Selenskij: Polen will der Ukraine einen Kredit für Waffen geben
Auch hier wäre natürlich ein Punkt, an dem man hätte einhaken können, bei den Kosten. Es wäre interessant gewesen, zu wissen, wie er auf die Frage geantwortet hätte, dass ebendiese Kosten für Deutschland doch bedeutend höher seien als für Polen, zumindest wirtschaftlich. Ach, es gäbe so viele hübsche Fragen. Nach polnischen Söldnern in der Ukraine beispielsweise. Ob das ein Preis wäre, den Polen gern bezahlt.
Nein, die Welt nutzt Sikorski, um noch mehr Rüstung, noch mehr Konfrontation einzufordern. Ob denn die “Dynamik, ausgelöst vom Schock des Ukraine-Überfalls”, die zu Scholz’ “Zeitenwende” geführt habe, vorbei sei. Woraufhin Sikorski logischerweise weitere Aufrüstung fordert:
“Europa hat sich bei der Rüstung deindustrialisiert. Das müssen wir ändern und unsere Produktionskapazitäten schnell ausbauen. Wir sind nicht stark genug und Russland ist bei der Munitionsherstellung weit voraus. Wir müssen der Ukraine jetzt helfen.”
Auch das im Grunde eine Forderung in Richtung Deutschland. Man hätte jetzt fragen können, wo in Polen die industriellen Kapazitäten wären, die ausgebaut werden könnten. Das Land, das nach dem Ende des Warschauer Vertrages eine nennenswerte Produktionskapazität behielt, heißt Tschechien, nicht Polen.
Ganz, ganz verborgen findet sich in Sikorskis Aussagen sogar eine Andeutung von Wissen, dass die ganze Stärke, die er simuliert, auch wenn er etwa eine Aufhebung der Einstimmigkeit in der EU fordert, damit Ungarn das Geld für die Ukraine nicht blockieren kann (das selbstverständlich nicht von Polen kommt, weil Polen mehr Geld von der EU erhält, als es einzahlt), nur geliehen ist:
“Polen möchte natürlich gute Beziehungen mit den USA aufrechterhalten, wer auch immer dort Präsident ist. Aber Donald Trump sagt jetzt schon den republikanischen Politikern, dass man der Ukraine kein Geld geben soll, wenn es kein Geld für den Schutz der Südgrenze der USA gibt.”
Was unvermeidlich bedeuten würde, dass auch Polen weit weniger Aufmerksamkeit aus den USA erhielte, und die ganze vermeintliche Größe sich verwandelte wie Cinderellas goldene Kutsche in Disneys Klassiker, von der nach Mitternacht nur ein Kürbis und vorgespannte Mäuse blieben. Doch Sikorski gibt sich zuversichtlich, das über eine weitere Verstärkung des europäischen Korsetts lösen zu können, und die Welt fragt, wie wir bereits wissen, nie nach, wenn es spannend wäre:
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“Und langfristig brauchen wir eine europäische Verteidigungspolitik, nicht nur wegen Trump. Wenn die Dinge schieflaufen im Fernen Osten schieflaufen, wird jeder US-Präsident die amerikanischen Ressourcen dort einsetzen. Die USA haben nicht die Kapazitäten, zwei Kriege gleichzeitig zu führen.”
Eine interessante Aussage von Sikorski, weil US-Präsident Joe Biden jüngst, genau nach diesen Kapazitäten gefragt, erklärte, “wir sind die Vereinigten Staaten von Amerika!” In deutschem Interesse liegt es jedenfalls nicht, diese Konfrontation nicht nur fortzuführen, sondern auch noch massiver zu finanzieren, wenn die USA meinen, sich auch noch mit China anlegen zu müssen. Allerdings ist das ganze Feld der möglichen Entwicklungen kein Teil der Welt -Sicht. Weshalb die ebenfalls nicht ganz uninteressante Frage, wie denn diese polnische Regierung mit einer deutschen umgehen würde, die tatsächlich die deutschen Interessen verfolgt, ebenfalls ungefragt bleibt.
Womit dieses Interview allerdings genau den Zustand wiedergibt, der die EU, aber auch die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen derzeit prägt – über die wichtigen Fragen darf nicht gesprochen werden, keiner hat einen wirklichen Plan für den sich abzeichnenden Moment des amerikanischen Rückzugs (der selbst dann erfolgen würde, wenn die Biden-Regierung im Amt bliebe, nur erst zu dem Zeitpunkt, wenn in Europa nichts mehr zu holen ist), alle wissen, dass letztlich alle Kernländer der EU politisch nicht mehr stabil sind und die ganze Konstruktion zerfällt, sobald auch nur ein Land wirklich kippt, aber alle tun so, als zögen sie von Erfolg zu Erfolg. “Die Ukraine hat 50 Prozent des von den Russen anfangs besetzten Territoriums zurückerobert.”
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