Meinung Wagenknecht entzaubert: BSW stimmt gegen Friedensverhandlungen
Größtes Übel für den in kriegslüstern-antirussischer Hetze gefangenen Mainstream scheint das BSW-Ansinnen zu sein, friedlich mit Russland zum gegenseitigen Vorteil zu kooperieren und Rüstungsexporte in die Ukraine sofort zu stoppen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) blies besonders heftig die propagandistische Sirene. Unter der Überschrift “Wagenknecht spaltet” war dort kürzlich gleich im ersten Absatz zu lesen:
“Mit dem Entwurf für ihr Europawahlprogramm zeigen Sahra Wagenknecht und ihre Mitstreiter, dass sie mehr sind als nur die fünfte Kolonne Moskaus. Ihr “Bündnis Sahra Wagenknecht” (BSW) will nicht nur Putin den Stopp aller westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine anbieten, um ihn an den Verhandlungstisch zu bringen, also “Frieden” um fast jeden Preis. Es will auch das Europa abschaffen, wie wir es kennen.”
Öffentlichkeitswirksame Kritik an der antirussischen Kriegstreiberei, der massiven Aufrüstung der NATO-Staaten sowie der undemokratischen Ausrichtung der EU als europäischer Arm des aggressiven US-Imperialismus ist in Zeiten wie diesen höchst unerwünscht. Neben diesen gibt es aber noch andere interessante Punkte im BSW-Entwurf.
Monopole zurückdrängen
Unter dem ausführlichsten Punkt “wirtschaftliche Vernunft” klingt vieles positiv, fast revolutionär: Die politische Macht der EU-Kommission soll beschnitten, darüber die Einflussmöglichkeiten der Mitgliedsstaaten auf die EU erhöht werden, zudem sollen diese stärker miteinander kooperieren, etwa beim Ausbau von Infrastruktur und bei der Entwicklung umwelt- und klimafreundlicher Technologien.
Die EU müsse große Konzerne effektiv an der Bildung von Kartellen hindern und vor allem US-amerikanische Big-Tech- und Finanzkonzerne zurückdrängen. Europa benötige eine eigene digitale Infrastruktur, so BSW. Dazu müsse die EU verstärkt kleinere regionale Unternehmen sowie die kommunale Vergabe von Aufträgen an diese fördern.
Das zu Migration und sozialen Verwerfungen führende wirtschaftliche Gefälle innerhalb der EU will BSW beseitigen. Einheitliche Besteuerung soll etwa die Flucht von großen Unternehmen in EU-Staaten verhindern, wo sie zulasten des Gemeinwesens billiger produzieren können. Ausufernde Geflechte von “Megabanken” oder Finanz-Technologie-Konzernen müsse die EU verbieten und aufsplitten.
Die Energiepolitik sei an soziale und Klimastandards zu knüpfen. Dafür seien ein sofortiger Stopp von aus umweltschädlichem Fracking gewonnenem LNG, Kooperation mit Russland und “mehr Technologie-Offenheit” nötig.
CO₂-Bepreisung belastet Bürger
Die CO₂-Bepreisung sei kein geeignetes Mittel, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren, so die neue Partei. Letztlich gehe dies zulasten der Verbraucherpreise. Auch müsse die EU die Entwicklung eigener Speichertechnologien sowie regionale Stadtwerke und Energieprojekte von Bürgern besonders fördern. Energienetze seien komplett “in nationale Regie” zu geben.
Kleine Landwirtschaftsbetriebe und Bauern will BSW besser vor großen Agrarkonzernen schützen. Die Spekulation mit Boden und Nahrungsmitteln müsse die EU ebenso wie Gentechnik auf dem Acker verbieten, die Sicherheitsauflagen für Pflanzenschutzmittel-Einsatz und Lebensmittel hingegen erhöhen.
Außerdem fordert das BSW von der EU, “stabile Handelsbeziehungen” zu knüpfen und Abkommen an soziale Standards bei der Produktion zu binden, um Billigkonkurrenz einzudämmen. Das Klagerecht für Konzerne gegen Mitgliedsstaaten vor privaten Schiedsgerichten soll die EU ganz abschaffen.
Vernünftig, aber nur auf Symptomebene
Das BSW bringt wichtige Punkte, die die Realität trefflich beschreiben, aber eines verkennen: Die EU wurde bereits als imperialistisches Konstrukt konzipiert, oder anders ausgedrückt: als eine Art wirtschaftliche Enklave und verlängerter militärischer Arm des US-Imperialismus in Europa. BSW suggeriert eine “Fehlentwicklung”, die nicht existiert – sie war genau so geplant.
Seit Langem ist sichtbar, dass sich das westliche Kapital konkurrenzbedingt vor allem bei großen US-Konzernen konzentriert, also monopolisiert. Freilich fördern die USA diese Entwicklung aus ökonomischem und machtpolitischem Eigennutz. Imperialistische Staaten müssen den Zugriff auf Märkte und Ressourcen ständig erweitern, um ganz oben zu bleiben. Das ist klassischer, moderner Imperialismus.