Quelle: www.globallookpress.com © Peter Hartenfelser via www.imago-images.de Rechtsanwalt Dr. Reiner Fuellmich während einer Protestkundgebung gegen die Corona-Maßnahmen in Kassel am 20. März 2021
Wie die Rechtsanwältin Katja Wörmer am Dienstag in einem Video-Statement erklärte, wurde der Rechtsanwalt Reiner Fuellmich nach dem letzten Gerichtstermin nicht wie üblich in seine bisherige Gefängniszelle zurückgebracht, sondern in Isolationshaft genommen. Fuellmich war unter einem Vorwand vor über einem halben Jahr aus Mexiko entführt worden und sitzt seitdem in der JVA Rosdorf bei Göttingen in Untersuchungshaft (RT DE berichtete mehrfach).
Wörmer, die zusammen mit dem Strafverteidiger Dr. Christoph W. Miseré ihren Göttinger Kollegen Reiner Fuellmich vertritt, schildert in dem elfminütigen Video, wie sich die Vorfälle, die ihr Mandant erleben musste, Anfang Mai 2024 zugetragen haben.
Fuellmich, der sich selbst am 10. Mai per Audio-Mitteilung zu den Vorfällen in der JVA geäußert hatte, wurde in die Auffangstation gebracht, wo Untersuchungshäftlinge nach ihrer ersten Ankunft in der JVA unter besonders strenger Beobachtung stehen. Seine eigentliche Gefängniszelle wurde mit Suchhunden nach Mobiltelefonen, kleinen tragbaren Computern oder Diktiergeräten abgesucht. Dazu wurden selbst elektronische Suchgeräte eingesetzt. Sogar die Zellentür sei ausgebaut worden, um nach möglicherweise im Türrahmen versteckten Aufnahmegeräten zu suchen. Selbst das Bett wurde vollkommen auseinandergenommen.
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Totale Kontaktsperre
Gleichzeitig sei Fuellmich unter eine totale Kontaktsperre gesetzt worden, was bedeutete, dass er keinen Kontakt zu den Mithäftlingen der anderen Stationen haben und nicht einmal seine Anwälte oder Ehefrau kontaktieren durfte. Seine gesamte Habe sei aus der bisherigen Zelle in die Zelle der Auffangstation gebracht worden. Die Besonderheit dieser Zelle bestünde darin, dass man dort gar nichts mitbekommen könne, was außerhalb des Gefängnisses geschieht, weil sie – trotz Fenster – zum Innenhof gelegen ist. Daher könne man dort auch nichts von außerhalb hören. Auch von den wenigen anderen Häftlingen in der Auffangstation wurde Fuellmich ferngehalten.
Die Häftlinge der anderen Stationen wurden über den Verbleib Fuellmichs im Unklaren gelassen. Obwohl er mehrfach danach verlangt hatte, mit seiner Anwältin und Ehefrau Kontakt aufnehmen zu können, wurde ihm dies “vollständig versagt”. Die Mitarbeiter des Gefängnisses hätten auch den Wunsch ihres Mandanten versagt, an seiner Stelle die Anwältin und/oder die Ehefrau zu benachrichtigen. Erst am folgenden Montagmorgen habe ein anderer Mitarbeiter Fuellmich vorgeschlagen, einen Brief an die Anwältin zu schreiben, und ihm dafür eine Briefmarke zur Verfügung gestellt. Allerdings habe dieser Mitarbeiter nicht dafür sorgen können, dass der Mandant telefonieren durfte.
Über drei Tage war Fuellmich vollständig von der Außenwelt isoliert. Für Sonntag, 5. Mai, den 66. Geburtstag des Juristen, war außerhalb der JVA Rosdorf eine Solidaritätskundgebung angemeldet und genehmigt worden.
Solidaritätskundgebung zum 66. Geburtstag
Wie ihr Mandant erfahren habe, werde wöchentlich ein Bericht über ihn erstellt. Am folgenden Montag konnte Fuellmich ein Gespräch mit der für ihn zuständigen Abteilungsleiterin erwirken. Die Beamtin habe “herumgedruckst” und dann schließlich zugegeben, dass man ihn mit der Isolationshaft “von der Veranstaltung zu seinem Geburtstag fernhalten” wollte. Man habe grundsätzlich verhindern wollen, dass von außerhalb, also aus der Kundgebung vor der JVA, Kontakt mit Fuellmich hätte aufgenommen werden können.
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Die Rundgänge am Wochenende habe Fuellmich jeweils nur allein absolvieren dürfen. Als ein anderer Häftling währenddessen versuchte, mit Fuellmich Kontakt aufzunehmen, habe das Gefängnispersonal sofort eingegriffen. Jeglicher Kontakt – selbst durch offene Fenster – zu Fuellmich wurde verboten. Alle Fenster derjenigen Gefängniszellen, die nach außen gelegen sind, seien während der Geburtstags- und Solidaritätskundgebung für Fuellmich zwangsweise geschlossen worden. Alle Gefangenen wurden per Durchsage entsprechend angewiesen, jede Kontaktaufnahme zu der Versammlung vor dem Gefängnis zu unterlassen. Bei Zuwiderhandlung wurde allen Häftlingen ein sogenannter “Generaleinschluss” oder weitere Disziplinarmaßnahmen angedroht. Möglicherweise habe aber jemand aus dem Fitnessraum, dessen Fenster ebenfalls nach außen geht, einmal laut “Freiheit” gerufen, aber das wisse man nicht genau.
Die Häftlinge der anderen Stationen drohten damit, schon ab Montag in einen Hungerstreik zu treten, falls sie keine Angaben über den Verbleib und die Gesundheit von Reiner Fuellmich erhalten würden. Dazu kam es nicht, weil am Montagvormittag die Maßnahmen aufgehoben wurden und Fuellmich wieder auf die bisherige Station zurückverlegt wurde und auch Kontakt mit anderen Häftlingen aufnehmen durfte.
Zu den Hintergründen dieser Zwangsmaßnahmen habe die Gefängnisleitung bis Anfang dieser Woche keine Angaben gemacht, weshalb Fuellmich nochmals einen Antrag auf ein Gespräch gestellt habe, um von der Anstaltsleitung eine Erklärung für das Vorgehen zu erhalten. Dazu sei es aber noch nicht gekommen.
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Konstruierte Gefahren
Offensichtlich sei, dass verhindert werden sollte, dass Reiner Fuellmich etwas von der Solidaritätskundgebung mitbekommen könnte, die zu seinem 66. Geburtstag vor dem Gefängnis abgehalten wurde, und eventuell sogar mit den Teilnehmern hätte Kontakt aufnehmen können.
Rechtsanwältin Wörmer vermutet, dass die Leitung der JVA eine “bestimmte Sicherheitsstufe gesehen” habe, eine “Gefahrenstufe, die eigentlich nur mit Verdunkelungsgefahr zu erklären” sei, “aber weniger mit Fluchtgefahr”. Für ihren Mandanten sei Untersuchungshaft nur wegen Fluchtgefahr angeordnet. Jedoch stelle es sich immer mehr so dar, dass Fuellmich weder von der Veranstaltung vor dem Gefängnis etwas erfahren noch Kontakt mit den Teilnehmern aufnehmen sollte. Dies sei Ziel und Zweck der “gezielten Isolation und Separierung” ihres Mandanten gewesen.
Angesichts dieser Umstände und Ereignisse sei es sehr fraglich, ob es tatsächlich eine anonyme Strafanzeige gegeben hat, die sich auf “angeblich verbotene Sprachaufnahmen” bezog.
Isolationshaft ist Folter
Im Widerspruch dazu stehe eine schriftliche Genehmigung des Gerichts, das solche Aufnahmen ausdrücklich für zulässig erklärt hatte. Rechtsanwältin Wörmer vermutet, dass der eigentliche Grund für die Aufhebung der JVA-Maßnahmen ein Anruf von ihr am Montagvormittag bei der Anstalt gewesen sei, mit dem sie sich für den Nachmittag angekündigt hatte. Daher, so ihre Vermutung, habe die Gefängnisleitung so schnell wie möglich wieder einen Normalzustand herstellen wollen. Dies sei im Moment jedoch noch Spekulation. Eine Stellungnahme der JVA Rosdorf zu dem Vorfall werde noch erwartet.
Aus Sicht der Anwältin ist es gerechtfertigt, die Maßnahmen gegen Reiner Fuellmich als Isolationshaft zu bezeichnen. Im Unterschied zur Einzelhaft, bei der ein Häftling nur getrennt von anderen Häftlingen “verwahrt” werde, bedeute Isolationshaft, dass über die Vereinzelung im Gefängnis hinaus jeglicher Kontakt zur Außenwelt unterbunden wird. Dies sei bei Reiner Fuellmich der Fall. Das “besonders Verwerfliche an der ganzen Situation” sei gewesen, dass Fuellmich über drei Tage lang nicht mit seinen Anwälten sprechen durfte, auch nicht mit seiner Ehefrau und auch nicht mit sonst jemandem. Erst nach drei Tagen wurde ihm angeboten, “dass er ja einen Brief schreiben” könne. Damit seien, so Wörmer, ganz klar die “Voraussetzungen einer Isolationshaft erfüllt” gewesen. Zwar sei der Begriff “sehr negativ besetzt”, aber man müsse den Vorgang so benennen. Daher erfüllten die Haftbedingungen “unter gar keinen Umständen mehr die rechtsstaatlichen Voraussetzungen”.
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Strafanzeige gegen die JVA-Leitung
Die ehemalige Rechtsanwältin Gabriele Curschmann-Käsinger hat am 13. Mai Strafanzeige gegen die Leitung der JVA Rosdorf, ihre Stellvertreter und alle Mitarbeiter der JVA gestellt, die in der Zeit vom 3. bis 5. Mai 2024 mit Reiner Fuellmich befasst oder für ihn zuständig waren. Die Zwangsmaßnahmen seien nicht nur dienstrechtlich unzulässig gewesen. Es seien “diverse strafrechtliche Tatbestände erfüllt” worden, so zulasten von Reiner Fuellmich Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Rechtsbeugung sowie nicht zuletzt ein Verstoß gegen das Folterverbot gemäß der UN-Antifolterkonvention. Die anderen Mithäftlinge seien genötigt worden. Die anonyme Anzeige gegen Fuellmich erfülle den Straftatbestand der falschen Verdächtigung.
Vor zwei Tagen teilte Fuellmichs Anwältin in einer weiteren Videostellungnahme mit, dass ihrem Mandanten zwangsweise Blut abgenommen oder Röntgenaufnahmen der Lunge gemacht werden sollten. Der Vorwand für diese medizinischen Zwangsmaßnahmen sei die Tuberkulose-Erkrankung eines anderen Häftlings, der vor über einem halben Jahr aus der JVA entlassen worden war. Zum damaligen Zeitpunkt sei den anderen Häftlingen Blut abgenommen worden, Fuellmich jedoch nicht, weil zu dem Zeitpunkt gerade die Hauptverhandlung gegen ihn am Landgericht Göttingen stattfand.
Auf Nachfrage hatte Fuellmich damals die Blutabnahme abgelehnt. Nun wurde Fuellmich unter Druck gesetzt, den medizinischen Maßnahmen zuzustimmen. Allerdings fühle er sich gesund und habe keine Beschwerden. Immerhin wurde Fuellmich gestattet, seine Anwältin zu kontaktieren. Sollte sich Fuellmich dem Eingriff widersetzen, sei mit erneuter Isolationshaft wegen möglicher Ansteckungsgefahr zu rechnen, so Wörmer. Die Zwangsmaßnahmen erinnerten an die staatlichen Corona-Maßnahmen, als “asymptomatische Erkrankungen erfunden” und gesunde Personen, die überhaupt keine Beschwerden hatten, zu Tests verpflichtet wurden.
Alternativ zur Blutabnahme schlägt die Anwältin eine einfache, nicht-invasive Untersuchung wie Abhören mit dem Stethoskop vor. Sollte ihrem Mandanten zwangsweise Blut abgenommen werden, handelte es sich juristisch gesehen um eine Körperverletzung. Wörmer forderte die JVA auf, dafür im Zweifelsfall einen gerichtlichen Beschluss einzuholen. Darauf habe die Anstalt noch nicht reagiert.
Heute teilte die Juristin Gabriele Curschmann-Käsinger mit, dass sich ihrer Strafanzeige gegen die JVA Rosdorf noch kein Rechtsanwalt der “Anwälte für Aufklärung” (AfA) angeschlossen habe. Dieser Zusammenschluss von Anwälten steht den staatlichen Corona-Maßnahmen kritisch gegenüber. Soweit ihr bekannt, habe sich diese Juristenvereinigung noch nicht offiziell in Sachen Fuellmich gegenüber der Anstalt geäußert. Allerdings habe ein Anwalt der AfA ihr geschrieben, dass er “diese Strafanzeige” für “Aktionismus” halte. Es seien keine Strafvorschriften verletzt worden, alles sei “nur noch eine Soapopera”. Der namentlich nicht genannte Anwalt habe ihr geschrieben, dass Rechtsanwalt Fuellmich “ständig irgendwelche Storys produzieren” würde, bloß “um auf sich aufmerksam zu machen”. Die Untätigkeit der “Anwälte für Aufklärung” in dieser Sache sei ein “Versagen auf der ganzen Linie”, so Curschmann-Käsinger.
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