Ausland

Trotz Sanktionen: Russische Rüstungsindustrie arbeitet auf Hochtouren

Uralwagonsawod

Quelle: Sputnik Der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates Dmitri Medwedew beim Besuch des Maschinenbauunternehmens Uralwagonsawod in Nischni Tagil am 24. Oktober 2022

Neben der Öl- und Gasindustrie ist in Russland aktuell wohl kein Wirtschaftszweig so wichtig wie die Rüstungsindustrie, auf die die Sanktionen des Westens zielen. Darüber, dass der Erfolg der Sanktionen mäßig ist, sind sich Experten einig. Moskau gelingt es nicht nur, die Sanktionen zu umgehen. Der bereits große Rüstungssektor scheint im vergangenen Jahr sogar noch weiter gewachsen zu sein. Der Militärexperte Alexander Golz vom Schwedischen Institut für Auswärtige Politik erklärte der Welt, dass es vor Beginn des Ukrainekrieges in Russland über 900 Rüstungsbetriebe gegeben habe.

Im letzten Jahr sind noch neue hinzugekommen, wie der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrats Dmitri Medwedew am Donnerstag in einem Interview mit russischen Nachrichtenagenturen informierte:

“Das Wichtigste ist, dass wir all dies jetzt in den benötigten Mengen produzieren können, und dafür werden neue Produktionsanlagen in Betrieb genommen. Ja, daran haben wir vor einiger Zeit nicht gedacht, aber es ist notwendig geworden, neue Waffenproduktionsanlagen in Betrieb zu nehmen.”

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Russische Rüstungsfabriken arbeiten aktuell auf Hochtouren, sogar im Vierschichtbetrieb. Dies sei möglich, wie Natalja Subarewitsch, Professorin an der Lomonossow-Universität in Moskau, der Welt mitteilte, weil ehemals zivile Betriebe Russlands, z. B. die Stahlkonzerne im Ural, nun für die Rüstungsindustrie produzierten. Probleme bei den Facharbeiten bestehen laut Subarewitsch nicht. In den Betrieben, die hauptsächlich im Ural angesiedelt sind, ist man nicht nur vor der Einberufung sicher, sondern erhält auch ein überdurchschnittliches Gehalt.

Die Sanktionen würden über einfallsreiche Unternehmer und kooperative Staaten umgangen. So komme Russlands Wirtschaft weiterhin zu Hightech-Komponenten, die es selbst nicht produzieren könne. Der Import von Computer-Chips sei im letzten Jahr ebenfalls gestiegen. Über Drittstaaten wie Kasachstan, die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate würden diese für die Militärindustrie so wichtigen Produkte sogar aus EU- und G7-Staaten bezogen, so Bloomberg unter Berufung auf EU-Diplomaten und Handelsdaten.

Trotzdem sieht sich Russlands Militärwirtschaft durch die Unterstützung Kiews durch den Westen vor Herausforderungen gestellt. Russland sei mit einem Krieg wie im Industriezeitalter mit entsprechend hohen Materialverlusten konfrontiert, so Golz. Weder die russische Rüstungsindustrie noch die westliche könnten mit dem Bedarf an Waffen und Munition mithalten. Laut einer Analyse des estnischen Verteidigungsministeriums verbraucht die Ukraine aktuell zwischen 2.000 und 7.000 Artilleriegeschossen pro Tag. Der Verbrauch der russischen Streitkräfte liege beim Zehnfachen.

Die europäische Rüstungsindustrie könne gerade einmal 20.000 bis 25.000 Geschosse pro Monat produzieren. Das Potenzial auf russischer Seite für die Produktion von Munition ist nicht bekannt. Im vergangenen Herbst wurde der Verbrauch pro Tag vonseiten Russlands laut dem Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte Christopher Cavoli zwar gesenkt. Wiederholte Berichte aus westlichen Geheimdienstkreisen, dass Russland bald die Munition ausgehen werde, erwiesen sich dennoch als falsch, wie auch Medwedew betonte:

“Unsere Feinde dachten, unsere Industrie würde versiegen, das heißt, wir würden alles verbrauchen – das ist ihr ständiges Gerede: ‘Wir haben keine Panzer mehr, keine Panzer, keine Raketen’ und so weiter. Wir werden allein in diesem Jahr 1.500 Panzer herstellen.”

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Medwedew erinnerte auch daran, dass die russischen Behörden vor 15 Jahren, also im ersten Jahr seiner Präsidentschaft 2008, mit der Modernisierung der Militärindustrie begonnen hatten. Besonders im letzten Jahr habe sich der militärisch-industrielle Komplex stark verändert, da er sich nicht mehr allein an den Notwendigkeiten der militärischen Spezialoperation in der Ukraine orientiere.

Wie viele neue Panzer Russland aktuell anfertigt, ist umstritten. Laut dem Militärexperten Golz wäre es in einer Materialschlacht wie aktuell in der Ukraine sinnvoller, zwei alte Panzer als einen neuen einzusetzen. So könnte es sich eher lohnen, im Panzerwerk Uralwagonsawod alte Geräte, z. B. die T-72-Panzer oder sogar die T-62-Panzer, zu modernisieren, anstatt neue zu bauen. Offizielle Zahlen, über wie viele alte Panzer Russland derzeit verfügt, gibt es nicht. Zum Ende der Sowjetunion seien es 60.000 gewesen, so Golz.

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