Meinung

Alles in Butter: Robert Habeck und die Rettung aus Katar

Alles in Butter: Robert Habeck und die Rettung aus Katar

Quelle: www.globallookpress.com © Kay Nietfeld/dpaEin Nichts zur großen Hoffnung aufgeblasen: Robert Habeck auf der Industriekonferenz seines Ministeriums, 29. November 2022

Von Dagmar Henn

Na, jetzt ist alles in Butter, die Republik ist gerettet und alle Sorgen über Probleme bei der Erdgas- und Stromversorgung erweisen sich doch als böse Russenpropaganda; schließlich gibt es jetzt den neuen Gasliefervertrag mit Katar – ein “Super-Deal”, wie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck gesagt haben soll. Beeindruckende 2 Milliarden Tonnen oder 2,7 Milliarden Kubikmeter, fünfzehn Jahre lang.

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Immerhin, bei den Fans von Außenministerin Baerbock, für die dieser Planet einen Umfang von mehreren hunderttausend Kilometern hat und die Batterien mit Kobolden betreibt, wird diese Nachricht für dauerhafte Beruhigung sorgen. Aber die haben auch zuvor schon geglaubt, dass die deutsche Energieversorgung problemlos mit Wind- und Sonnenenergie gesichert werden könnte. Und dass es sowieso kein Problem gibt mit dem kommenden Winter.

Ganze zwei Milliarden, für ein Land, dessen Bedarf im vergangenen Jahr bei über 90 Milliarden Kubikmetern lag. Gut, wesentlich mehr beziehen auch die Chinesen mit ihrem langfristigen Vertrag über 27 Jahre nicht; die 108 Millionen Tonnen entsprechen dem Doppelten des jetzt bekanntgegebenen Liefervertrags.

Der allerdings nicht mit Deutschland oder einer deutschen Firma, sondern mit dem US- Unternehmen ConocoPhillips geschlossen wurde. Der drittgrößte US-Erdölkonzern war bisher in Deutschland durch die JET-Tankstellen und eine Beteiligung an der Raffinerie in Karlsruhe vertreten; er gehört mit zu dem Konsortium, das das schwimmende LNG-Terminal in Brunsbüttel erstellen will, an dem das katarische Flüssiggas angeliefert werden soll. Was zumindest eine gewisse Sicherheit gibt, dass dieses Flüssiggas nicht anderweitig verkauft wird.

Die Berichterstattung über diesen vermeintlichen Super-Deal ist übrigens unterhaltsam zu lesen. Weil kein Artikel umhin kommt, zu erwähnen, dass diese zwei Millionen Tonnen aus Katar nur drei Prozent des deutschen Bedarfs decken, und das erst 2026 – nach Entladung an einem Terminal, das nicht einmal gebaut ist, aber 2026 fertig sein soll. Habeck hat in seiner Kommunikation anscheinend – das legen diese Artikel nahe – besonders viel Wert auf eine Sache gelegt: Eigentlich wolle Deutschland kein Erdgas, weshalb das mit dem Vertrag über 15 Jahre gut sei, weil man dann ohnehin ganz ohne auskommen wolle.

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Natürlich ändert das ganze Gerede von der angestrebten kohlenstofffreien Wirtschaft nichts am nicht vorhandenen Erdgas dieses, nächstes, übernächstes und überübernächstes Jahr, auch das katarische Tröpfchen auf den heißen Stein nicht. Und selbst ab 2026 steht dieses Tröpfchen nur zur Verfügung, wenn das Terminal rechtzeitig fertig gebaut ist, einschließlich der erforderlichen Verbindungen. Und welches Großprojekt wurde in Deutschland zuletzt pünktlich fertig gebaut? Der Flughafen München war rechtzeitig fertig, aber dessen Eröffnung ist 30 Jahre her, danach kommen so Dinge wie Stuttgart 21, Hamburger Elbphilharmonie, Flughafen Berlin-Brandenburg… Man sollte nicht unbedingt erwarten, dass diese Zeitplanung stimmt.

Und ob der Trost, dann, wenn dieses Terminal fertig sei, gebe es mehr Gas, die vier Winter dazwischen warm hält, ist ebenfalls fraglich. So, wie es durchaus sein könnte, dass die Deutschen nach einem Habeck-Winter doch die Nase voll haben von Klimaklebern und Solidaritätsfrieren. Und dass die ganzen grünen Fantasien über die kohlenstofffreie Wirtschaft entsorgt werden, ehe sie alles ruiniert haben. Es mag aber auch sein, dass die 2 Milliarden Tonnen doch irgendwie Sinn machen, weil das zwar nicht alles Gas ist, das Deutschland bräuchte, aber bei konsequenter Umsetzung Habeckscher Zukunftspläne alles Gas sein könnte, das die deindustrialisierte Republik sich in vier Jahren noch leisten kann.

Übrigens, es wird auch in jedem Bericht erwähnt, dass es noch weitere Lieferanten für Flüssiggas gibt. Australien, Malaysia und Nigeria. Abgesehen von Russland natürlich. Und den USA, die gerne teuer liefern, was in letzter Zeit zu bitteren Klagen geführt hat, ausgerechnet von Habeck, der die Suppe schließlich eingebrockt hat. Auch das sehr unterhaltsam – Klagen aus Westeuropa, dass die USA versuchen, ihren Schnitt zu machen. Das kommt davon, wenn man ernsthaft glaubt, dass die USA Kriege um der Moral willen führen. Sie tun es ums Geld, taten es immer schon ums Geld; das ist bei der deutschen Firma Rheinmetall übrigens nicht anders. Und wenn man ganz nebenbei einen Verbündeten abziehen kann, umso besser. Und wenn man ihn bei der Energieversorgung abhängig machen kann, ist das geradezu ein Doppelpasch.

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Klar, dass für die edle Handlung, den Zwischenhändler zu geben, bei ConocoPhillips etwas kleben bleiben wird, so wie für den Betrieb des Terminals ebenfalls. Schließlich handelt es sich bei den Vertretern der Bundesregierung um überzeugte Verfechter der Lehre, man müsse dem Pöbel die Energie möglichst verteuern, um ihn an ein entbehrungsreicheres Leben zu gewöhnen. Eine staatliche Struktur, die zumindest die Margen des Zwischenhandels ausschaltet, widerspricht der pädagogischen Absicht. Weshalb man ja auch den Spekulationsmarkt nicht beenden kann, der die Preise in die Höhe getrieben hat. Und Erdgas über die verstaatlichte Uniper erwerben? Das geht ebenfalls nicht. Dass dabei der gemeine Bürger zahlt und spekulierende Kapitalgesellschaften gewinnen, ist da nur eine Art Kollateralnutzen, der rein zufällig jenen in den Schoß fällt, die die großen Auftritte der Klimajünger finanzieren.

Mit Australien könnte das vielleicht noch was werden. Malaysia und Nigeria – daran könnte man zweifeln, da gibt es allerhöchstens ein paar Gemüsereste in Habecks Schale als Energiebettelmönch. Nigeria soll Berichten zufolge auch einen Aufnahmeantrag an die BRICS stellen wollen. Kann man verstehen, irgendwann hat man keine Lust mehr auf den nächsten US-gesteuerten Militärputsch. Aber der Preis dafür, Deutschland den Vereinigten Staaten zur Morgengabe zu überreichen, ist nun einmal, dass der Rest der Welt deutsche Vertreter so behandelt wie die Vereinigten Staaten – nur noch etwas schlechter. Das war eben ein etwas ungünstiges Timing. Vor vierzig Jahren wäre dabei noch etwas rumgekommen. Aber mit den Details haben es die Grünen nicht so, siehe Erdumfang.

Was schert sich wahre Liebe um Nutzen, dürften sie jetzt mit transatlantischem Augenaufschlag erwidern – Habeck und Baerbock – und treuherzig versichern, irgendwo hinter Kälte, Deindustrialisierung und Elend liege ganz sicher das Ökoparadies; und die zwei Milliarden Tonnen katarisches Gas müssten wir nur richtig zu schätzen wissen. Auf dem Weg zur Erlösung sei nun einmal Sparsamkeit angesagt, per aspera ad astra und so – wobei, das wäre schon wieder klassische Bildung. Also käme eher etwas wie, das sei kein richtiges Leid, man müsse eben einfach ein paar Jahre lang ohne Lebensfreude auskommen, und vielleicht auch ohne Strom und Nahrung (nein, die Pläne zur Streichung des Kunstdüngers laufen weiter). Aber das sei nicht das Ende des Lebens in einer modernen Gesellschaft, nur eine Art Pause unbestimmter Länge.

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Die letzte Pause dieser Art dauerte etwa sechshundert Jahre, ungefähr vom Jahr 400 unserer Zeitrechnung bis ins Jahr 1000, und man nennt sie auch die “dunklen Jahrhunderte”. Weil sie in jeder Hinsicht einen tiefen zivilisatorischen Einschnitt darstellten. Bevölkerungsdichte, Rate der Alphabetisierung, Dichte des Fernhandelsnetzes, staatliche Strukturen – all das ging so weit zurück, dass in manchen Kennzahlen (etwa in der Urbanisierung) erst im 19. Jahrhundert der Stand der römischen Antike wieder erreicht wurde.

Aber vielleicht betrachtet Habeck die zwei Milliarden Tonnen so, wie die Brettener einst das Hündchen, das sie während einer Belagerung kugelrund fütterten und dann vor das Stadttor schickten, um den Belagerern so die Nutzlosigkeit der Belagerung vorzuführen – auch wenn es eigentlich die EU war, die mittels der Sanktionen so etwas wie eine Belagerung Russlands versucht. Mag ja sein, dass sich das in seinem Kopf genauso umdreht, wie schon die Frage, wer Energie als Waffe gegen wen einsetzt. Vielleicht ist er ja überzeugt: Wenn man, sagen wir, eine mittlere Stadt mit dem Katarer Gas so richtig durchheizt und nachts erleuchtet, und vielleicht noch ein wenig Lichtdekoration aufhängt, wie sonst zu Weihnachten üblich, dann zeigt das dem bösen Russen, dass es gar kein Energieproblem gibt in Deutschland, und…

Klar, das macht keinen Sinn, denn der Westen könnte eigentlich jederzeit dafür sorgen, dass das ganze Theater aufhört; und es gibt nach wie vor einen Strang von Nord Stream 1, der alleine ein Vielfaches dieser albernen zwei Milliarden Tonnen liefern könnte. Aber hier geht es um den Kopf von Habeck – er könnte so denken.

Irgendwas muss er ja gedacht haben, als er die Nummer mit den zwei Milliarden Kubikmetern nicht verschämt verschwieg, sondern an die große Glocke hängte. In der Erwartung, dass der kleine Fehler in der Zehnerpotenz schon nicht auffallen würde. Schließlich ist Frau “hunderttausende Kilometer” auch immer noch Ministerin. Man wird es ihm schon durchgehen lassen, dass er dieses Nichts zur großen Hoffnung aufbläst; dafür hat er schließlich seinen Fotografen. Oder?

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