Herausgeber Stefan Aust: Virologen der No-COVID-Strategie “in Wirklichkeit Quacksalber”
Wie also nun aktuell in der chinesischen Millionenmetropole? Bei den Erstunterzeichnern findet man unter anderem den Journalisten der ARD Georg Restle, die Spiegel -Kolumnistin Margarete Stokowski, die Klimaaktivistin Luisa Neubauer und die Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl. Herr Restle ist Redaktionsleiter des Polit-Magazins Monitor bei der ARD . Sein einziger Themenschwerpunkt ist derzeit die Ukraine. Frau Stokowski leidet aktuell unter Long COVID. Zu Schanghai findet sich kein Wort von ihr, aber ein Statement zum Ende der Maskenpflicht. Sie ließ ihre Twitter-Follower wissen: “Jesus Christus, die Pandemie soll endlich zu Ende gehen, bitte allein schon damit dieses eklige Genre ‘ich prahle mit meiner als Lebensfreude getarnten Ignoranz’ endlich stirbt.” Luisa Neubauer erläuterte im Interview dieser Tage: “Wir haben kein Erkenntnisproblem, wir haben kein Wissensproblem, kein Informationsproblem, wir haben ein Problem mit der politischen Ignoranz, des fehlenden politischen Willens.” Bezog sie es auf das Leid in Schanghai? Nein, die Äußerung bezog sich auf den aktuellen Bericht des Weltklimarats.
Der Holländer Jaap Grolleman lebt aus beruflichen Gründen – in den Bereichen Blogging, soziale Medien und Design – derzeit in Schanghai. Sein persönlicher Blog informiert über sein aktuelles Leben unter den radikalen Maßnahmen der Politik. Hier Auszüge aus seinem letzten Blog-Eintrag vom 9. April:
“Wir sind jetzt am neunten Tag unserer Abriegelung und haben das Haus nur für ein paar Minuten für vier PCR-Tests verlassen – und einmal, weil der Wachmann unseres Geländes, anders als bei anderen Lieferungen, sich weigerte, das von mir bestellte Wasser zu unserer Tür zu bringen, weil es zu schwer sei. (Ja, ich habe sechzig Liter gekauft, nicht nur für uns.) …
Der neunte Tag, aber wir haben Glück – einige Leute sind jetzt schon seit über einem Monat drinnen. Wir können unsere Rezepte nicht frei wählen, weil die Lebensmittellieferungen wirklich schwierig sind, aber wir haben Glück – einige Leute sind wirklich nur auf Instantnudeln angewiesen oder haben keine Medikamente mehr. Die Stadt schickt zwar Rationen, aber wir haben in neun Tagen nur einmal ein kleines Paket mit Gemüse bekommen. Und es geht nicht nur um Lebensmittel. Die Eltern können die Hausaufgaben ihrer Kinder nicht ausdrucken, weil die Tinte im Drucker ausgegangen ist, den Menschen geht das Speiseöl aus oder die Windeln, Binden oder das Toilettenpapier. Sie waschen ihre Wäsche von Hand, weil ihnen die Flüssigseife ausgegangen ist. …
Wir arbeiten von zu Hause aus, aber auch hier haben wir Glück – viele Menschen können (aufgrund der Art ihrer Arbeit) nicht arbeiten und müssen mit ansehen, wie ihr Bankkonto auf null sinkt oder ihr eigenes Unternehmen in Konkurs geht.
Vielleicht war es immer unter der Oberfläche. Baoans (Wachleute von Wohnanlagen, vom chinesischen Wort 保安 ) sind nicht die Freunde, für die wir sie hielten, und es kursieren Videos, in denen sie Hunde von positiv getesteten Besitzern erschlagen oder Bürger über ein Mikrofon einschüchtern, obwohl sie direkt neben ihnen stehen.
Es ist nicht so, dass sich die Baoans verändert hätten. Die Baoans haben schon immer Regeln und Anordnungen bis ins Kleingedruckte befolgt, und jetzt haben sich diese Anordnungen geändert – und es ist offensichtlich, dass sie immer noch keinen Zentimeter Flexibilität bieten können. Früher waren die Baoaner ein bisschen dumm, aber immer freundlich. Mit der Abriegelung der Stadt haben sie plötzlich das Sagen, sind nicht mehr freundlich, aber immer noch halbherzig. …
Die Menschen finden heraus, dass die staatlichen Medien nicht dazu da sind, genaue Nachrichten zu verbreiten, sondern nur dazu, die Realität so zu verdrehen, dass sie den Mächten von oben passt. …
Ich fürchte mich nicht vor Covid, aber ich fürchte mich vor einem positiven Test und den anschließenden unmenschlichen Quarantänestationen, in denen man zwei Wochen lang eine Toilette mit Hunderten von anderen teilen muss, ohne Dusche und ohne Privatsphäre.”
In dem längeren Blog-Eintrag erfährt man noch mehr persönliche Eindrücke aus dem Leben in Schanghai. Es finden sich auch Bilder zu dem Text. Sie geben einen individuellen, kleinen Einblick in die tägliche Strategie des Daseins in einem vollkommen kontrollierten Leben. Was passiert jedoch mit denen, die keine freundlichen Nachbarn haben, die unbekannt vor sich hin leiden? Menschen, die in einem Neubaugebiet mit Hochhausblöcken wohnen, in der Anonymität ausharren, vor sich hinvegetieren. Es existieren Videos von dokumentierten Suiziden, dem Selbstmord als letzte Verzweiflungstat. Menschen, die in ihrer Verzweiflung von Hochhausbalkonen oder -dächern springen. Die Videos zum Umgang mit den Kindern in Schanghai reichen nicht für den ansonsten zügigen “Empörungseffekt”? Ist womöglich ein #StandwithShanghai-Konzert in Planung, wo Peter Maffay Tabaluga aufführt und Marius Müller-Westernhagen final sein Verständnis von individueller Freiheit kundtut?
Warum schweigen so viele Menschenrechtler, Corona-Fraktionen und Politiker zu den bestürzenden Ereignissen in Schanghai?
“Wie aus Chatgruppen in sozialen Medien hervorgeht, wird auch in anderen Städten der Volksrepublik befürchtet, dass es zu rigiden Lockdowns kommen könnte. In der 18-Millionen-Einwohner-Stadt Guangzhou planen die Behörden Massentests, nachdem einige Fälle gemeldet wurden”, so Informationen des ZDF . Die westliche Welt hat anscheinend bei dem Thema Schanghai andere Sorgen, nämlich nur um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Ereignisse in China. Der Hafen von Schanghai, der sich an der Ostküste des Riesenreiches befindet, ist der gegenwärtig mit Abstand größte Hafen der Welt. Die FAZ informiert am 12. April ihre Leser:
“Zusätzlichen Druck erfährt die Weltwirtschaft durch die Null-Covid-Politik Chinas. Von den 100 größten Städten des Landes sind nach einer Erhebung des Pekinger Analysehauses Gavekal gerade mal 13 Städte frei von Restriktionen, mit denen Einwohner aufgrund der steigenden Ansteckungszahlen mit der Virusvariante Omikron zuhause gehalten werden sollen. Die betroffenen Städte und Regionen zeichnen für 54 Prozent der chinesischen Wirtschaftsleistung verantwortlich.”
Wirtschaftsleistung versus Menschenleid. Es wird sich zeitnah zeigen, ob die deutsche Medienlandschaft wie auch Großteile der Gesellschaft weiterhin nicht nachvollziehbar ihre Augen vor den dystopischen Maßnahmen und Zuständen in China verschließen.
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