Analyse Der Kampf um Ugledar: Warum diese kleine Stadt militärisch so wichtig ist
Beim Donbass hielt sich Russland deutlich bedeckter, vermutlich genährt durch die Hoffnung, es käme zu einer gütlichen Einigung. Und so sah Russland lange – nicht wenige sagen: zu lange – zu, wie der Druck von Kiew auf den Donbass stetig wuchs. Heute ist bekannt und international anerkannt, dass im Donbass rund 14.000 Menschen durch Angriffe aus der West-Ukraine ums Leben kamen. Doch über die physischen Attacken hinaus erfuhren die Menschen im Donbass weitere Schikanen, etwa fehlende oder verzögerte Auszahlungen von Geldern wie Renten oder die teilweise Zerstörung oder Unterbrechung zum Beispiel der Wasserversorgung.
Wie auch auf der Krim hatten die russischstämmigen Ukrainer im Donbass wahrgenommen, dass von einem Tag auf den anderen die russische Sprache verbannt wurde, entsprechend wachsam waren sie. Da aus der Anbindung an Russland zu diesem Zeitpunkt nichts wurde, formierten sich die Menschen in der Ost-Ukraine selbst. Damit begann ein mehr als acht Jahre dauernder Beschuss der West-Ukraine auf – wie es oft heißt – das eigene Volk, die eigenen Leute. Man muss allerdings in diesem Zusammenhang ergänzen, dass die Bezeichnung “eigene Leute” oder “eigenes Volk” nicht korrekt ist. Wie schon die Faschisten von Swoboda oder dem Rechten Sektor immer wieder betonten, wollten sie von Russen, Juden und anderem “Gesindel” nichts wissen. Sie waren es auch, die nach Janukowitschs Entscheidung, die russische Sprache zur zweiten Amtssprache zu machen, am lautesten protestierten und Rache und Vergeltung ankündigten.
Widerstand gab es auch in Odessa, wo am Ende 48 Menschen starben, die nach Angriffen von Hooligans und Auftragsfaschisten der West-Ukraine in das Gewerkschaftshaus geflüchtet waren. In Odessa wurden auch Gesichter gesehen, die zuvor auf dem Maidan aktiv zur Eskalation beigetragen hatten. Im ukrainischen Fernsehen wurde im Anschluss an die Morde von Odessa die Meldung frenetisch bejubelt, dass keine “Ukrainer” ums Leben gekommen waren, sondern “nur” abtrünnige russischstämmige Menschen.
Russlands Anerkennung der Volksrepubliken
Bekanntlich erkannte Russland kurz vor dem Beginn des aktuellen Krieges am 24. Februar 2022 die Volksrepubliken an. Zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich ab, dass eine Eskalation bevorstand. Doch man muss wissen, dass Putin bis zuletzt versucht hat, beim Westen Gesprächsbereitschaft zu erzeugen, um gemeinsam eine friedliche Lösung zu erzielen. Auch der Druck im eigenen Land ist dabei nicht zu unterschätzen. Wie oben erwähnt, gab es in Russland Kritiker, die Putin Untätigkeit in Sachen Donbass vorwarfen. Es war nur folgerichtig, dass der russische Präsident sich diesem Druck nicht dauerhaft entziehen konnte. Und so kam es zu der Abstimmung in der Duma, die Anerkennung der Volksrepubliken war besiegelt.
Man kann geteilter Meinung darüber sein, ob die Anerkennung der Volksrepubliken zu diesem Zeitpunkt klug war, ebenso wie man die Referenden mitten im Ukraine-Krieg unterschiedlich bewerten kann. Unabhängig von der Frage des richtigen oder falschen Zeitpunkts muss man jedoch konstatieren, dass die Situation, wie sie war, irgendwann einen Punkt erreichen musste, der nach Entscheidungen verlangt. Der Westen jedenfalls hätte jede Möglichkeit gehabt, die Eskalation bis hin zum Krieg zu verhindern. Heute ist bekannt, dass er daran kein Interesse hatte, und die Aussage der ehemaligen deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU), wonach das Abkommen “Minsk 2” lediglich dazu diente, der Ukraine Zeit für eine entsprechende militärische Aufrüstung zu verschaffen, ist nur eine unter vielen, die belegen, dass der Ukraine-Krieg vom Westen bzw. den USA ausdrücklich gewollt war.
Lösungen
Es ist gar nicht so schwer, zu einer Lösung des Ukraine-Konflikts zu kommen. Zumindest dann nicht, wenn man davon ausgeht, dass die USA und der Westen Russland unterstellen, die gesamte Ukraine einnehmen und/oder vernichten zu wollen. In Anbetracht der irrigen Annahme, dass Putin neben der Ukraine noch weitere Länder überfallen und vereinnahmen will, könnte man diese Behauptungen als Verhandlungsgegenstand nutzen.
Der Autor dieses Textes ist überzeugt davon, dass Russland weder ein Interesse noch die Kapazitäten hat, Länder zu überfallen und einzunehmen. Als Verhandlungsgrundlage könnte diese Unterstellung aber nützlich sein, wenn man sie zur russischen Maximalforderung erhebt. Denn davon ausgehend könnten Verhandlungen das Ziel haben, diesen angeblichen Ausdehnungswunsch Russlands “wegzuverhandeln”. Wenn es der Sache denn dient, soll der Westen daran glauben, dass er die Expansionspläne Russlands durch Diplomatie beseitigen kann. Er könnte das Gesicht wahren, während Russland einer Lösung zustimmt, der überhaupt kein Problem vorausgegangen ist, nämlich die imperiale Landnahme welcher Länder auch immer.
Analyse Wozu werden in der Ukraine acht neue Sturmbrigaden gebildet?
Die Vorstellung, der Donbass und die Krim könnten an die Ukraine gehen, ist dagegen nur als absurd zu bezeichnen. Denkbar wären erneute Referenden, unter Aufsicht der russischen und der westlichen Seite. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Menschen der Krim und des Donbass für die Ukraine entscheiden, siedelt der Autor dieses Textes bei null an. Dennoch wäre damit Klarheit geschaffen, der sich faire und ehrliche Regierungen anschließen müssten. Und das natürlich auch, wenn sich die Menschen für den Anschluss an die Ukraine entscheiden würden.
Auch ohne diplomatische Auszeichnungen kann man sagen, dass die Weiterführung des Krieges ein Vorhaben ist, das keinerlei Lösungen erzielen wird. Lösungen kommen nur zustande, wenn die Diplomatie endlich siegt und mit konkreten Lösungsvorschlägen beginnt, auf deren Grundlage eine Einigung erzielt werden kann. Möglich ist das, wenn Diplomaten beteiligt sind, die für die Sache brennen und alles dafür tun, dem Krieg ein Ende zu bereiten. Das ist kein Hexenwerk, und es gab in der Geschichte der Menschheit sicher Kriege, die aussichtsloser erschienen und am Ende doch diplomatisch beendet wurden.
Man muss jedoch ganz nüchtern feststellen: Sowohl die deutschen politischen Führer als auch die der international beteiligten Länder – allen voran die Vereinigten Staaten – haben nach wie vor kein Interesse daran, diesen Krieg zu beenden, nachdem die Vertreter dieser Länder jahrzehntelang daran gearbeitet haben, ihn Realität werden zu lassen.
Damit sind die Bevölkerungen in der Pflicht, ihren Unmut kundzutun und klarzustellen, dass sie Krieg kategorisch ablehnen und ihre Regierungen nur akzeptieren, wenn diese sich in Diplomatie üben. Alles andere als sich laut und deutlich äußernde Bevölkerungen ist eine Illusion, denn auf den hohen Plätzen der Politik sind Vernunft und Diplomatie nicht vorgesehen.
Tom J. Wellbrock ist Journalist, Sprecher, Texter, Podcaster, Moderator und Mitherausgeber des Blogs “ neulandrebellen “.
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