Die US-Geheimdienste haben ja lange Zeit behauptet, Integrität bei der Suche nach der Wahrheit sei ihr zentraler Wert. Im März 1992 wandte sich Robert Gates, damals Direktor der Central Intelligence, an die Analytiker der ihm unterstellten Organisation und sprach das Problem der Politisierung von Geheimdiensten in einem eigens zu diesem Thema verfassten und entsprechend betitelten Text an. Gates gab darin zu bedenken:
“Bourke Cockran [Anm.: ein für seine Redekunst bekannter irisch-US-amerikanischer Politiker und Redner-Coach für Winston Churchill] schrieb im Jahr 1895 an Winston Churchill: ‘Was die Leute wirklich hören wollen, ist die Wahrheit – das ist ja gerade das Aufregende –: Sprich die einfache Wahrheit aus.’ Zwanzig Jahre später schrieb Churchill selbst: ‘Die Wahrheit ist unumstößlich; Panik mag sie verletzen; Ignoranz mag sie verhöhnen; Bosheit mag sie zerstören, aber sie ist da.’ ”
Und Robert Gates machte deshalb darauf aufmerksam:
“Die Wahrheit, soweit wir [die CIA] sie ermitteln können, ist das, worum es bei unserer Arbeit geht. … Und weil es uns als Institution, als Fachleuten und als Einzelpersonen um die Suche nach der Wahrheit geht, beunruhigt uns die Möglichkeit – ja allein schon die Vorstellung –, dass diese Suche von einem Makel beschmutzt werden könnte, zutiefst. So war es schon lange der Fall und so sollte es auch sein.”
Jener “Makel”, von dem Gates damals sprach, war die Politisierung der Geheimdienste. Beim Umschreiben dieses Makels merkte Gates noch an:
“Dazu gehört die absichtliche Verzerrung von Analysen oder abgeleiteten Urteilen, vorgenommen, um eine bevorzugte Denkweise ungeachtet der Beweislage zu begünstigen.”
Gemäß dem jüngsten Eingeständnis seitens mittlerweile bereits sprichwörtlicher “anonymer Quellen” gegenüber NBC News, die US-Regierung habe Geheimdienstinformation zum Teilen mit ihren Verbündeten und der Öffentlichkeit freigegeben, um Russlands Plänen zuvorzukommen und diese zu stören, um “Moskaus Propaganda zu untergraben und zu verhindern, dass Russland bestimmt, wie der Krieg [in der Ukraine] in der Welt wahrgenommen wird”, scheinen US-Geheimdienste auf den ersten Blick die von Gates vor 30 Jahren erläuterten Fallstricke einer Politisierung noch glimpflich zu umschiffen. Schließlich werde laut den nicht genannten Beamten dieser Prozess der öffentlichen Bekanntgabe
“durch einen strengen Überprüfungsprozess durch den Nationalen Sicherheitsrat und die Geheimdienstgemeinschaft untermauert, um die Qualität der Informationen zu bestätigen sowie um Quellen und Methoden zu schützen”.
Diese Ungenannten betonten laut NBC nochmals:
“Wir genehmigen die Freigabe von Geheimdienstinformationen nur dann, wenn wir sicher sind, dass diese beiden Anforderungen erfüllt sind.”
Doch nicht so hastig. In demselben Bericht von NBC News heißt es auch:
“Mehrere US-Beamte räumten ein, dass die USA Information auch dann als Waffe eingesetzt haben, wenn das Vertrauen in die Richtigkeit der [weiterzureichenden] Informationen nicht sehr groß war. Manchmal haben sie Information von geringer Vertrauenswürdigkeit verwendet.”