Quelle: www.globallookpress.com Archäologen legen bei Ausgrabungen einen menschlichen Schädel frei.
Europa war während der Eiszeit kein Paradies, denn die riesigen Gletscher, die weite Teile des Kontinents bedeckten, machten weite Landstriche für den Menschen unwirtlich. Doch unsere Vorfahren überlebten, wenngleich sie auch große Entbehrungen hinnehmen mussten, wie eine neue Studie zeigt. Für die Studie, die am Mittwoch in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde, untersuchten die Forscher Genomdaten von 356 Jägern und Sammlern, die vor 35.000 bis 5.000 Jahren in der Region lebten – also während des Höhepunkts der Eiszeit. Dies ermöglichte es ihnen, die Bevölkerungsdynamik im prähistorischen Europa zu entschlüsseln, einschließlich der Bewegungen von Menschengruppen und einiger wichtiger körperlicher Merkmale.
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“Die Daten, die wir aus dieser Studie gewonnen haben, geben uns erstaunlich detaillierte Einblicke in die Entwicklungen und Begegnungen der westeurasischen Jäger- und Sammlergruppen”, sagte Cosimo Posth, ein Forscher der Universität Tübingen und des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie, in einer Erklärung. Während sich einige Populationen in relativ wärmeren Teilen Europas, darunter Frankreich, Spanien und Portugal, niederließen und überlebten, starben diejenigen, die in Italien Zuflucht gesucht hatten, aus. Darüber hinaus gaben die Proben den Forschern Aufschluss über das Auftreten von Merkmalen wie heller Haut und blauen Augen bei Europäern.
“Es handelt sich um den größten genomischen Datensatz von europäischen Jägern und Sammlern, der jemals erstellt wurde”, so Posth weiter. “Es frischt unser Wissen darüber auf, wie der Mensch die Eiszeit überlebt hat”, fügte die Paläogenetikerin und Mitautorin der Studie He Yu von der Universität Peking in China hinzu. Europa war seinerzeit Heimat der Neandertaler, unserer robusten und großbrüstigen Vettern, die jedoch vor etwa 40.000 Jahren ausstarben, als unsere Spezies, der Homo sapiens, auf dem Kontinent Fuß fasste. Der Homo sapiens entstand vor etwa 300.000 Jahren in Afrika, breitete sich dann weltweit aus und erreichte Europa vor mindestens 45.000 Jahren.
Verschiedene Gruppen von Jägern und Sammlern durchstreiften damals die europäische Landschaft, jagten große Säugetiere wie Wollmammuts, Wollnashörner und Rentiere und sammelten essbare Pflanzen. Während der kältesten Periode der Eiszeit, des sogenannten letzten glazialen Maximums, bedeckten Eisschilde, sogenannte Kontinentalgletscher, die Hälfte Europas. Die einzigen Menschen, die jene harte Zeit in Europa überlebten, waren Jäger und Sammler, die in Teilen Frankreichs und der iberischen Halbinsel Zuflucht gefunden hatten, so das Ergebnis der Studie.
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Eine italienische Halbinsel, von der man bisher annahm, dass sie in dieser Zeit ein Zufluchtsort für Menschen war, war tatsächlich jedoch genau das Gegenteil – alle ihre Bewohner kamen um. “Es ist eine große Überraschung, dass die Menschen auf der italienischen Halbinsel ausgestorben sind”, erklärte Johannes Krause, Direktor des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Deutschland, gegenüber Nature . Diese Region wurde vor etwa 19.000 Jahren von Jägern und Sammlern aus dem Balkan neu besiedelt, die sich anschließend in ganz Europa ausbreiteten und vor etwa 14.500 Jahren alle dort lebenden Menschen verdrängten, so die Forscher.
“Vor etwa 14.000 bis 13.000 Jahren wurde das Klima wärmer und die meisten Teile Europas verwandelten sich allmählich in Wälder, ähnlich wie heute”, so Yu. Die Homo-sapiens-Individuen, die aus Afrika nach Europa kamen, waren dunkelhäutig. Die Genomdaten zeigen, dass die Menschen in Europa damals einen Wandel hin zu heller Haut vollzogen, der sich mit der anschließenden Ausbreitung der Landwirtschaft auf dem Kontinent beschleunigte.
Bestimmte Merkmale der westeuropäischen Jäger und Sammler, die für ihre blauen Augen und dunkle Haut bekannt waren, unterschieden sie von ihren osteuropäischen Verwandten, die helle Haut und dunkle Augen hatten. Diese beiden Populationen begannen sich vor etwa 8.000 Jahren zu vermischen, nachdem die ersten Bauern aus Anatolien – der heutigen Türkei – nach Europa gekommen waren und alle Jäger und Sammler nach Norden verdrängt hatten.
Die Genomdaten zeigten, dass die Populationen der sogenannten Gravettien-Kultur, die vor etwa 34.000 bis 26.000 Jahren entstand und für bestimmte Arten von Steinwerkzeugen, Höhlenmalereien und kleine Skulpturen, die sogenannten “Venus”-Figuren, bekannt ist, in Wirklichkeit nicht homogen waren. Vielmehr handelte es sich um zwei weitgehend unverwandte Populationen, die sich kulturelle Merkmale teilten. “Eine große Überraschung für mich”, so Yu, “ist die Tatsache, dass die gravettischen Populationen zwei genetisch unterschiedliche Abstammungen hatten und dass eine davon aus Europa verschwunden ist”.
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