Das Jahr 2023 schien zu Beginn für die russische Kultur ein düsteres zu werden: Der vom Westen angekündigte Boykott alles Russischen war tatsächlich in vielen Bereichen zu spüren. Es schien, als würde der Kulturraum des Landes von globalen Prozessen der Weltkultur endgültig abgeschnitten werden. Die Leere, die der Weggang aus Russland westlicher – und vor allem europäischer – Akteure im Kulturbereich hinterließ, war deutlich zu spüren. Sei es im Kino (die Kinos kämpften nach dem Weggang der Hollywood-Blockbuster und dem riesigen Vakuum, das dadurch entstand, ums Überleben), im Theater (einige Regisseure und Schauspieler verließen das Land, und weitere europäische Choreographen, Manager und künstlerische Leiter wurden unter Druck gesetzt, ihre Posten in Russland aufzugeben), in der musealen Welt (alle Kontakte wurden von europäischen Museen abgebrochen), in der Literatur (viele westliche Verlage stellten die Zusammenarbeit ein und zogen ihre Lizenzen zurück) und vieles mehr.
Und dann stellte sich plötzlich heraus, dass sich die Leere allmählich doch füllte und anstelle dessen, woran sich alle in den letzten 20, 30 Jahren der engen Zusammenarbeit mit den westlichen Ländern gewöhnt hatten, etwas anderes und ganz Neues entstand.
Bereits der Januar brachte plötzlich den Film “Tscheburaschka”, der ein sofortiger Kassenerfolg wurde: Die Filmgeschichte über ein Plüschtier mit riesigen Ohren, das seit Jahrzehnten von sowjetischen Kindern geliebt wurde, eroberte schnell das Publikum. Der Film hielt sich sieben Wochen lang auf Platz eins der Kinocharts, trotz einiger dramaturgischer und technischer Schwächen.
Mitte des Jahres wurde deutlich, dass Russland wieder gute Filme macht, weil es – auch von Hollywood – gelernt hat, wie man ein attraktives Filmdesign entwickelt und eine gute Geschichte auf die Leinwand bringt. “Baba Jaga rettet die Welt”, “Auf des Hechtes Geheiß” – Filme, die auf russischen Märchen basieren, wurden ebenfalls zu Kassenerfolgen. Ebenso wie “Herr des Windes” – ein Biopic über den russischen Abenteurer Fjodor Konjuchow. Und dann natürlich “The Challenge – Die Herausforderung” – ein von Klim Schipenko (diesmal auch als Kosmonaut) im Weltraum gedrehter Film, der eine Sensation wurde. Wären die Ereignisse der letzten zwei Jahre nicht gewesen, hätten ihn wahrscheinlich Millionen Menschen auf der ganzen Welt gesehen – den einzigen Spielfilm, der wirklich im Weltraum auf der ISS gedreht wurde.
Ebenfalls im Jahr 2023 fand in Russland das zweite Festival des Autorenkinos statt, bei dem verrückte, schräge Plots gezeigt wurden, die auf den Legenden der nördlichen Völker Russlands basieren – Filme, die im Genre des magischen Realismus gedreht wurden, und auch subtile psychologische Filme über die Generationskonflikte. Ein solches Niveau der Filmkunst hat man wahrscheinlich schon lange nicht mehr gesehen, und es ist klar, dass dies erst der Anfang ist.