Österreichs Ex-Außenministerin Kneissl: Die EU ist selbst schuld an der Stromkrise
“Wir haben an der norddeutschen Küste Terminals errichtet, um verflüssigtes Erdgas zu importieren. Wir haben Benzin eingespart. Wir nutzen wieder die Produktionsmöglichkeiten von Kohlekraftwerken. Anfang nächsten Jahres haben wir die Möglichkeit, die verbleibenden süddeutschen Kernkraftwerke bei Bedarf zu nutzen. Zudem haben wir ein umfassendes Hilfspaket geschnürt, um diejenigen zu unterstützen, die solche Herausforderungen finanziell nicht ohne Weiteres bewältigen können”, sagte der Kanzler.
In der vergangenen Woche hat sich die Energiekrise in der Europäischen Union weiter verschärft, nachdem Russland seine Gaslieferungen nach Deutschland über die Pipeline Nord Stream 1 “auf unbestimmte Zeit” eingestellt hatte. Russische Gaslieferungen werden zwar weiterhin über die Ukraine fortgesetzt, jedoch nur zu einem Teil des Vorkriegsniveaus.
Währenddessen steigt in Deutschland die Sorge vor möglichen Insolvenzen bei den Energieversorgern. Anfang vergangener Woche warnte Klaus-Dieter Maubach, der Vorstandsvorsitzende des deutschen Gasimporteurs Uniper, dass das Land möglicherweise während des kommenden Winters eine Gasrationierung einführen muss. Nach Schätzungen von Goldman Sachs würde eine Energierationierung dazu führen, dass das Land 65 Prozent seiner Industrie verliert.
Nach offiziellen Angaben sind die Erdgasspeicher Deutschlands derzeit zu 85 Prozent gefüllt. Klaus Müller, der Präsident der Bundesnetzagentur, gab jedoch vergangenen Monat zu bedenken, dass selbst 95 Prozent Speicherauslastung nur für zwei Monate mit durchschnittlicher Nutzung ausreichen werden.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund sowie das Deutsche Institut für Wirtschaft widersprechen der Aussage des Kanzlers, wonach Deutschland auf den Winter vorbereitet sei. Deutschland habe den Ernst der Lage zwar erkannt, tue aber noch nicht genug, um sich darauf vorzubereiten, sagte Verbandspräsident Landsberg der Welt am Sonntag . Auch die Befürchtungen, dass Deutschland im Zuge der Krise mit einer Pleitewelle konfrontiert werden könnte, haben sich verstärkt. Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), sagte am Sonnabend gegenüber Medien, er erwarte einen längeren Abschwung in Deutschland.
“Eine Rezession ist unvermeidlich, wir befinden uns bereits im Abschwung”, sagte Fratzscher und fügte hinzu, er befürchte, dass sich die Wirtschaft nicht schnell genug erholen und stattdessen im Jahr 2023 schrumpfen werde. “Auch 2024 wird kein gutes Jahr werden”, warnte der Ökonom.
Anfang vergangener Woche musste die deutsche Regierung einen Rückschlag bei ihren Plänen hinnehmen, einige Kernkraftwerke als Reserve am Netz zu halten. Ein deutscher Betreiber von Kernkraftwerken hatte diese Option abgelehnt, mit der Begründung, dass es technisch nicht machbar und daher nicht geeignet sei, um den Versorgungsanteil dieser Anlagen zu sichern.
Immerhin sind die Preise für Gas und Strom in der vergangenen Woche deutlich gefallen.
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