Der amerikanische Journalist, der gerade Russland besucht hat, ist keineswegs John Reed, und sein Interviewpartner ist keineswegs Lenin, zumal diese Vergleiche keinem der beiden gefallen hätten. Interessant ist auch die von allen Seiten gleichzeitig betriebene globale PR für ein Interview, das schon lange vor seiner Veröffentlichung Geschichte gemacht hat.
Das soziologische Phänomen dieser Nachricht ist viel wichtiger als der politische Inhalt des Interviews, der kaum jemanden mit etwas unerwartet Neuem überraschen dürfte. Nicht nur in diesen zwei Jahren, sondern von dem Moment an, als Russland begann, eine vom Westen unabhängige Politik zu verfolgen, geriet es sofort und automatisch in eine internationale Informationsblockade, die ihresgleichen sucht. Die “seriöse Weltpresse” verwandelte sich allmählich von einer nur einseitig-tendenziösen in die heutige Kloake voller Lügen über alles, was auch nur im Entferntesten mit Russland oder der russischen Politik zu tun hat. Infolgedessen sind viele anständige und gebildete Menschen in verschiedenen Ländern in unterschiedlichem Maße von antirussischen Vorurteilen vergiftet und haben ein zutiefst fehlerhaftes und karikaturhaftes Bild von Russland. Das gilt sogar für viele unserer früheren sowjetischen Landsleute, die ihre Heimat in den düsteren 1990er Jahren verlassen und den Bezug zu hiesigen Realitäten verloren haben.