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Sevim Dağdelen im Gespräch: Die NATO hat sich überlebt

Sevim Dağdelen im Gespräch: Die NATO hat sich überlebt

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Anlässlich der Veröffentlichung ihres neuen Buches “Die NATO – eine Abrechnung mit dem Wertebündnis” spricht der NachDenkSeiten-Redakteur Florian Warweg mit der Autorin Sevim Dağdelen. Sevim Dağdelen ist Mitglied des Deutschen Bundestages, dort viele Jahre als Abgeordnete für die Partei Die Linke, wechselte aber im Januar zum Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). 

Sowohl im Interview als auch in ihrem Buch räumt Dağdelen mit manchem Mythos über die NATO auf. Diese Mythen werden von der Militärallianz selbst erdacht und verbreitet. Einer davon lautet, die NATO sei eine Allianz demokratischer Staaten. Das Bündnis diene daher auch dem Schutz der Demokratie. Diese Behauptung ist schlicht falsch, wie Dağdelen detailliert nachweist.

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Die NATO hatte keine Schwierigkeiten damit, Portugal zu einem Zeitpunkt ins Bündnis aufzunehmen, als Portugal eine “waschechte” Militärdiktatur war. Auch mit der Türkei hatte die NATO trotz zahlreicher Militärputsche und der Belege für Folter niemals Bedenken oder Probleme als Mitgliedsland. Dağdelen verweist zudem auf die Tatsache, dass die Mitgliedstaaten gezwungen sind, staatliche Souveränität abzugeben. Das einzig souveräne Mitglied im NATO-Bündnis sind die USA, die das Bündnis unangefochten führen. Alle anderen Staaten haben ihre Interessen im Zweifelsfall den Interessen der USA unterzuordnen.

Das Argument, die NATO sei ein Bündnis von Demokratien, ist daher ebenso falsch wie die von der NATO erhobene Behauptung, es sei ein Sicherheitsbündnis. Die NATO schafft Unsicherheit. Ihr Ziel ist nicht der Aufbau einer gemeinsamen, stabilen Sicherheitsarchitektur, sondern die permanente Konfrontation. Das gilt klar erkennbar gegenüber Russland. Aber auch im Indopazifik wird die NATO aktiver. Sie expandiert in den asiatischen Raum. So sei die Eröffnung eines NATO-Büros in Japan geplant, erinnert Dağdelen. Die NATO-Präsenz zielt darauf ab, die Spannungen mit der Volksrepublik China zu erhöhen. Die NATO löst keine Konflikte, sondern schafft und schürt sie.

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Dağdelen und Warweg besprechen zudem noch die Klage Nicaraguas gegen Deutschland wegen der Begünstigung von Völkermord. Nicaragua hatte die Bundesrepublik wegen ihrer Unterstützung für Israels Gazakrieg verklagt. Israel wird vorgeworfen, im Gazastreifen einen Genozid an den dort lebenden Palästinensern zu begehen. Die Bundesregierung habe mit großer Ignoranz auf diese Klage reagiert. Dabei sei die Klage Anlass zu größter Sorge. Nicaragua habe seine Klage auch gut begründet. Die Argumentation der Bundesregierung dagegen sei inkonsistent. Sie stützt sich unter anderem darauf, dass man für die Begünstigung von Völkermord nicht verurteilt werden könne, wenn dieser noch nicht nachgewiesen sei. Zwar folgte der Internationale Gerichtshof (IGH) als Hauptrechtssprechungsorgan der Vereinten Nationen in einer Eilentscheidung mit gewissen Auflagen an Israel der Klage Südafrikas, allerdings steht das Hauptverfahren noch aus. Mit einer Entscheidung ist erst in einigen Jahren zu rechnen. Dağdelen argumentiert, das Verbot der Beihilfe zum Völkermord beziehe sich nicht nur auf juristisch einwandfrei belegte Fälle, sondern sei präventiv anzuwenden. 

Auf Warwegs Frage, welche Form des Bündnisses anstelle der NATO sich Dağdelen für die Zukunft wünscht, fällt ihr die Antwort leicht. Dağdelen will ein Bündnis souveräner Staaten, das dem Mehrheitswillen ihrer Bürger dient und ein integratives Konzept von Sicherheit vertritt. Von dieser Idee ist die NATO tatsächlich heute ganz weit entfernt.

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