Putin: “Ein Volk ohne historisches Gedächtnis hat keine Zukunft”
Experten sagen, dass das Spiel gute Chancen hat, nicht nur in der westlichen Spielewelt und in Russland, sondern auch in Asien ein echter Hit zu werden. Vor allem in China. Vielleicht ist das der Grund, warum Kiew nun fest entschlossen ist, den Erfolg des Spiels zu verhindern.
Das ukrainische Ministerium für digitale Transformation fordert derzeit nicht nur, dass das Spiel im Land nicht mehr vertrieben werden darf, sondern ruft auch die ukrainischen Nutzer auf, es zu ignorieren. “Wir fordern auch, die Verbreitung dieses Spiels in anderen Ländern einzuschränken”, sagte außerdem der stellvertretende Minister für digitale Transformation der Ukraine, Alexander Bornjakow, in einem Interview mit dem Onlineportal Dev Ukraine . Das Spiel verherrliche “den Kommunismus und den KGB”, und seine Schöpfer seien noch dazu Russen, die sich noch nicht öffentlich zu den Geschehnissen in der Ukraine geäußert hätten. Man solle das Spiel weltweit unbedingt verbieten, da “dem russischen Staat nahestehende Strukturen und Unternehmen” bei der Finanzierung des Projekts im Spiel waren, so Bornjakow.
Radio FM4 von dem österreichischen Rundfunkkorporation ORF schreibt dazu:
“Ukrainische Aktivist*innen und sogar der ukrainische Minister für digitale Angelegenheiten rufen leidenschaftlich zum Boykott des Spiels auf; und tatsächlich ist die altbekannte Behauptung, hier gäbe es nur Unterhaltung und keine Politik, in diesem Fall besonders wackelig. Die Retro-Sowjet-Nostalgie und Ästhetik haben angesichts der realen Geschichtsfälschung russischer Propaganda einen bitteren Beigeschmack, genau wie unsere Rolle als heroischer russischer Spezialagent. Atomic Heart ist auch abseits seiner Macher trotz Robotern und Science-Fiction-Story durch und durch mit politischen Symbolen und Problemen behaftet.”
Und auch die deutsche Zeitschrift Stern gibt die ukrainische Sichtweise wider:
“Die Kritik an Atomic Heart geht derweil nicht spurlos an Mitwirkenden vorbei. Der Komponist Mick Gordon, dem das Spiel seinen Soundtrack verdankt, erklärte via Twitter, die Einnahmen dem Roten Kreuz spenden zu wollen. Die Zusammenarbeit mit Mundfish beschreibt er als ‘absolutes Vergnügen’ und er freue sich darauf, sein Werk im Rahmen des fertigen Spiels erleben zu können.
Alexander Bornyakov hat derweil noch ganz andere Probleme mit dem Spiel. Seiner Meinung nach romantisiere es die kommunistische Ideologie, die Sowjetunion und den KGB, was aktuell zur absolut Unzeit käme, da das Spiel unmittelbar vor dem Jahrestag der russischen Invasion in der Ukraine erschienen sei. Für einen Zufall hält er dies offenbar nicht.”
Dabei hat das Spiel jedoch nichts mit den aktuellen Ereignissen in der Ukraine zu tun – es wurde bereits im Jahr 2018 angekündigt. Ansonsten sieht es so aus, dass die Gründer von Mundfish tatsächlich Russen sind. “Artjom Galeew, Robert Bagratuni, Ewgenija Sedowa und Oleg Gorodischenin haben ein unglaubliches Team von 130 Kreativen aus zehn Ländern zusammengestellt, darunter Polen, die Ukraine, Österreich, Georgien, Israel, Armenien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Serbien und Zypern”, heißt es jetzt auf der Website des Studios. Das Unternehmen selbst sei in Zypern registriert, so die Zeitung Wsgljad , aber zumindest bis zum Jahr 2019 habe es eine juristische Person LLC Mundfish in Russland gegeben.
Laut der Website des Unternehmens gehören zu den Investoren die chinesische Holding Tencent , der ungarische Verlag Gaijin Entertainment und die in Zypern ansässige Investmentgesellschaft GEM Capital, die sich im Besitz von Anatoli Palij, einem ehemaligen Gazprom-Mitarbeiter, befindet. Letzteres ist der Grund für den Vorwurf einer möglichen Zusammenarbeit mit dem staatsnahen Unternehmen Gazprom. Ein weiterer Vorwurf, der gegen Mundfish erhoben wurde, ist der Verdacht der Zusammenarbeit mit der russischen Holding VK, die von Wladimir Kirijenko, dem Sohn des ersten stellvertretenden Leiters der Präsidialverwaltung, Sergei Kirijenko, geleitet wird. VK ist tatsächlich an der Verbreitung des Spiels beteiligt. Zumindest in den GUS-Staaten hat die Plattform VK Play die Exklusivrechte für den Vertrieb der PC-Version von Atomic Heart erhalten.
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Allerdings klingen alle Vorwürfe gegen das Spiel selbst und seine Entwickler äußerst weit hergeholt. Seine Politisierung scheint fast ein Element der ukrainischen und westlichen Propaganda zu sein – und Teil eines neuen Versuchs, die Politik von Cancel Culture in Richtung Russland auszuüben, oder auch einfach als Versuch, einen erfolgreicheren Konkurrenten aus dem Weg zu räumen. Wenn man die ständigen Bemühungen der ukrainischen Führung beobachtet, die Probleme ihres Landes in der Unterhaltungsbranche zu monetarisieren – von Bildern in der Zeitschrift Vogue bis zu verschiedenen Comics über den ukrainischen Präsidenten – dann wirken die Behauptungen Kiews zu Atomic Heart eher zynisch.
“Atomic Heart will den Spieler in erster Linie unterhalten und nicht zum Nachdenken über das Schicksal der Welt anregen”, meint die Zeitung Gazeta ru . Es geht hier also bestimmt nicht um Politik oder dergleichen. Und weiter: “Gerade in der heutigen Zeit, in der viele Spiele versuchen, schlauer zu machen, den Spielern beizubringen, ‘besser zu sein’ und so weiter, schlägt Atomic Heart vor, die Tür einzutreten und einfach mit allen Feinden fertig zu werden, ohne sich Gedanken zu machen. Die Hauptsache ist, zuerst das schwierige sowjetische Schloss zu knacken”.
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