Noch im Herbst 2021 hat sich in der Ukraine eine breite Oppositionskoalition gebildet. Sogar eine Verschwörung wurde vermutet, wobei in erster Linie der Oligarch Rinat Achmetow beschuldigt wurde. Damals betrugen dessen Zustimmungswerte 17,4 Prozent, die des Ex-Präsidenten Petro Poroschenko 15,5 Prozent. Den beiden hätte sich Vitali Klitschko, Vorsitzender der Assoziation der Städte der Ukraine und der Bürgermeister der Hauptstadt Kiew, anschließen können. Vor diesem Hintergrund äußerten einige Experten Zweifel, dass Selenskij wiedergewählt wird, einige schlossen vorgezogene Wahlen nicht aus.
Während der russischen Militäroperation schoss die Popularität von Selenskij, der zum Symbol des ukrainischen Widerstands wurde, in die Höhe. Seine Gegner nahmen eine Erwartungsstellung ein, doch inzwischen schreiten sie zur Tat.
In erster Linie ist dies ein Ergebnis des Scheiterns der Gegenoffensive, die Selenskijs Team weltweit über ein halbes Jahr beworben hatte. Selenskijs Zustimmungswerte sanken von 80 bis 90 Prozent auf knapp über 30 Prozent. Wohl wissend, dass es später schlimmer kommen kann, versuchte er, die planmäßigen Präsidentschaftswahlen im Jahr 2024 zu organisieren, um die Reste seiner Popularität in Legitimität zu konvertieren. Vertreter des Präsidialamts und der Regierungspartei “Diener des Volkes” tasteten den Boden dazu mehrmals über lokale Medien ab. Es stellte sich allerdings heraus, dass die Opposition der Herausforderung nicht nur gewachsen ist, sondern auch einen eigenen Kandidaten hat, nämlich den Oberbefehlshaber des ukrainischen Militärs Saluschny.
Selenskij revidierte eilig seine Strategie und behauptete, dass jetzt “kein richtiger Zeitpunkt für Wahlen” sei. Doch es war zu spät. Seine Opponenten traten öffentlich gegen die totale Mobilmachung, die ausufernde Korruption und den offensichtlichen Autoritarismus ein. Im Präsidialamt sprach man vom Versuch eines Staatsstreichs, den Russland zweifellos ausnutzen würde. Dennoch beharren die Anführer der Opposition auf ihren Argumenten.