Xi Jinping plädiert für Frieden ohne Hegemonie und Konfrontation militärischer Blöcke
Kommt ihm in diesem Interview einmal der Gedanke, dass es echte, lebendige Menschen gibt, die unter diesen Einsparmaßnahmen leiden werden? Weil sie Mieter sind und daher keinen Einfluss auf die Heiztechnik haben, weil sie arm sind und sich nicht die neuesten Geräte leisten können? Wirkliche, lebende, atmende Menschen? Nicht wirklich. Die Interviewerin Marietta Slomka erwähnt zwischendrin, dass höhere Preise fatal seien für kleinere Einkommen, und spricht in diesem Zusammenhang von Belohnung fürs Energiesparen, aber Habeck, dem Energiekrieger, fällt dazu nur ein: “Ich glaube, es geht eher darum, wenn ich das mal in meiner Sprache sagen darf, den inneren Schweinehund oder den eigenen blinden Fleck zu überwinden.” Abgesehen davon, dass man blinde Flecke nicht überwinden kann – woher nimmt Habeck seine Diktion? Aus Landserheftchen?
“Putin” will, behauptet Habeck, die Gasmenge immer weiter reduzieren. “Das folgt einem erkennbaren Plan, nämlich die Preise in Europa und in Deutschland hoch zu halten, damit dann, ich würde gar nicht sagen ökonomische Sorgen zu steigern, sondern gesellschaftliche Unruhe zu steigern, und damit die Geschlossenheit, die es doch gab, aufzubrechen.” Dass arme Deutsche ihre Wohnungen nicht mehr heizen können, da ist nur das “Überwinden des Schweinehundes” gefragt. Wirklich relevant ist nur, dass die Frierenden womöglich auf den Gedanken kommen könnten, dass ihnen die Ukraine am festgefrorenen Allerwertesten vorbeigeht. “Und deswegen sind die Maßnahmen, die wir ergreifen, nicht nur energiepolitische Maßnahmen, sondern Maßnahmen zur Geschlossenheit der Gesellschaft.”
Nein, keine sozialpolitischen Maßnahmen, um das Elend wenigstens zu lindern. Was er davon hält, sagt er am Ende des Interviews: “Und wenn wir da uns gegenseitig nicht helfen, kommen wir da nicht durch. Und wenn da jemand sagt, ‘ich helfe nur, wenn ich nochmal 50 Euro kriege’, würde ich sagen: ‘Die kriegst du nicht, Alter.'” Immerhin, sein sozialpolitisches Wissen reicht noch weit genug, um zu erkennen, dass es insbesondere die Rentner treffen dürfte.
“Helfen”, nur als Randbemerkung, bezieht sich in seiner Aussage auf die “Solidarität mit der Ukraine”. Es geht nicht darum, dass die Deutschen sich gegenseitig helfen sollen, um den kommenden Winter zu überstehen. Nur, dass sich da niemand Illusionen macht.
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Beim BDI ist er ein klein wenig deutlicher, was den kommenden Winter betrifft. “Aber wir reden ja über ein Szenario, das möglicherweise über Monate andauert, und da reden wir nicht mehr darüber, dass vielleicht der Shareholder-Value im Jahr 2022/23 etwas zurückgegangen ist, sondern dass die Unternehmen einfach weg sind.” “Wenn wir mit nur halbvollen Speichern in den Winter gehen und der Gashahn abgedreht wird, dann reden wir über eine schwere Wirtschaftskrise, die Deutschland trifft.”
Hauptsache, die Plebs ist mit Energiesparen beschäftigt. In der Entwicklung verschiedener Beschäftigungstherapien sind die Grünen schließlich Meister, das zeigt ein flüchtiger Blick auf die deutsche Tonnensammlung. Entscheidend ist, dass niemand zur Besinnung kommt und ernsthaft über die Sanktionen nachdenkt: “Denn durch die materielle Not, durch die hohe Inflation, durch die hohen Energiepreise haben natürlich Menschen Angst, Angst vor Armut, Angst vor Wohlstandsverlust, (…) Angst vor Arbeitslosigkeit. (…) Und dann geht es nicht darum, den wohldosierten Streit um die richtige Antwort zu führen, sondern darum, ziehen wir uns zurück, soll Putin gewinnen. Dann macht man den Raum auf für Populismus.”
Wie er darauf reagieren will, wenn ihm nicht einmal der Gedanke eines sozialen Ausgleichs kommt, für die von ihm mitverschuldete Misere? Schon, wenn man an den Sanktionen zweifelt, handelt es sich Habeck zu Folge “nicht mehr um den demokratischen Streit”, und “diese Strategie darf nicht erfolgreich sein”.
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Da ist er, der nächste Schritt, der das berüchtigte Overton-Fenster der gesellschaftlich akzeptablen Debatte jetzt auf die Breite eines Haarrisses reduziert. Nicht nur jene, die den russischen Militäreinsatz für richtig halten, nicht nur jene, die das nicht tun, aber dennoch keine Fans der NATO sind, nicht nur jene, die Verhandlungen für besser halten als Waffenlieferungen, jetzt sind auch alle, die Zweifel an der Vernunft der Sanktionspolitik haben, keine Demokraten mehr, sondern, nach Habecks Definition, “Rechtspopulisten”. Rosa Luxemburg stand in seinem verdrehten Weltbild vermutlich auch ganz weit rechts. Links ist da, wo die NATO ist? Alle anderen jedenfalls, das gibt er deutlich zu erkennen, sind böse, nützen Putin und haben folglich die Klappe zu halten. Ein passender Paragraf zur Ahndung von Sanktionszweifeln wird sich schon noch finden, und wenn nicht, kann man ihn ja “mit affenartiger Geschwindigkeit” durchs Parlament drücken.
Zum Schluss seiner Rede vor dem BDI legte er noch mal nach und drohte in Richtung China. “Dass wir die Handelsabkommen nutzen, um unsere Werte in der Welt zumindest zu befördern, durchzusetzen ist vielleicht ein hehrer Anspruch”, – nicht hehr, Herr Habeck, sondern größenwahnsinnig. “So kann daraus ein Schuh werden, dass wir unseren Einfluss in der Welt nutzen und gleichzeitig ein bisschen unabhängiger werden von den bösen Absichten von Diktatoren in der Welt.” Habeck, dessen Kriegswirtschaft sich auf Mussolini beruft, der den Notstand genießt und gerne durch Armut ausgelöste Zweifel verbieten würde, meint sich damit natürlich nicht selbst. Seine Absichten sind schließlich gute.
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