlanddeutsche Bürger verhaftet. Ihnen wurde praktisch dasselbe vorgeworfen – die Vorbereitung russischer Sabotageakte gegen militärische Einrichtungen, wo die Amerikaner ukrainische Kämpfer trainierten. Angeblich planten sie Bomben- und Brandanschläge gegen diese Einrichtungen.

Es liegt auf der Hand, dass die systemfremde Partei “Alternative für Deutschland” bei den bevorstehenden Europawahlen eine gute Dynamik aufweist und im März einen soliden zweiten Platz erreichte, womit sie den führenden CDU/CSU-Block herausforderte. Das gesamte Establishment legte daraufhin die alte Schallplatte auf, dass es in der “Alternative für Deutschland” von “russischen Agenten” nur so wimmele. In einer kürzlich erschienenen Ausgabe des Magazins Der Spiegel wurde die Partei beschuldigt, ihr Programm sogar im Kreml schreiben zu lassen — wo auch sonst?

Eine besondere Hysteriewelle wurde derweil in Tschechien ausgelöst, wo man praktisch alle systemfremden Parteien in Europa beschuldigte, “Geld aus Russland zu erhalten”. Aber wenn man auch nur ein bisschen über diesen Skandal nachdenkt, ist er keinen einzigen Heller wert. Eine Webseite (angeblich mit “russischen Verbindungen”, auch wenn dort die Namen ukrainischer Staatsbürger genannt wurden) zahlte europäischen Politikern Honorare für Artikel und Redebeiträge – was für ein Horror! Zumal das im Allgemeinen nicht strafbar ist – auch Boris Johnson als aktiver Politiker verschwieg nicht, dass seine Haupteinnahmequelle seine verdächtig teuren Kolumnen in der Presse waren. Aber das funktioniert eben nur, wenn es sich um die “richtigen” Politiker und die “richtigen” Kolumnen handelt.

Borrell: Europäer werden nicht für den Donbass sterben

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Wenn es sich hingegen um eine oppositionelle Webseite handelt, die eine Plattform für alternative Meinungen bietet, folgen sofort Anschuldigungen wegen “Spionage” und “Subversion”. Und es ist kein Zufall, dass die Tschechen, nachdem sie dieses furchtbare Spionagenetz aufgedeckt hatten, sechs Länder nannten, in denen ebendieses “seine Tentakel ausgestreckt” hatte: die Niederlande, Belgien, Deutschland, Frankreich, Ungarn und Polen. Vergleicht man diese Auflistung wiederum mit der Karte der bevorstehenden Europawahlen, so ergibt sich eine völlige Übereinstimmung mit der “Alarmzone” der EU.

Ein ähnliches Szenario ereignet sich gerade in Großbritannien. Obwohl Großbritannien seit einiger Zeit nichts mehr mit der Europäischen Union zu tun hat, rücken auch dort die Wahlen immer näher (alle streiten sich darüber, ob sie diesen Sommer oder im Herbst stattfinden werden). Ende letzter Woche meldete die britische Polizei mehrere Festnahmen und Verhaftungen von britischen Staatsangehörigen, denen dasselbe vorgeworfen wurde – die Vorbereitung und sogar der Versuch eines Sabotageaktes “zugunsten eines ausländischen Geheimdienstes”. Und damit auch ja niemand Zweifel hegt, wird gesondert klargestellt, dass es sich dabei um Russland handelt.

Praktisch alle britischen Medien verbreiteten die Meldung, dass die Inhaftierten versucht hätten, “ein Gebäude in London mit Bezug zur Ukraine” in Brand zu setzen. Es stellte sich heraus, dass es sich um den Brand eines Lagerhauses handelte, in dem unter anderem das Vermögen eines mysteriösen “britisch-ukrainischen Geschäftsmannes” gelagert war. Seine Mysteriosität beruht auf der Tatsache, dass er im Herbst 2022 (das heißt inmitten der militärischen Sonderoperation Russlands in der Ukraine) seine Daten in allen Gründungsdokumenten geändert hat – vorher war er als ukrainischer Staatsbürger Michail Prichodko aufgeführt, und wurde anschließend zum britischen Staatsbürger Michail Bojkow. Also eine recht merkwürdige Änderung, um seine “Verbindungen zur Ukraine” zu festigen.

Zumal man angesichts der Tatsache, dass das Unternehmen “Russian Post UK”, das versprochen hatte, Pakete nach Russland zu liefern, ebenfalls auf ihn registriert war, genauso gut sagen könnte, dass die Lagerhäuser eines Unternehmens mit “Verbindungen zu Russland” in Brand gesetzt wurden. Dazu gibt es verschiedene Theorien, darunter auch solche, die den britischen Geheimdiensten nicht gefallen werden. Zum Beispiel, dass die Briten Scheinfirmen benutzen, um Sabotageakte auf russischem Territorium zu verüben.

Medien: Selenskij gibt Verluste in der ukrainischen Armee absichtlich zu niedrig an

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Es ist klar, dass dieses “Russia-Gate” nach den Wahlen wieder abflauen wird. Dennoch muss betont werden, dass die Anschuldigungen gegen Russland immer radikaler werden. Es reicht denen im Westen nicht mehr, die hinterlistigen Russen der Einmischung in ihre Wahlen zu beschuldigen. Jetzt beschuldigen sie uns auch noch der Vorbereitung von Terror-, Brand- und Bombenanschlägen in Europa.

Die Eskalation der Phobien (auch wenn es sich um imaginäre Phobien handelt) ist zeitgleich mit einer Eskalation der realen Handlungen verbunden – was in absehbarer Zeit sicherlich nicht zur Entspannung beitragen wird; auch nicht nach dem Ende eines so nervösen Wahlkampfzyklus im Westen. Jeder, der einen Frieden mit Russland oder China vorschlägt, könnte zum “Spion”, zum “Saboteur” und zum “Feindkomplizen” erklärt werden. Die Frage “Was kifft ihr denn da drüben?”, die einst ein polnischer Russophobiker einem anderen polnischen Russophobiker stellte, wird man in ganz Europa immer häufiger hören. Sowohl vor als auch nach den Wahlen.

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