Meinung

Zwei der drei Varianten von “Trumps Ukraine-Plänen” würden Russland passen

Zwei der drei Varianten von "Trumps Ukraine-Plänen" würden Russland passen

Quelle: Gettyimages.ru © Win McNameeDonald Trump

Von Geworg Mirsajan

Donald Trump hat einen “detaillierten Plan für die Lösung des Ukraine-Konflikts”, aber der wird geheim gehalten. Es handelt sich um eine Reihe von Maßnahmen, die – wenn man dem ehemaligen US-Präsidenten glauben will – den Konflikt sehr schnell beenden werden, falls er nach den US-Präsidentschaftswahlen im November ins Weiße Haus zurückkehren kann.

Eine Quelle der britischen Zeitung The Daily Telegraph sagte:

“Trump wird jetzt nicht im Fernsehen darüber sprechen, denn wenn er das tut, verliert er die Möglichkeit, die Situation zu beeinflussen.”

Nun fragen sich Experten und Journalisten in aller Welt, was es mit diesem Plan auf sich hat. All ihre Vermutungen laufen auf drei Optionen hinaus.

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Die erste Option wäre, Druck auf Russland auszuüben. Trump hatte früher gesagt, er könne dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ein Angebot machen und im Falle einer Ablehnung die Unterstützung für das Kiewer Regime vervielfachen. Das hieße, eine starke Eskalation des Konflikts anzustreben, was die US-Regierung unter Joe Biden bis jetzt ablehnt – bis hin zum Einsatz von US-Truppen in der Ukraine. Und das alles nur, um Moskau zum “Einfrieren” zu zwingen.

Dmitri Suslow, der stellvertretende Direktor des Zentrums für komplexe europäische und internationale Studien an der Nationalen Forschungsuniversität “Hochschule für Wirtschaft”, sagte in diesem Zusammenhang in einem Interview mit der Zeitung Wsgljad:

“Trump könnte daran interessiert sein, den Konflikt entlang der derzeitigen Linie der faktischen territorialen Kontrolle einzufrieren. Gleichzeitig verwandelt sich der Rest der Ukraine im Grunde in ein Land der Anti-Russland-Anhänger – voll auf Steroiden. Die russischen Bedingungen (nämlich Entmilitarisierung, Reduzierung der Streitkräfte, Verbot der militärischen Zusammenarbeit mit dem Westen) sind nirgends zu finden und werden nicht erfüllt.”

Es scheint, dass dies ein typisches Trump-Szenario ist. Auf genau dieselbe Weise hat er – durch scharfe Eskalation – mit Nordkorea gewisse Kompromisse erreicht. Aber bei Nordkorea hat der Plan funktioniert, weil er neu war: Pjöngjang war daran gewöhnt, dass es die Vereinigten Staaten es entweder ignorieren oder sich weniger aggressiv verhalten. Da Russland hingegen seit zwei Jahren nicht nur mit Drohungen, sondern auch mit Terroranschlägen konfrontiert ist, hat es keine besondere Angst vor einer Eskalation. Außerdem sprechen wir jetzt von einer existenziellen Krise handelt, von deren erfolgreicher Bewältigung die weitere Existenz des Staates abhängt.

Die zweite Option wäre die Kapitulation der Ukraine. Diese Option wird von Trumps Gegnern hervorgehoben, die damit seine Inkompetenz beweisen wollen – und seine Unfähigkeit, die nationalen Interessen der USA zu schützen.

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Im Kern geht es darum, dass die USA einfach aufhören, der Ukraine mit Waffen und Geld helfen. Bei einem Treffen mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán soll Trump gesagt haben, er werde dem Kiewer Regime nach seiner Machtübernahme keinen einzigen Cent mehr geben. Und ohne Geld von den USA wird sich das Kiewer Regime nicht lange halten – und Europa wird ihm nicht helfen.

Denn erstens hat die EU einfach nicht das Geld, um den Wegfall der US-Finanzierung zu ersetzen. Zweitens würde ein Rückzug der USA aus dem ukrainischen Projekt die Position von Orbán und anderen führenden EU-Politikern stärken, die ein Ende des ukrainischen Abenteuers befürworten.

Es scheint, dass diese Option – im Gegensatz zu der Idee, Russland zu erpressen – mit den nationalen Interessen der USA vereinbar ist. Ohnehin haben die USA mit der Ukraine bereits einige Erfolge erzielt: Seit einer Generation herrscht Zwietracht zwischen Russland und der EU, und zudem ist die EU selbst geschwächt worden, was ebenfalls ursprünglich in Washington angestrebt wurde.

Und in jedem Fall wird Moskau die Ressourcen für die Wiederherstellung der neuen Territorien aufwenden müssen, und die Europäer werden mit ihrer Wirtschaftskrise zu kämpfen haben, die sie durch den Konflikt erlitten (und selbst verursacht) haben. Gleichzeitig wird die Kapitulation der Ukraine dazu beitragen, eine der zentralen Aufgaben von Trumps Präsidentschaft zu lösen – die Schwächung der Quasi-Allianz aus Russland, Iran, China und Nordkorea, die der britische Premierminister Rishi Sunak als “neue Achse des Bösen” bezeichnete. Nach Ansicht westlicher Experten ist es am einfachsten, Russland aus dieser Struktur herauszulösen.

Das heißt, Trump könnte anbieten, die Ukraine gegen eine Abkühlung der Beziehungen zwischen Moskaus zu Teheran und Peking einzutauschen. Oder er bietet gar nichts an: Wenn das Ende des Konflikts durch die Weigerung der USA ergänzt wird, sich in russische Angelegenheiten im postsowjetischen Raum einzumischen, wird die allmähliche Stabilisierung der russisch-westlichen Kontakte Moskau zu einem Neubeginn bringen, um wieder ein Gleichgewicht zwischen Ost und West herzustellen.

Die Kehrseite dieses Plans für die USA sind die strategischen Folgen einer Niederlage im Ukraine-Konflikt (und so wird die Situation in der Welt dann auch gesehen). Schließlich geht es um das Ende der US-amerikanischen Vorherrschaft, die Schwächung der von Washington kontrollierten globalen Governance-Institutionen und eine Spaltung der proamerikanischen Allianzen, insbesondere des transatlantischen Bündnisses. Europa wird den einseitigen Rückzug der USA aus dem Konflikt als einen echten Verrat betrachten. Dmitri Suslow ist zuversichtlich:

“Trump wird keine Position einnehmen, die für die USA noch verlustreicher und sozusagen demütigender wäre als Bidens Position.”

Eine dritte Option würde zur Lösung dieses Problems beitragen – nämlich nicht einseitig zu handeln, sondern mit einem ukrainischen Prellbock. US-Beamte auf allen Ebenen sagen, das Ziel ihres Handelns sei die Wahrung der ukrainischen Souveränität und das Kiewer Regime müsse seine territorialen Grenzen selbst bestimmen.

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Mit anderen Worten: Trump könnte versuchen, die Ukraine zu zwingen, ein Abkommen mit Russland über die Anerkennung der neuen russischen Territorien zu unterzeichnen. Danach würde Washington der Entscheidung Kiews offiziell zustimmen und seinen Sieg in Form der Wahrung der Souveränität der Ukraine verkünden.

Das Problem ist, dass es nicht einfach sein wird, die Ukraine dazu zu zwingen. Das Kiewer Regime verfügt tatsächlich noch über ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und stützt sich auf eine große Zahl von “Falken” in den USA und der EU. Die teilen den Standpunkt der Notwendigkeit eines “Krieges mit Russland bis zum letzten Ukrainer”. Daher ist es unwahrscheinlich, dass Wladimir Selenskij Trumps Weisung zur Kapitulation nachkommen, sondern eher versuchen wird, sich auf Großbritannien und Frankreich zu stützen, was den US-Präsidenten zur Rückkehr zu riskanten einseitigen Aktionen zwingen könnte.

Schließlich gibt es doch noch eine vierte Option – und das ist die wahrscheinlichste bei Trump. Sie besteht darin, dass es gar keinen Friedensplan gibt, sondern nur Public-Relations-Getöse des oppositionellen Präsidentschaftskandidaten. Banaler Populismus also, dessen einziges Ziel lautet, die Inkompetenz des derzeitigen US-Präsidenten Biden hervorzuheben.

Wenn wir über die Interessen in Moskau sprechen, ist die zweite Option die beste für Russland. Die dritte und vierte sind auch nicht schlecht: Der Versuch, Selenskij zur Unterzeichnung des Abkommens zu zwingen, wird zumindest zu einer Verschlechterung der Beziehungen zwischen den USA und Kiew führen, weil es Trump nicht mag, wenn von Washington abhängige Länder den USA nicht gehorchen.

Trumps Planlosigkeit wird es Moskau ermöglichen, die militärische Sonderoperation mit der Befreiung neuer Territorien siegreich zu beenden. Und auf dieses Szenario müssen wir uns höchstwahrscheinlich vorbereiten – nicht auf das Szenario “Trump kommt und bringt alles stillschweigend in Ordnung”.

Übersetzt aus dem Russischen und zuerst erschienen bei Wsgljad.

Geworg Mirsajan ist außerordentlicher Professor an der Finanzuniversität der Regierung der Russischen Föderation, Politikwissenschaftler und eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens. Geboren wurde er 1984 in Taschkent. Er machte seinen Abschluss an der Staatlichen Universität in Kuban und promovierte in Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt USA. Er war von 2005 bis 2016 Forscher am Institut für die Vereinigten Staaten und Kanada an der Russischen Akademie der Wissenschaften.

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