Ausland

Warum die Bürger der USA heutzutage so gut wie nichts mehr zu lachen haben

Warum die Bürger der USA heutzutage so gut wie nichts mehr zu lachen haben

Quelle: Gettyimages.ru © Spencer PlattWährend einer wöchentlich stattfindenden Tafel, die von einer lokalen Kirche organisiert wird, werden im New Yorker Stadtteil Brooklyn kostenlos Lebensmittel an Bedürftige verteilt

Von Robert Bridge

Angefangen bei einer schwächelnden Wirtschaft und einer hohen Inflation bis hin zu mangelndem Vertrauen in die politische Führung des Landes, äußern immer mehr Bürger der USA ihren Unmut über zahlreiche Aspekte ihres täglichen Lebens.

Im jährlichen Bericht über die weltweite Zufriedenheit fielen die Vereinigten Staaten in der Rangliste um acht Plätze auf den 23. Platz zurück. Dies ist ein historischer Tiefpunkt für ein Land, das für sein perlweißes Lächeln bekannt ist. Es ist das erste Mal seit der Veröffentlichung dieses jährlichen Berichts im Jahr 2012, dass die USA nicht zu den 20 glücklichsten Ländern der Welt gehören.

Was also zieht die US-Bürger in ihrer Zufriedenheit dermaßen nach unten? Der naheliegendste Indikator ist vielleicht die Wirtschaft, von der zahllose Menschen im Stich gelassen wurden, während die Reichen des Landes immer reicher wurden. Hinzukommt, dass die Verbraucherpreise für Grundnahrungsmittel weiterhin über dem Niveau vom Januar 2021 liegen, dem Monat, in dem Präsident Joe Biden sein Amt antrat. Die Preise für Hühnchen sind um 26 Prozent gestiegen, Brot um 30 Prozent, Zucker um 44 Prozent und Butter um 27 Prozent. Diese Preise mögen zwar noch viele Verbraucher in die Supermärkte locken, aber ein einfacher Besuch einer Gaststätte ist für viele zu einem seltenen Luxus geworden, weil unzählige Verbraucher finanziell angeschlagen sind. Unterdessen sind die Wohnungsmieten im selben Zeitraum um satte 20 Prozent gestiegen.

Der Westen will stark aufrüsten – aber woher soll das Geld kommen?

Der Westen will stark aufrüsten – aber woher soll das Geld kommen?

Analyse Der Westen will stark aufrüsten – aber woher soll das Geld kommen?

Inmitten dieser regelmäßigen Schocks an den Supermarktkassen des Landes haben die US-Amerikaner zudem eine tiefe Skepsis gegenüber dem politischen System entwickelt. Eine umfassende Umfrage des Pew Research Center ergab ein hohes Maß an Unzufriedenheit in der Bevölkerung mit der Regierung, mit der Demokratischen und der Republikanischen Partei sowie mit den Kandidaten für das Amt des Präsidenten des Landes.

Laut den Ergebnissen der Umfrage gaben lediglich vier Prozent der Befragten an, dass das politische System der USA gut oder sehr gut funktioniert. 23 Prozent waren der Meinung, dass dieses politische System einigermaßen gut funktioniert. Ungefähr sechs von zehn Befragten – also rund 63 Prozent – äußerten, kein allzu großes oder gar kein Vertrauen in das politische System der USA zu haben. Ein wachsender Anteil der US-Bürger bringt eine Verachtung für beide politische Parteien zum Ausdruck. Fast drei von zehn Befragten – 28 Prozent – äußerten eine negative Meinung zu beiden Parteien. Das ist der höchste Wert seit drei Jahrzehnten, in denen das Pew Research Center solche Umfragen durchgeführt hat. Ein Anteil von 25 Prozent der Befragten fühlt sich von keiner der beiden Parteien gut vertreten.

Während das Vertrauen in die jeweilige US-Regierung in den vergangenen zwei Jahrzehnten weitgehend auf historischen Tiefstständen verharrte, erreicht das Vertrauen heute die niedrigsten Werte seit fast sieben Jahrzehnten. Drei Jahre nach den Protesten vom 6. Januar 2021 vor dem US-Kapitol glauben immer mehr US-Bürger, dass ihr Land auf eine politische Implosion zusteuert. Laut einer im vergangenen Januar veröffentlichten Umfrage, die von CBS und YouGov durchgeführt wurde, erwarten 49 Prozent der Befragten irgendeine Form von Gewalt in zukünftigen politischen Auseinandersetzungen – wie beispielsweise zwischen Donald Trump und Joe Biden, wenn sie am kommenden 4. November die Klingen kreuzen werden. Demgegenüber stimmten satte 70 Prozent der Aussage zu, dass die US-amerikanische Demokratie bedroht ist.

USA: Vorschlag zur weiteren Unterstützung der Ukraine wälzt Risiko auf EU ab

USA: Vorschlag zur weiteren Unterstützung der Ukraine wälzt Risiko auf EU ab

USA: Vorschlag zur weiteren Unterstützung der Ukraine wälzt Risiko auf EU ab

Seit der Zeit des Amerikanischen Bürgerkriegs hat das Volk der USA keine so tiefe politische Spaltung erlebt. Und es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis die blauen und die grauen Uniformen wieder in Mode kommen – wenn auch wegen völlig anderer Ursachen als damals. Sowohl die Demokraten als auch die Republikaner sind in ihren eigenen eisernen Echokammern gefangen, in denen sie ihre politischen Gegner auf der anderen Seite nicht mehr hören können. Dieser Mangel an nationalem Dialog, der durch offenkundig “liberale” Medien noch verschärft wird, war der Auslöser des sogenannten Aufstands vom 6. Januar 2021. Und es könnte ohne Weiteres ein neuer Ausbruch von Gewalt bevorstehen.

Das Gefühl der Einsamkeit scheint eine weitere Belastung für die US-Bürger zu sein. Im Mai 2023 bezeichnete der oberste Sanitätsinspekteur der USA, General Vivek Murthy, Einsamkeit als eine “Epidemie, die eine Bedrohung der öffentlichen Gesundheit darstellt”. Eine monatlich stattfindende Umfrage des Psychiatrie-Verbands der USA hat ergeben, dass Anfang 2024 rund 30 Prozent der Erwachsenen im vergangenen Jahr mindestens einmal pro Woche das Gefühl von Einsamkeit verspürt haben, während 10 Prozent angaben, dass sie ständig einsam sind.

Etwas überraschend in dieser jüngsten Umfrage ist, dass vornehmlich jüngere Menschen Gefühle der Einsamkeit verspüren: 30 Prozent der US-Bürger im Alter von 18 bis 34 Jahren gaben an, dass sie “jeden Tag oder mehrmals in der Woche Einsamkeit verspüren”. Bei alleinstehenden Erwachsenen ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie Einsamkeit verspüren, fast doppelt so hoch wie bei verheirateten Erwachsenen: 39 Prozent gegenüber 22 Prozent.

Unterdessen berichten die Zentren für Krankheitskontrolle und Prävention, dass etwa jeder zehnte US-Bürger ab dem Alter von zwölf Jahren Medikamente gegen Depression einnimmt. Mehr als 60 Prozent der US-Bürger, die diese Medikamente konsumieren, nehmen diese bereits seit zwei Jahren oder noch länger ein, während 14 Prozent solche Medikamente seit mindestens zehn Jahren oder noch länger einnehmen.

Was hat die Bevölkerung der USA in eine dermaßen große und breite Verzweiflung getrieben? Unnötig zu erwähnen, dass die galoppierende Inflation ein tiefes Misstrauen gegenüber der Politik und den Konzernen hervorgerufen hat, die, wie es aussieht, nur darauf aus sind, die machtlosen Verbraucher auszuplündern. Diese Entfremdung der Bürger von den Eliten, zusammen mit dem Gefühl der Einsamkeit, ausgelöst durch eine tief gespaltene Gesellschaft, die sich zunehmend nur noch online trifft, hat zu einem psychischen Notfall geführt.

Wie könnte die Bevölkerung der USA also damit beginnen, die zunehmend kaputte Gesellschaft wieder in Ordnung zu bringen? Es scheint, dass die einzige Antwort darin besteht, die Mauern einzureißen, durch die alle Teile der Gesellschaft getrennt werden. Erst dann kann ein echter nationaler Dialog beginnen.

Und welche sind die Länder, in denen die Menschen am glücklichsten sind? Laut dem Bericht über die weltweite Zufriedenheit liegen die meisten der zehn glücklichsten Länder vor allem in Ländern der nördlichen Hemisphäre: Finnland, Dänemark, Island, Schweden, die Niederlande, Norwegen, Luxemburg, die Schweiz und Australien.

Übersetzt aus dem Englischen.

Robert Bridge ist ein US-amerikanischer Schriftsteller und Journalist. Er ist Autor von “Midnight in the American Empire” (“Mitternacht im amerikanischen Imperium: Wie Unternehmen und ihre politischen Diener den amerikanischen Traum zerstören”). Man kann ihm auf X unter @Robert_Bridge folgen.

Source

Leave a Reply

Back to top button