Von Robert Inlakesh
In einem weiteren Rückschlag, der das Scheitern des westlichen Militärinterventionismus in Westasien widerspiegelt, hat sich die jemenitische Bewegung der Ansar Allah (Huthi) als aktiver Teilnehmer am anhaltenden Krieg Israels in Gaza aufseiten der Palästinenser beteiligt. Ansar Allah feuerte zunächst Salven von Kamikaze-Drohnen, ballistischen Raketen und Marschflugkörpern in Richtung Israel ab und verhinderte anschließend die Durchfahrt israelischer oder von Israel betriebener Frachtschiffe durch das Rote Meer von und zum Hafen von Eilat.
Nachdem die Huthi eine Reihe von Frachtern beschlagnahmt und andere mittels Drohnen angegriffen und beschädigt hatten, ist die Aktivität im Hafen von Eilat um etwa 85 Prozent zurückgegangen. Internationale und israelische Reedereien haben sich dafür entschieden, den Umweg über das Kap der Guten Hoffnung zu nehmen und Afrika zu umrunden. In einigen Fällen dauert es zusätzliche zwölf Tage, um mit der Fracht nach Israel zu gelangen, was, gelinde gesagt, eine kostspielige Sache ist. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin reiste umgehend in die Region und kündigte die Bildung einer multinationalen Marine-Gruppe für den Einsatz im Roten Meer an. Obwohl von einer Koalition aus Saudi-Arabien, Ägypten und sogar den Vereinigten Arabischen Emiraten die Rede war, war Bahrain die einzige arabische Nation, die sich dieser Koalition anschloss.
Meinung Der Krieg gegen die Zivilbevölkerung in Palästina zeigt Wirkungen auf den Welthandel
Ohne eine Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, die eine solche Mission stützen könnte und die normalerweise auch erforderlich wäre, um die Militarisierung einer Region nach internationalem Recht legal zu machen, haben die USA unilateral eine weitere ausländische Intervention lanciert. Dies ist von Bedeutung, da es Washington nicht gelungen ist, wichtige regionale Akteure zur Teilnahme zu bewegen, was ein weiteres Zeichen für das Nachlassen des US-Einflusses in dieser Region ist.
Unter dem ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama unterstützte Washington bereits 2015 die Intervention der von Saudi-Arabien geführten Koalition im Krieg gegen Jemen. Seitdem sind rund 377.000 Menschen ums Leben gekommen, vor allem an den Folgen der tödlichen Blockade, die über die Mehrheit der Bevölkerung des Landes verhängt wurde. Das Ziel der von Saudi-Arabien angeführten Intervention, die von den USA und Großbritannien unterstützt wurde, bestand darin, Ansar Allah von der Macht zu vertreiben. Obwohl die Gruppe als jemenitische Regierungsmacht keine internationale Anerkennung genießt, herrscht sie über mehr als 80 Prozent der Bevölkerung, wird von zwei Dritteln der Streitkräfte des Landes unterstützt und leitet ihre Regierungsgeschäfte von Sanaa aus.
Ansar Allah kam im Jahr 2014 an die Macht, nach einer Volksrevolution gegen den damaligen jemenitischen Präsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi. Monate später trat Hadi zurück und floh aus dem Land, nachdem Kämpfer der Ansar Allah beschlossen hatten, die Macht mit Gewalt zu übernehmen. Inmitten des darauffolgenden siebenjährigen Krieges agierte die bewaffnete politische und soziale Bewegung, die oft als “Huthi-Rebellen” bezeichnet werden, als De-facto-Regierung des Jemen, muss jedoch noch die Anerkennung von den Vereinten Nationen erhalten. Diese haben stattdessen den “Präsidialen Führungsrat” anerkannt, der 2022 in Saudi-Arabien gegründet wurde.
Der obige Kontext ist entscheidend für das Verständnis der Fähigkeiten der jemenitischen Ansar Allah, die in den westlichen Medien jahrelang als eine Bande “vom Iran unterstützter Rebellen” heruntergespielt wurde. Während die Regierungen des kollektiven Westens versucht haben, so zu tun, als sei diese jemenitische Gruppierung unbedeutend, ist die jüngste Entscheidung Washingtons, eine multinationale Koalition zu bilden, um den Huthis entgegenzutreten, ein Eingeständnis, dass sie zu einem wichtigen regionalen Akteur geworden sind. Tatsächlich ist Ansar Allah die einzige arabische Bewegung, die Staatsvermögen und ein stehendes Heer kontrolliert und sich am Krieg Israels gegen Gaza beteiligt.
Analyse Wie sich der Libanon auf einen Krieg mit Israel vorbereitet, den er nicht will
Die Realität, mit der die USA jetzt konfrontiert sind, wurde sowohl Saudi-Arabien als auch den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) Anfang vergangenen Jahres klar. Im Januar 2022, nach zwei Drohnen- und Raketenangriffen auf Abu Dhabi und Dubai, wurde deutlich, dass die derzeitige Unterstützung des Westens den VAE nicht ausreichend Sicherheit bieten konnte. Bis zur Aushandlung eines Waffenstillstands im April 2022 hatte Ansar Allah auch seine Raketen- und Drohnenfähigkeiten unter Beweis gestellt und damit bereits wichtige Ziele innerhalb Saudi-Arabiens angegriffen.
Obwohl sie viel weniger Aufmerksamkeit erhielten, als sie eigentlich verdient hätten, plante der bewaffnete Flügel der Ansar Allah seinen zweiten Angriff auf die Vereinigten Arabischen Emirate strategisch so, dass er mit der Ankunft des israelischen Präsidenten Isaac Herzog im Land zusammenfiel. Dies war eine klare Botschaft an die Führungen der Emirate und Saudi-Arabiens, dass die Unterstützung des Westens nicht für ausreichende Sicherheit sorgen wird. Aufgrund dieser Bedrohung aus dem Jemen ist es wahrscheinlich, dass Riad einen Sicherheitspakt mit den USA anstrebte, um ein Normalisierungsabkommen mit Israel zu ermöglichen. Ein solcher Sicherheitspakt hätte festgelegt, dass ein Angriff auf ein Paktmitglied ein Angriff auf alle darstellt. Damit würden die USA in einen direkten Krieg gegen den Jemen verwickelt werden, sollte der Konflikt mit Jemen erneut aufflammen.
Die USA versuchten, zum Sturz der aktuellen Regierung in Sanaa beizutragen, schufen damit aber am Ende eine kampferprobte Gruppierung, die militärische Fähigkeiten entwickelt hat, die weit über diejenigen hinausgehen, die sie zu Beginn des Konflikts im Jahr 2015 besaß. In seiner ersten außenpolitischen Ansprache nach seinem Amtsantritt im Jahr 2021 versprach US-Präsident Joe Biden, den Krieg im Jemen zu beenden. Anstatt jedoch ein Abkommen zwischen Jemen und Saudi-Arabien zu vermitteln, gab das Weiße Haus sein Vorhaben auf und versuchte stattdessen, ein Abkommen zwischen Saudi-Arabien und Israel auszuhandeln. Diese fatale Entscheidung trifft die politischen Entscheidungsträger in Washington jetzt wie ein Bumerang.
Indem Washington die Israelis in ihrem Krieg gegen Gaza voll und ganz unterstützten und klarstellten, dass es keine roten Linien dafür gibt, wie weit die Regierung von Benjamin Netanyahu gehen kann, haben die USA zugelassen, dass sich ein palästinensisch-israelischer Krieg zu einem umfassenderen regionalen arabisch-israelischen Konflikt ausweiten könnte. Die Gefahr einer Eskalation zwischen der israelischen Armee und der libanesischen Hisbollah nimmt von Tag zu Tag zu, während Abdul-Malik al-Huthi, der Führer der Ansar Allah, erklärte, dass seine Streitkräfte “nicht tatenlos zusehen werden, wenn die USA eskalieren und gezielt Dummheiten gegen unser Land begehen”.
Analyse Ist Israel bereit, eine zweite Kriegsfront gegen die Hisbollah zu eröffnen?
In jeder Hinsicht ist das diplomatische Ansehen der USA aufgrund ihres Umgangs mit Israels Krieg gegen Gaza international gesunken. Es ist Washington nicht gelungen, alle wichtigen regionalen Akteure in Westasien davon zu überzeugen, seine Eskalationsagenda zu unterstützen. Diese Akteure stehen alle auf derselben Seite wie Russland und China und fordern einen sofortigen Waffenstillstand. Die Welt hat die Heuchelei der USA längst erkannt. Zum Vergleich: Die Zahl der Todesopfer in Gaza soll am vergangenen 23. Dezember bereits 23.000 überschritten haben, die Mehrheit davon Frauen und Kinder. So viele Menschen hat Israel in etwas mehr als zwei Monaten getötet. Schätzungen der UN zufolge, hat die Terrorgruppierung ISIS/Daesh, in den ersten beiden Jahren ihres Aufstands im Irak, etwa 18.800 Zivilisten getötet. Die Gesamtzahl der von ISIS in Syrien getöteten Zivilisten wird auf knapp über 5.000 geschätzt.
Das Ausmaß des menschlichen Leids, das derzeit in Gaza stattfindet, ist beispiellos und bricht in der neueren Geschichte alle Rekorde hinsichtlich der Menge an Sprengkraft, die auf einem derart kleinen Gebiet abgeworfen wurde. Dazu kommt noch die höchste Zahl an Journalisten, medizinischem Personal und an Kindern, die bisher in diesem Konflikt getötet wurden. Als Reaktion darauf hat die US-Regierung wiederholt Resolutionen zu einem Waffenstillstand im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen blockiert, gewährt Israel uneingeschränkte und bedingungslose Unterstützung und droht nun damit, eine Koalition westlicher Nationen in einen Krieg gegen den Jemen hineinzuziehen.
Die Lösung hier ist ganz einfach: Ansar Allah hat erklärt, dass die Blockade der Frachtschiffe nach Israel enden wird, sobald der Krieg in Gaza endet. Washington hat die Möglichkeit, diesen Krieg sofort zu beenden, weigert sich jedoch, dies zu tun. Die Drohungen Washingtons gegen den Jemen werden zu keinem Ergebnis führen, außer zu einer weiteren Eskalation.