US-Ökonom Sachs zu Nord Stream: Wette, dass dies eine Aktion der USA war
Gleichermaßen wird Moskau gegenüber seinen Verbündeten eine wohlwollende Ruhe bewahren, wenn seine neuen Grenzen nicht in irgendeiner offiziellen Form anerkannt werden. Für uns ist es wichtig, dass sie de facto anerkannt werden. Das heißt, dass sie nicht von fremden Truppen angerührt werden, und die De-jure-Anerkennung kann warten.
Die Erwartungen Russlands an das Verhalten seiner Partner laufen auf das Verbot der Einmischung und der Unterstützung seiner Feinde in Kiew oder Washington hinaus. Dabei sind sie nicht verpflichtet, sich auf Probleme (z. B. US-Sanktionen) einzulassen, nur weil wir ein gewisses Maß an externem Respekt benötigen. Russland ist seiner eigenen Stärke durchaus sicher.
Der gegenwärtige Prozess der Neugestaltung der Grenzen liegt im besonderen nationalen Interesse Russlands. Dieses ist so besonders und so national, dass es einfach niemanden hat, mit dem es die Kosten für seine Sicherung teilen kann, was jedoch auch nicht nötig ist, denn diese Umgestaltung wird höchstwahrscheinlich nicht die letzte sein.
Eine solche Ausrede könnte wie eine Selbstrechtfertigung des Fuchses [aus der Fabel] von Krylow wirken: Kaum kam er an die Trauben, erklärte er sie für zu grün. Es macht keinen Sinn zu bestreiten, dass die offizielle Anerkennung von – beispielsweise – Cherson als Teil Russlands die Barrieren für ausländische Investitionen in dieser Region beseitigen wird. Aber bevor dies geschieht (und es wird irgendwann in der Zukunft geschehen), müssen wir das aktuellere und globale Problem der Ukraine lösen, deren Führung immer noch beabsichtigt, diese Gebiete mit militärischen Mitteln zurückzuholen.
Davon, wie schnell, effizient und zuverlässig es gelöst wird, hängt von der Anerkennung der neuen Grenzen durch Drittländer ab – nicht durch den Westen, sondern durch den Osten. Man wird diese Grenzen zunächst behaupten müssen, aber im Osten versteht man es zu warten.
In diesem Zusammenhang stellt sich eine weitere Frage: Wozu bedurfte es dann überhaupt Volksabstimmungen, die in einer Reihe von Bevölkerungszentren unter Kriegsbedingungen durchgeführt werden mussten? Weshalb war es nötig, zusätzliche Risiken zu schaffen, wenn selbst in den Dokumenten der Verbündeten diese Gebiete auf unbestimmte Zeit Teil der Ukraine bleiben werden? Schon jetzt ist alles klar – ohne Bürokratie und Augenwischerei.
Die Antwort ist ebenfalls sehr einfach – und es liegt nicht daran, dass der amtierende russische Präsident ein Jurist ist (obwohl auch das stimmt).
Diese Referenden wurden weder für die USA noch für die Ukraine, China oder Serbien abgehalten. Sie sind aber auch keine Formalität, die manche für obligatorisch erachten (was nicht der Fall ist; im Kosovo gab es zum Beispiel kein Referendum).
Föderationsrat ratifiziert Beitrittsverträge für Donbass, Cherson und Saporoschje
Diese Geschichte handelt überhaupt nicht von externen Beobachtern, sondern einzig und allein von uns – den “alten” und “neuen” Russen.
Es ist ein Gespräch mit unseren neuen Landsleuten über unsere gemeinsame Zukunft. Hier geht es um den integralen Aufbau eines Landes auf der Grundlage eines Vertrages, nicht um eine Forderung, Teil dieses Landes zu werden. In der Tat, starke Imperien, einschließlich des amerikanischen Imperiums mit seiner Hauptstadt Washington, erlauben sich Derartiges oft – und zerfallen danach unverbindlich. Der Donbass, Saporoschje und Cherson sind jedoch keine Kolonien – sie sind Teil des historischen Russlands und werden von Menschen bewohnt, die man hier bereits früher für Landsleute gehalten hat.
In vielerlei Hinsicht sind sie es immer noch, wovon nicht nur die russische Sprache zeugt, sondern auch die russische (nicht ukrainische) Wahrnehmung der gemeinsamen Geschichte, deren Helden Peter der Große und Schukow sind, nicht Masepa und Bandera. Allerdings sollten wir uns auch nichts vormachen: Mehr als 30 Jahre des Lebens in verschiedenen Staaten mit unterschiedlichen Medien und unterschiedlichen Lehrplänen tragen dazu bei, dass Unterschiede entstehen.
Ein Zusammenraufen unter starkem, auch militärischem Druck von außen steht uns noch bevor, und das Plebiszit ist ein Prolog zur Wiederaufnahme des allgemeinen Flusses der Geschichte.
Wie lange dieser andauern wird und ob er wieder durchbrochen werden kann, hängt nur geringfügig von der Akzeptanz der Form unserer Beziehungen durch andere Länder ab. Sondern vor allem – von uns selbst.
Source