Quelle: www.globallookpress.com © Simone Brandt Bisher ging man davon aus, dass unsere Erde aus der Kruste, dem Erdmantel, einem flüssigen äußeren Kern und einem weitgehend homogenen festen inneren Kern besteht.
Bisher gingen Forscher davon aus, dass das Innere der Erde grobschematisch aus vier verschiedenen Schichten besteht: der Erdkruste, darunter dem Erdmantel, dann einem flüssigen äußeren Kern und einem festen inneren Kern. Eine neue Analyse des Erdinneren deutet nun jedoch auf das Vorhandensein einer weiteren inneren Strukturierung des inneren Kern hin, nämlich auf eine dichte Kugel aus Eisen um den Mittelpunkt unserer Erdkugel. Die neue Entdeckung könnte einige bisher unbekannte Details über die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Erde enthüllen und auf ein bedeutendes Ereignis zu Beginn der Entstehungsgeschichte unseres Planeten hindeuten.
Innerer Kern der Erde steht offenbar kurz vor Änderung seiner Rotationsrichtung
Die innere Struktur der Erde besteht aus einer Reihe konzentrisch angeordneter Kugelschalen, die von der festen Erdkruste bis zum Erdkern reichen. Ganz im Zentrum, mit einem Radius von etwa 1.200 Kilometern, befindet sich der innere Kern. Dieser dichteste Teil unseres Planeten ist eine feste Kugel, die hauptsächlich aus Eisen und zum geringeren Teil aus Nickel besteht und weniger als ein Prozent des Erdvolumens ausmacht. Dieser feste innere Kern kann als eine Zeitkapsel der Erdgeschichte angesehen werden. Während der innere Kern im Laufe der Erdgeschichte langsam wächst, wird durch den Prozess seiner Verfestigung Wärmeenergie freigesetzt, die die Konvektion in darüber liegenden Schichten aus flüssigem Material antreibt, was wiederum als ein Mechanismus zum weiteren Transport dieser thermischen Energie im äußeren flüssigen Kern wirkt.
Da bei diesem Prozess, der in seiner Funktionsweise an einen Dynamo erinnert, kinetische Energie auch von geladenen Teilchen in magnetische Felder umgewandelt wird, kann so das globale Magnetfeld der Erde aufrechterhalten werden. Es hat den lebensspendenden Effekt, dass dieses Magnetfeld im Nahen Kosmos um den Erdball herum schädliche Einstrahlung geladener Teilchen zum Beispiel des sogenannten Sonnenwindes abhält und dadurch mittelbar auch die Atmosphäre länger aufrechterhält. Ohne jenes schützende Magnetfeld könnte auf unserem Planeten kein komplexes Leben entstanden sein und weiter gedeihen. Auch wäre sonst vermutlich längst ein viel größerer Anteil der Atmosphäre vom Sonnenwind weggeblasen worden.
Veränderungen im inneren Kern der Erde könnten somit durchaus wesentliche Veränderungen dieses inneren “Dynamos” auslösen, was im Laufe langer Zeiträume wiederum Auswirkungen auf die Bewohnbarkeit der Erde haben könnte. Allerdings ist die Untersuchung des inneren Kerns naturgemäß nicht einfach, weil wir nicht einfach ein so tiefes Loch bohren und hineinschauen können. Stattdessen sind Forscher bei der Ergründung der Struktur des Erdinnern auf seismische Wellen angewiesen, wie sie etwa bei Erdbeben ohnehin entstehen. Ein Erdbeben löst Verformungen aus, die sich wellenförmig durch das Gestein und den flüssigen Erdmantel bewegen. Diese sogenannten seismischen Wellen bewegen sich je nach Art der Stoffe, aus denen das Erdinnere besteht, ob es steifer oder weicher ist, mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Bestimmte Arten von seismischen Wellen können Grenzflächen nicht durchdringen und prallen daher an bestimmten Schichten ab.
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Die Untersuchung der Art und Weise, wie sich seismische Wellen durch die Erde bewegen, kann somit Aufschluss darüber geben, welche unterschiedlichen Schichtungen tief unter der Oberfläche der Erdkruste unseres Planeten existieren. Die für entsprechende Untersuchungen benötigten Daten gewinnen Wissenschaftler immer reichlicher durch mittlerweile Tausende von seismischen Überwachungsstationen rund um den Globus, die zu jedem Zeitpunkt auch unmerkliche Vibrationen des Planeten unter unseren Füßen aufzeichnen. So fanden nun auch die beiden Seismologen Thanh-Son Phạm und Hrvoje Tkalčić von der Australian National University (ANU) in Australien einen Weg, mit solchen Aufzeichnungen genauere Vermutungen über den innersten Erdkern anzustellen. “Diese Studie nutzt das ständig wachsende globale Seismographen-Netzwerk, um globale Stapel für einige signifikante seismische Ereignisse einzeln zu erstellen”, schreiben sie in ihrer Studie, die am Dienstag in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde.
“Diese Studie berichtet über eine bisher unbeobachtete und ungenutzte Klasse von seismologischen Beobachtungen von nachhallenden Wellen durch das Erdinnere entlang des fünffachen Erddurchmessers … Nach unserem Wissen sind Nachhallwellen von mehr als zwei Durchgängen bisher in der seismologischen Literatur nicht beschrieben.”
Wenn die Erde von einem starken Erdbeben erschüttert wird, erzeugt solch ein Ereignis seismische Wellen, die sich durch den Planeten bewegen und an den festen Strukturen im Inneren abprallen. So hatten bereits früher Wissenschaftler seismische Wellen eingesetzt, um das turbulent strömende flüssige Eisen des äußeren Erdkerns zu entdecken, wodurch das Magnetfeld des Planeten erzeugt wird. Seismische Wellen halfen auch, den innersten Kern zu entdecken, der trotz der hohen Temperatur aufgrund des enormem Druck fest ist.
Treffen die Wellen auf Grenzflächen, können sie abprallen und werden geschwächt zurückgeworfen, was man als ein Nachhallen ansehen könnte. Bisher hatten die Wissenschaftler nicht mehr als zwei Durchläufe eines bestimmten seismischen Ereignisses durch den Planeten registrieren können. In der neuen Studie konnten die Forscher allerdings “zum ersten Mal seismische Wellen beobachten, die durch den Globus hin- und herspringen, wie Tischtennisbälle”, erklärte Pham. Insbesondere die seismischen Wellen eines Erdbebens der Stärke 7,9, das sich 2017 in der Nähe der Salomon-Inseln ereignete, hallten mehrmals durch den gesamten Erdball im Inneren wieder. Seismische Netzwerke auf der Alaska-Halbinsel und in den europäischen Alpen halfen den Forschern demnach, die nachhallenden Wellen zu detektieren.
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Durch das korrekte Stapeln von Datenaufzeichnungen – also das Zusammenfügen einer Sammlung seismischer Signale desselben Ursprungs zu einer einzigen “Tonspur” – gelang es Phạm und Tkalčić dann, die Signale von mehreren seismischen Detektoren zu verstärken. Zum ersten Mal identifizierten sie drei-, vier- und fünffachen seismischen Nachhall, was wiederum eine detailliertere Untersuchung des inneren Kerns als bisher ermöglichte. Die unterschiedlichen Laufzeiten der Wellen ließen auf das Vorhandensein eines innersten Kerns schließen, dessen Durchmesser nicht größer als etwa 650 Kilometer ist und aus besonders dichtem Eisen besteht. Diese Struktur könnte das Ergebnis einer grundlegenden Veränderung im Wachstum des inneren Erdkerns zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit der Erde sein.
Die Forschungsergebnisse seien deshalb so bedeutend, meinen Phạm und Tkalčić, “weil wir jetzt erstmals ausreichende Beweise für die Existenz des innersten inneren Kerns haben”. Künftige Bemühungen sollten sich daher auf die Charakterisierung dieses innersten Kerns, des äußeren Kerns und der Grenzfläche zwischen beiden konzentrieren: “Die hier berichteten Ergebnisse sind eine Folge der beispiellos wachsenden Menge digitaler Wellenformdaten und werden hoffentlich zu weiteren Untersuchungen bestehender seismischer Aufzeichnungen anregen, um verborgene Signale zu entdecken, die das tiefe Innere der Erde beleuchten.”
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