Quelle: AFP © Jung Yeon-je Aktivisten, die sich für die Wiedervereinigung der beiden koreanischen Staaten einsetzen, stellen eine Installation auf, die Züge auf der koreanischen Halbinsel zeigt. Sie die südkoreanische Regierung auf, die innerkoreanischen Eisenbahnlinien miteinander zu verbinden, 19 November 2021.
Von Timur Fomenko
Anfang der vergangenen Woche berichtete die zentrale staatliche Nachrichtenagentur Nordkoreas KCNA , dass der russische Präsident Wladimir Putin Briefe mit dem Obersten Führer Kim Jong-un ausgetauscht habe. Im Bericht hieß es, beide Länder hätten vereinbart, “die umfassenden und konstruktiven bilateralen Beziehungen in gemeinsamen Anstrengungen auszubauen”.
Dieser Vorstoß erfolgte pünktlich zum Jahrestag der koreanischen Unabhängigkeit am 15. August und inmitten von Russlands Suche nach neuen Partnern abseits des Westens. Daraufhin folgten Berichte, dass nordkoreanische Bauarbeiter beim Wiederaufbau der befreiten Gebiete in den Volksrepubliken Donezk und Lugansk helfen könnten, denen Pjöngjang kürzlich die diplomatische Anerkennung ausgesprochen hatte.
Russland und Nordkorea wollen Beziehungen ausbauen
Aber es ist auch ein Hinweis darauf, dass sich die Welt erheblich verändert hat. Noch vor wenigen Jahren waren sowohl Russland als auch China zumindest teilweise bereit, mit den Vereinigten Staaten bei der Verhängung von Sanktionen gegen die Demokratische Volksrepublik Nordkorea (DVRK) zusammenzuarbeiten, damit Pjöngjang seine nuklearen Ambitionen und sein Raketenentwicklungsprogramm eindämmt. Diese Situation besteht aber nicht mehr. Der Ausbruch des Konflikts in der Ukraine, kombiniert mit dem Versuch der USA, den Aufstieg Chinas einzudämmen, bedeutet nun, dass wir uns in einem multipolaren internationalen Umfeld bewegen, in dem mehrere Großmächte um Einfluss konkurrieren.
Dies öffnet den Raum für die Zusammenarbeit bei gemeinsamen Themen, erhöht aber auch den Bedarf an strategischem Denken bei den Konkurrenten. In den Augen Moskaus macht dies sein Kalkül gegenüber Nordkorea noch wichtiger als zuvor, und es zieht Parallelen zur Zeit des Kalten Krieges. Man sollte nicht vergessen, dass es die Sowjetunion gewesen war, die eine Gründung der DVRK überhaupt erst ermöglicht hatte. Nach den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs hatte zwischen den USA und der UdSSR ein strategischer Kampf um den Einfluss in Ostasien und um die ehemaligen Gebiete des kaiserlichen Japan begonnen. Nachdem die Rote Armee in den Süden einmarschiert war, war die Vereinbarung getroffen worden, die Koreanische Halbinsel am 38. Breitengrad zu teilen.
Obwohl das ursprüngliche Abkommen nur darauf abgezielt hatte, diese Teilung vorübergehend zu gestalten, wurde sie aufgrund geopolitischer Spannungen irgendwann zum Dauerzustand, und es entstanden zwei rivalisierende koreanische Staaten: die von den USA unterstützte Republik Korea im Süden und die von der Sowjetunion und China unterstützte Demokratische Volksrepublik Korea im Norden, angeführt vom ehemaligen Hauptmann der Koreanischen Volksarmee und Guerillakämpfer Kim Il-sung, dem Großvater des heutigen Machthabers Kim Jong-un.
Meinung
Chinas Weckruf: Der Versuch, den USA entgegenzukommen, führt zu nichts
Die beiden jungen Nationen zogen 1950 gegeneinander in den Krieg, wiederum unterstützt von den jeweiligen Supermächten. Die aktiven Kämpfe in diesem Konflikt endeten drei Jahre später, aber ein formelles Friedensabkommen wurde bis heute nicht unterzeichnet. Und während sich Koreaner auf beiden Seiten eine Wiedervereinigung wünschen, erinnert das Ausmaß der ausländischen Beteiligung am Krieg der 1950er-Jahre daran, dass die Halbinsel als strategisch wichtige Landmasse angesehen wird, die den Kontinent Eurasien mit den östlichen Meeren verbindet.
Großmächte haben die Halbinsel immer als eine Schachfigur im Spiel betrachtet, Nordostasien zu dominieren. Dies führte zu einem geopolitischen Tauziehen, an dem sich im Laufe der Jahrhunderte die Ming- und die Qing-Dynastien, das Russische Reich, das Kaiserreich Japan, die Vereinigten Staaten, die Volksrepublik China und die Sowjetunion beteiligten.
Aber in den letzten drei Jahrzehnten, seit dem Ende des ursprünglichen Kalten Krieges, fand sich Nordkorea zunehmend isoliert wieder, da China und Russland eine Zeit lang sowohl Verbindungen zum Westen als auch zum viel lukrativeren und wirtschaftlich erfolgreicheren Südkorea suchten. Die unipolare Herrschaft der USA bedeutete, dass Moskau oder Peking wenig Interesse daran hatten, sich dem US-Wunsch zu widersetzen, Pjöngjangs nuklearen Kurs zu bremsen, den das Land als seine letzte Hoffnung für das Überleben des Regimes ansieht.
Aber jetzt zeichnet sich ein neues Paradigma ab, und genau wie in alten Zeiten wird die DVRK erneut als strategisch unverzichtbares Bollwerk gegen die Macht und militärische Hegemonie der USA an Russlands eigener Grenzperipherie und nicht zuletzt auch gegen seine von den USA unterstützten Nachbarn angesehen, wie zum Beispiel Japan.
Analyse
Die US-Operation “g-Un” – Oder: Nordkorea lacht über die USA
In einem solchen Umfeld hat es für Russland keinen Vorteil mehr, mit den USA in der Nordkorea-Frage zusammenzuarbeiten. Das Pferd einer “Denuklearisierung Nordkoreas” ist für Moskau längst über alle Berge geritten. Hingegen ist die Präsenz einer nuklear bewaffneten DVRK mit Interkontinentalraketen ein weiterer Dorn im Auge Washingtons, der, wenn er entfernt würde, die Macht der USA in der Region nur stärken würde.
Als die USA Anfang dieses Jahres im UN-Sicherheitsrat eine weitere Sanktionsresolution gegen Nordkorea forderten, legten sowohl Russland als auch China zum ersten Mal seit über 15 Jahren ihr Veto ein. Es sind die Zeichen an der Wand der Welt, in der wir derzeit leben. Von dieser Position aus, wird Russland wahrscheinlich seine militärischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Nordkorea vertiefen, hauptsächlich wegen des strategischen und politischen Wertes des Landes.
Aus dieser Sicht betrachtet, hat die Geschichte einen Kreis geschlossen. Und während die USA ihre Verbündeten stärken, damit sie Moskau und Peking gegenübertreten können, taucht das Thema “Blockstaaten” wieder am Horizont auf.
Übersetzt aus dem Englischen.
Timur Fomenko ist ein politischer Analyst.
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