Von Pepe Escobar
Was vergangene Woche in Moskau stattfand, war nichts Geringeres als eine Neuauflage der Konferenz von Jalta im Februar 1945 an jenem denkwürdigen Ort, der übrigens auf der Krim liegt. Aber im Gegensatz zu dem bedeutsamen Treffen des US-Präsidenten Franklin Roosevelt und des britischen Premierministers Winston Churchill mit dem sowjetischen Staatsführer Josef Stalin ist dies das erste Mal seit wohl fünf Jahrhunderten, dass heute kein politischer Führer aus dem Westen mehr die globale Agenda bestimmt.
Heute sind es vielmehr der chinesische Staatspräsident Xi Jinping und der russische Staatspräsident Wladimir Putin, die eine multilaterale, multipolare Vorstellung präsentieren. Die westlichen “Herrenmenschen” können ihre Heulsusen-Masche so oft abziehen wie sie wollen: Nichts wird die spektakuläre Optik und die zugrunde liegende Substanz ändern für diese sich entwickelnde neue Weltordnung, insbesondere für den globalen Süden.
Was Xi und Putin vorhaben, wurde vor ihrem Gipfel ausführlich in zwei von den Präsidenten selbst verfassten Kommentaren erläutert. Als ein perfektes russisches Ballett beschrieb People’s Daily in China die Vision Putins und konzentrierte sich dabei auf eine “zukunftsorientierte Partnerschaft”, während die Vision von Xi in der Russian Gazette und auf der Website von RIA Nowosti veröffentlicht wurde wobei man sich auf ein neues Kapitel der Zusammenarbeit und der gemeinsame Entwicklung fokussierte.
Gleich zu Beginn des Gipfels trieben die Reden von Xi und Putin die Meute in der NATO in eine hysterische Raserei aus Wut und Neid: Die Sprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa traf die Stimmung perfekt, als sie anmerkte, dass der Westen “Schaum vor dem Mund hat”. Die Titelseite dieser Russian Gazette vom Montag ist ein perfektes Sinnbild: Putins besucht das von den Neonazihorden befreite Mariupol und unterhält sich mit Einwohnern, während in derselben Ausgabe die Vision von Xi Jinping abgedruckt wurde. Das war Moskaus komprimierte, trockene Antwort auf Washingtons Kunststückchen mit der MQ-9 Reaper-Drohne und an den Scherzbold vom Känguru-Gericht des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH). Habt nur “Schaum vor dem Mund” so viel ihr wollt – die NATO wird in der Ukraine gründlich gedemütigt.
Bei ihrem ersten “informellen Treffen” unterhielten sich Xi und Putin nicht weniger als viereinhalb Stunden. Am Ende begleitete Putin persönlich den chinesischen Staatschef zu dessen Limousine. Dieses Gespräch behandelte das eigentliche Kernthema des Treffens: das Umreißen der Grundzüge von Multipolarität – die mit einer Lösung für die Ukraine beginnt.
Wie vorherzusehen war, gab es nur sehr wenige Lecks aus dem Umfeld des Treffens, bis auf ein ziemlich bedeutendes Leck zu ihrem “eingehenden Austausch” über die Ukraine. Putin betonte höflich, dass er Chinas Position respektiere – die in Pekings 12-Punkte-Plan zur Konfliktlösung ausgedrückt und aus Washington, D.C. vollständig zurückgewiesen worden war. Aber dennoch bleibe die russische Position eisern: Entmilitarisierung der Ukraine, militärische Neutralität der Ukraine und die Verankerung der neuen Realitäten vor Ort. Parallel dazu schloss das russische Außenministerium völlig jedwede Rolle der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands in künftigen Ukraine-Verhandlungen aus: Sie gelten nicht mehr als neutrale Vermittler.