Meinung
Es ist wieder Pride Month: Ist es nicht an der Zeit, auch Heteros zu ehren?
Aber sie nimmt diese Entmachtung durch die Linse der Belästigung wahr. Belästigung, schreibt sie, ist ein bedeutendes Thema in der heutigen Social-Media-Landschaft. Wenn man von jemandem niedergeschrien wird, der sich über den IQ, das Aussehen oder die Tatsache lustig macht, dass man 3 Gallonen Wasser pro Tag in sich hineingießt, und man diese Person nicht gleich am Bildschirm ohrfeigen kann, dann wird es verständlich, warum man sich unter Umständen “entmachtet” fühlt.
Die etablierten Medien zitieren häufig den Begriff “GamerGate”, der jene soziale Bewegung der wütenden Gamer-Nerds im Internet beschreibt – hauptsächlich weiße, christliche Männer –, die sich ermächtigt genug fühlen, jeden zu belästigen, der ihnen das Gefühl gibt, klein oder entfremdet zu sein und wie die “Racheengel der Nerds des 21. Jahrhunderts” auftreten. Und Unternehmen wie Twitter, so argumentieren sie weiter, würden diese jungen Männer nicht ernst genug nehmen, um etwas gegen sie zu unternehmen.
Für diejenigen, die es nicht wissen, “GamerGate” war die Anti-Establishment-Bewegung, die von Gamern, als Reaktion auf die woke Gentrifizierung in Videospielen, im Jahr 2014 ins Leben gerufen wurde. Aus der Anschuldigung gegen eine feministische Entwicklerin von Computerspielen, sie habe von Vetternwirtschaft profitiert, entwickelte sich ein Kulturkrieg rund um die Computerspiel-Branche. Der Begriff “GamerGate” wird in der liberalen Gaming-Presse als Synonym verwendet für “männlicher, rassistischer Asozialer, der damit droht, Frauen in der Computerspiel-Industrie zu vergewaltigen und zu töten.”
Aktuell wird der Begriff “GamerGate” häufiger von Journalisten zitiert als von jenen, die damals daran beteiligt waren. Eine einfache Google-Suche offenbart allein im vergangenen Monat nicht weniger als ein Dutzend Verweise auf “GamerGate” – allesamt im Zusammenhang mit der Schießerei in Buffalo, der geplanten Übernahme von Twitter durch Elon Musk oder den Forderungen nach einer tiefer greifenden Zensur und dem Ende der Meinungsfreiheit.
Tatsache ist, dass “GamerGate” ein Symptom der kulturellen Hegemonie war, die vom Silicon Valley ausging. Es war eine Reaktion gegen das Establishment. Und Elon Musk, der vor Kurzem den Aufkauf von Twitter ankündigte, ist zum Avatar all jener Entmachteten geworden, die sich jetzt gegen das Establishment wehren. Und die Existenz dieses Anti-Establishments zeigt uns etwas auf, das die Tech-Journalistin Taylor Lorenz und ihre Kollegen gerne ignorieren. Heute durchdringt linkes Denken den Mainstream, zum Teil wegen der enormen Menge an kulturellem Kapital, das Technologen neben ihrem Reichtum anhäufen und weltweit exportieren. Viele dieser techno-liberalen Ideen sind eindeutig anti-männlich und in gewissem Maße anti-weiß.
Man schaue sich zum Beispiel den “Contributor Covenant” (zu deutsch etwa: Verhaltenskodex für Mitwirkende) der Transgender-Feministin Coraline Ada Ehmke an – eine kodifizierte Reihe von Geboten und Verboten für einen integrativen – sprich: “woken” – Arbeitsplatz, der im Silicon Valley weit verbreitet ist. Die Autorin dieses Verhaltenskodex war auch Co-Autorin des “Post-Meritocracy Manifesto” (Manifest für die Zeit nach der Meritokratie), einem Versprechen, Prinzipien aufzuheben, die “hauptsächlich denen mit Privilegien zugute kommen, unter Ausschluss von unterrepräsentierten Menschen im Technologie-Bereich.”
Meinung
Der Zauberberg Zuckerbergs: Muss das Metaversum sein?
Der Kampf gegen die “weiße Vorherrschaft”, der vielleicht in den 1940er bis 1990er Jahren seine Berechtigung hatte, ist ein alterndes und mittlerweile veraltetes Paradigma, das nur dazu dient, dem Gewebe der Gesellschaft in der Gegenwart Schaden zuzufügen. Der Liberalismus im Silicon Valley ist jedoch besessen von unveränderlichen Merkmalen wie Rasse, Geschlecht und sexueller Orientierung. Und durch diese politische Ausrichtung entschied sich Big Tech dafür, weiße Männer zu entrechten.
Diese Rhetorik – paradoxerweise gefördert von weißen Männern innerhalb von Big Tech, die sich bei ihren Genossen beweisen wollen – fördert ein System, das Identität über Leistung stellt. Dies wiederum hat dazu geführt, dass junge Männer sich um ihre Identität herum versammelt haben und versuchen, an den falschen Orten Ermächtigung zu finden – wie zum Beispiel in der Incel-Subkultur oder auf Discord-Servern der weißen Vorherrschaft, wo sie in der gemeinsamen Opferrolle gegenseitigen Trost finden. Es fällt schwer, ihnen die Schuld zu geben, wenn gleichzeitig Medien und Big Tech uns stetig mit Botschaften bombardieren, die bestimmte unveränderliche Eigenschaften der eigenen Identität verunglimpfen. Man kann sich als Weißer zwar in der Sonne bräunen, man wird dadurch aber nicht zu einem Schwarzen.
So schwer es auch zu schlucken ist, es ist nicht ganz die Schuld dieser “entmachteten” Männer, die versuchen, ihren Platz in der Gesellschaft zurückzugewinnen – unter denen es viele gibt, die tatsächlich die weiße Vorherrschaft anstreben und gegen Gleichberechtigung sind, wenn auch nur aus Rache. Es ist auch nicht ausdrücklich die Schuld von Linken oder Aktivisten für soziale Gerechtigkeit, dass sich jemand entmachtet fühlt. Und es ist einfach nicht produktiv, ihnen allein die Schuld zuzuschieben.
Big Tech will einen großen Eindruck machen – aber nur für eine kleine Minderheit
Es herrscht ein Kulturkrieg, der im Schatten von Big Tech stattfindet, und der sich trotz all seiner Anbiederung an die “Vielfalt” weigerte, Partei für eine Seite zu ergreifen, bis dieser Kulturkrieg sich auf seine Fundamente auswirkte. Und angesichts der Tatsache, dass die Interessenvertreter und Investoren von Big Tech demselben Reichtum an der Westküste entstammen wie die Ingenieure, die diese Plattformen entworfen haben, ist es nicht verwunderlich, dass sie sich gegen die Werte des Anti-Establishments stellen.
Meinung
Das Internet als Forum für alle: Big Tech hat es in ein Gefängnis verwandelt
Wir müssen uns darüber im Klaren sein, wie Big Tech, das jederzeit bereit ist, seine Tentakel über jeden Aspekt unseres Lebens auszubreiten, unsere Interaktionen mit anderen in den sozialen Medien steuert. Während Big Tech alle Formen von Bigotterie verurteilt und mit der Fähigkeit prahlt, Menschen zu “ermächtigen”, sich Gehör zu verschaffen, spielt es heimlich die Kontrolle darüber, wo und wie diese “Ermächtigung” stattfindet, in die Hände der Elite. Und die Eliten lieben es – sie verdienen viel Geld damit.
Plattformen wie Facebook, TikTok, Instagram und Twitter bewaffnen unseren sehr menschlichen Wunsch sich auszudrücken, als eine Geste, mit der Menschen das Gefühl gegeben wird, “ermächtigt” zu sein. Und sie profitieren gleichzeitig vom viralen Potenzial der Zensurkultur und der allgemeinen Debatte. Aber letztendlich ist diese Geste nur eine Illusion, um uns in unserer Wut auf unsere politischen und ideologischen Gegner abzulenken.
Trotz all der Tugendsignale nährt sich Big Tech immer noch von totalitären Interessen, politischem Lobbyismus und aus Interessengruppen. Und es verkauft Daten seiner Nutzer an nicht so demokratische Regierungen auf der ganzen Welt – einschließlich die US-Regierung.
Wir schlafwandeln, sind naiv und sind uns der Umzingelung von Big Tech nicht bewusst. Die Medien wollen, dass wir unsere Wut auf “entmachtete” weiße Männer oder auf Ausdrucksformen der Gegenkultur richten – währenddessen werden wir von den unzähligen Fangarmen des Silicon Valley erwürgt und werden zu Sklaven einer technologischen Gesellschaft, die anstelle der erhofften technologischen Utopie entstanden ist.
Ian Miles Cheong
ist ein Politik- und Kulturkommentator. Seine Arbeiten wurden in The Rebel, Penthouse, Human Events und The Post Millennial veröffentlicht. Man kann Ian auf Twitter unter @stillgray und auf Telegram @CultureWarRoom folgen.
Source