“Fremdenfeindlichkeit”: Moskau verurteilt Entzug der Aufenthaltsgenehmigung für Russen
Der kollektive Westen hat in einem vergeblichen Versuch, den russischen Vormarsch auf dem Schlachtfeld zu stoppen, einen großen Teil seiner Waffenlager geleert. Dabei kämpft Russland mit einer 200.000 Mann starken Berufsarmee gegen ein um ein vielfach größeres ukrainisches Heer, das schon seine sechste Welle der Mobilisierung erlebt hat. Die Drei-zu-Eins-Kriegsregel besagt, dass der Angreifer mindestens dreimal so stark sein muss wie der Verteidiger, damit er die Schlacht gewinnen kann. In der Ukraine stand dieses Verhältnis mit eins zu drei zugunsten der Ukraine, während Russland seine zwei Millionen Reservesoldaten und viele seiner modernsten Waffen noch in den Kasernen belässt, für den Fall, dass die NATO direkt in den Krieg eingreifen sollte.
Der kollektive Westen hat beispiellose Wirtschaftssanktionen mit der ausdrücklichen Erwartung verhängt, dass die russische Wirtschaft, das Finanzsystem und die russische Währung sofort zusammenbrechen würden. Das ist nie passiert, und der russische Rubel hat sich dieses Jahr als bisher robusteste Währung erwiesen. Die Sanktionen sind so spektakulär nach hinten losgegangen, dass der Westen sein eigenes Haus in Brand gesteckt hat, in der Hoffnung, dass es auf Moskau übergreifen würde.
Auch der Versuch, die internationale Gemeinschaft gegen Russland zu mobilisieren, ist gescheitert, weil 85 Prozent der Weltbevölkerung in Ländern lebt, die sich weigern, sich an Sanktionen zu beteiligen – trotz dem Druck und den Drohungen der USA. Sogar der Papst wies als Quelle des Krieges auf die aggressive Expansion der NATO hin.
Die Gefahren des Wunschdenkens
Zu bestreiten, dass Russland eine Großmacht ist, mag sich gut anfühlen, aber wie der chinesische Philosoph Lao-Tse vor mehr als 2.500 Jahren sagte: “Es gibt keine größere Gefahr, als seinen Gegner zu unterschätzen”.
Wunschdenken über russische Schwächen verleitet den kollektiven Westen zur Eskalation, während es für die Diplomatie und für einen Waffenstillstand immer schwieriger und ungünstiger wird. Vor Ende Februar 2014 war es Russlands Politik gegenüber der Ukraine, sie als neutralen Staat, als Brücke zwischen Ost und West, zu bewahren. Nach dem vom Westen unterstützten Regierungsumsturz und der Mithilfe bei der “Antiterroroperation” im Donbass forderte Russland Autonomie für diese Region. Während die USA sieben Jahre lang das Friedensabkommen von Minsk sabotierten, das diese Autonomie vorsah, änderte der Kreml seine Haltung und begann, auf eine Unabhängigkeit des Donbass zu drängen. Als die USA damit begannen, moderne Waffen in die Ukraine zu schicken, mit dem ausdrücklichen Ziel, Russland dauerhaft zu schwächen, weitete Moskau seine territorialen Ansprüche aus, um dieser Bedrohung entgegenzuwirken.
Analyse
Der Versuch, die russische Sprache und Kultur “auszumerzen”, hat das Niveau einer Farce erreicht
Der Köcher der Sanktionen gegen Russland ist leer – und die Sanktionen sind schrecklich nach hinten losgegangen. Es wird jetzt allmählich erkannt, dass die Maßnahmen ein außerordentlicher Fehlschlag waren, mit denen die westlichen Volkswirtschaften an den Rand des Zusammenbruchs getrieben wurden, während Moskau seine wirtschaftliche Konnektivität nach Osten verlagert hat. Russlands wirtschaftliche Abhängigkeit vom Westen war eine Quelle großen Einflusses auf den Kreml, aber dieser Einfluss schwindet, und er kommt nicht wieder zurück.
Der Wunsch, Russland als schwach darzustellen, ist deshalb erforderlich, weil die NATO darauf besteht, dass sie aus einer Position der Stärke heraus mit Russland verhandeln muss. Aber ist das nicht die Ursache des Problems? 30 Jahre lang verhandelte die NATO gegen ein angeblich schwächeres Russland, und das Ergebnis war, dass die von den USA geführte Militärallianz einseitig handeln und russische Sicherheitsinteressen ignorieren konnte. Durch die Aufgabe gesamteuropäischer Sicherheitsvereinbarungen brach auch die gesamteuropäische Sicherheit zusammen. Wir bewegen uns seit 30 Jahren langsam auf einen großen europäischen Krieg zu, und es gibt keine guten Lösungen mehr. Aber ein Ende des Wunschdenkens muss der Anfang sein.
Übersetzt aus dem Englischen.
Glenn Diesen ist Professor an der Universität Südost-Norwegen und Redakteur des Journals “Russia in Global Affairs”. Man kann ihm auf Twitter unter @glenn_diesen folgen.
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