Quelle: AFP © YAMIL LAGE / AFP Der venezolanische Präsident Nicloás Maduro (links) und der kubanische Präsident Miguel Díaz Canel (Havanna, 27. Mai 2022)
Eine Analyse von Bradley Blankenship
In der vergangenen Woche waren Berichte aufgetaucht, dass die USA einige Sanktionen gegen Venezuela aufheben, darunter auch jene gegen eine Privatperson, und US-amerikanische sowie europäische Ölunternehmen autorisieren, Verhandlungen mit Caracas für die Wiederaufnahme der Operationen in dem Land zu führen. Diese Berichte wurden später von der venezolanischen Vizepräsidentin Delcy Rodríguez bestätigt.
Meinung
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Berichten zufolge lockern die USA die Sanktionen als Zeichen des guten Willens, nachdem im März Verhandlungen auf hoher diplomatischer Ebene stattgefunden hatten, in der Hoffnung, den Dialog zwischen der Regierung von Präsident Nicolás Maduro und der von den USA unterstützten Opposition zu fördern. Die Äußerungen von Vizepräsidentin Rodríguez deuten darauf hin, dass die venezolanische Regierung beabsichtigt, genau dies zu tun und den Dialog auf internationaler Ebene fortzusetzen.
Zweifellos ist dies ein positiver Schritt für Venezuela, auch wenn es viel damit zu tun hat, dass die USA und ihre Partner nach Wegen suchen, einer erdrückenden Inflation in den eigenen Ländern entgegenzuwirken. Die kriminellen und illegalen Sanktionen gegen Venezuela halten die dortige Wirtschaft unnötig und auf unmenschliche Weise im Würgegriff. Jahrelang schon plagen wirtschaftliche Probleme das Land, die auf einseitige Sanktionen Washingtons zurückzuführen sind und die vor allem die einfachen Menschen treffen – alles im Bestreben, die demokratisch gewählte venezolanische Regierung zu stürzen.
Dennoch gelang es Venezuela, sich durch die Schwierigkeiten zu retten und im vergangenen Jahr, nach Jahren der wirtschaftlichen Rezession und einer galoppierenden Inflation, ein positives Wirtschaftswachstum und eine Reduzierung der Inflation auf ein erträgliches Niveau zu verzeichnen. Dass Caracas dies ohne den Vorteil normaler Handelsbeziehungen mit dem Westen erreichen konnte, ist keine Kleinigkeit und spricht dafür, dass die US-Sanktionen allmählich ihre Kraft verlieren und Washington damit auch seinen Einfluss.
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Genau aus diesem Grund müssen die USA die Verhandlungen mit Venezuela fortsetzen, schließlich alle Sanktionen aufheben und sich trotz politischer Meinungsverschiedenheiten, mit allen ihren Nachbarn – einschließlich Kuba und Nicaragua – sinnvoll verständigen. Die USA müssen ihre Rolle auf dem amerikanischen Kontinent als die eines gleichberechtigten Partners betrachten, anstatt auf Zwangsmaßnahmen zurückzugreifen, um ihre politischen Ambitionen zu erreichen, mit denen sie sich in ihrer eigenen Nachbarschaft isolieren.
Staatsoberhäupter in der Region nehmen die sich verändernde globale geopolitische Landschaft zur Kenntnis. Beispielsweise forderte der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador die USA am 9. Mai in Kuba auf, ihre seit 1959 andauernden Sanktionen gegen das karibische Land zu beenden. Wie schon einmal zuvor forderte er eine geeinte Gemeinschaft der Staaten des amerikanischen Kontinents – ähnlich der Europäischen Union – und drohte kürzlich zusammen mit etwa einem Dutzend anderer Staats- und Regierungschefs, den von den USA veranstalteten Gipfel der Amerikanischen Staaten im nächsten Monat wegen des Ausschlusses Venezuelas, Nicaraguas und Kubas zu boykottieren.
Auch bezeichnete der mexikanische Präsident den Aufstieg Chinas als Chance für die Region. Führungskräfte aus diesen Ländern wollen konkrete Entwicklungspläne und Investitionsvorschläge – während sich die USA nur für Themen von innenpolitischer Bedeutung zu interessieren scheinen, wie illegale Einwanderung und Drogenhandel, was beides im Grunde genommen auf die chaotische US-Außenpolitik zurückzuführen ist. Andererseits bietet China unverbindliche Entwicklungsprojekte und Investitionen an, die für diese Länder äußerst attraktiv sind.
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Für die lateinamerikanischen und karibischen Staatsoberhäupter sind die innenpolitischen Sorgen Washingtons von geringer Bedeutung. Sie wollen ihrer Region Sicherheit und Wohlstand bringen, was die grundlegendste Funktion eines jeden gewählten Staatsoberhaupts ist. Die Aufteilung der Region nach politischen Gesichtspunkten und der Ausschluss einiger Länder aus verschiedenen Foren, in denen Amerika angeblich zusammengebracht werden soll, erfüllt diese grundlegenden Ziele nicht. Es bewirkt eigentlich das Gegenteil – und immer mehr Staatsoberhäupter erkennen das.
Aus diesem Grund werden beispielsweise zunehmend Forderungen laut, die von den USA dominierte Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) abzuschaffen, die derzeit Kuba ausschließt und die Mitgliedschaft Venezuelas bestreitet, und sie durch eine inklusivere Organisation zu ersetzen. Einige Länder, darunter Mexiko, fordern eine regionale Organisation, die hauptsächlich auf wirtschaftlicher Zusammenarbeit basiert, um die regionale Entwicklung zu unterstützen, während politische Ideologien an der Seitenlinie bleiben sollen. Es ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer zu erkennen, wie die Vereinigten Staaten in dieses Bild passen würden.
Damit die USA nicht in ihrer eigenen Nachbarschaft, die von Washington seit fast zwei Jahrhunderten als “unsere Hemisphäre” bezeichnet wird, in eine Ecke gedrängt werden, müssen sie eine Annäherung an jene Länder suchen, mit denen sie krasse politische Differenzen haben, nämlich an Venezuela, Nicaragua und Kuba. Die USA müssen einen ernsthaften und konstruktiven Dialog führen, der über enge Eigeninteressen hinausgeht. Eine Möglichkeit, dies zu tun, wäre, auf die Bitten der regionalen Staatsoberhäupter zu hören und Venezuela, Nicaragua und Kuba nächsten Monat zum Amerika-Gipfel einzuladen.
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Andernfalls verstärkt es nur die gegensätzliche Vorstellung von “unserem Amerika”, die erstmals vom kubanischen Schriftsteller Jose Martí, in einem berühmten und gleichnamigen Buch, im späten 19. Jahrhundert geprägt wurde. Er benutzte diese Formulierung, um den Widerstand gegen die spanische Herrschaft zu beschreiben – aber der Ausdruck wurde in der heutigen Zeit von lateinamerikanischen Sozialisten adoptiert, um sich damit gegen Washington zu stellen.
Die USA befinden sich in einer Sackgasse, in der sie entweder weiterhin Lateinamerika und die Karibik verärgern und diese Länder wie seit den Zeiten der Monroe-Doktrin als ihrenHinterhofbetrachten – oder sie riskieren, von der ganzen amerikanischen Gemeinschaft auf diesem Kontinent auf eine schwarze Liste gesetzt zu werden.
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