Ausland

Desinformation durch Weglassen: Der Spiegel und Ungarn

Desinformation durch Weglassen: Der Spiegel und Ungarn

Quelle: www.globallookpress.com © imago stock&peopleSymbolbild

Von Thomas Röper

In den letzten Tagen habe ich schon zweimal (hier und hier) darüber berichtet, wie der Spiegel seine Leser durch das Weglassen von zum Verständnis wichtiger Informationen desinformiert. Nun gab es ein weiteres Beispiel dafür, wie den Menschen in Deutschland wichtige Informationen vorenthalten werden.

Die Ukraine und die NATO

Bei einem Treffen der NATO-Außenminister in Oslo wurde deutlich, dass die Ukraine nicht auf eine baldige NATO-Mitgliedschaft hoffen kann. Das haben viele NATO-Außenminister vor der Presse erklärt. Dem Spiegel gefällt das jedoch nicht, weshalb er in seinem Newsticker zum Ukraine-Konflikt zunächst den NATO-Generalsekretär zitiert hat, der immer noch Optimismus versprüht und davon spricht, dass sich alle NATO-Staaten einig seien, dass die Ukraine in die NATO komme. Dann fügt der Spiegel hinzu:

“Ungarn sieht die Sache anders. So rasch dürfe nicht über einen Beitritt verhandelt werden, mahnt der Außenminister Peter Szijjarto. Auf seiner Facebook-Seite schrieb er: “Lasst uns darüber deutlich sein: Der Nato-Beitritt eines Landes, das sich gerade in einem Krieg befindet, gehört nicht auf die Agenda.””

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Für den Spiegel-Leser, der die NATO toll findet, ist das ein weiterer Beleg dafür, dass Ungarn ein isoliert dastehender Störenfried in der NATO ist. Allerdings hat der Spiegel nicht erwähnt, dass sich auch andere NATO-Außenminister ähnlich geäußert haben. Und der Spiegel hat noch etwas vergessen, zu erwähnen:

Die Ukraine unterdrückt ihre ethnischen Minderheiten

Die NATO möchte der Ukraine quasi als Trostpreis einen Ukraine-NATO-Rat anbieten, aber auch dagegen hat sich Ungarns Außenminister ausgesprochen, als er der vom Spiegel zitierten Aussage hinzufügte:

“Wir halten es für wichtig, dass die Umwandlung der Ukraine-NATO-Kommission in einen Rat in einer Weise erfolgt, die die Rechte der nationalen Gemeinschaften und der nationalen Minderheiten respektiert.”

Davon, dass die Ukraine ihre ethnischen Minderheiten unterdrückt, hat der Spiegel-Leser noch nie gehört, oder besser gesagt, der Spiegel bezeichnet das als russische Propaganda. Denn wenn die Spiegel-Leser wüssten, dass Russland recht hat und dass nicht nur die russische, sondern auch ungarische und rumänische Minderheiten in der Ukraine so massiv unterdrückt werden, dass beide Staaten sich darüber immer wieder nicht nur in Kiew, sondern sogar in Brüssel beschwert haben, würde das das vom Spiegel und anderen deutschen Medien gewollte antirussische und proukrainische Narrativ stören.

Desinformation durch Weglassen

Ein Meisterstück im Weglassen wichtiger Informationen war am 1. Juni jedoch ein Spiegel-Artikel mit der Überschrift “Resolution in Brüssel – Europaparlament bezweifelt Ungarns Eignung für EU-Ratspräsidentschaft”. Der Artikel bestand aus den üblichen Vorwürfen gegen Ungarn (Korruption, mangelnde Rechtsstaatlichkeit, LGBT etc.), die in sieben Absätzen ausgebreitet wurden. Darunter fand sich auch dieser Absatz:

“Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán regiert das Land zunehmend autokratisch und ist erklärter Gegner der EU. Zuletzt blockierte das Land etwa EU-Militärhilfen für die Ukraine sowie weitere Sanktionen gegen Russland.”

Der Spiegel-Leser hat jedoch nie erfahren, warum Ungarn diese Hilfen für die Ukraine blockiert. Da der Spiegel, den ich nur als Beispiel für die deutschen Medien nehme, seine Aufgabe nicht darin sieht, seine Leser zu informieren, sondern sie zu beeinflussen, also in diesem Fall Propaganda gegen Ungarn zu betreiben, dürfen die Leser nicht erfahren, aus welchem Grund Ungarn die Hilfen blockiert. Wüssten die Spiegel-Leser davon, würden sie wahrscheinlich Verständnis für die ungarische Regierung aufbringen – und das ist nicht gewollt.

Dabei hat Ungarn, neben der Unterdrückung seiner nationalen Minderheiten in der Ukraine, allen Grund dazu, der Ukraine die Hilfen zu blockieren, weil die Ukraine sich Ungarn gegenüber offen feindselig verhält.

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Ungarn ist auf das russische Öl angewiesen, das durch die Druschba-Pipeline aus Russland über die Ukraine nach Ungarn gepumpt wird. US-Medien haben kürzlich gemeldet, dass Präsident Wladimir Selenskij Anfang des Jahres im Kreise seiner Militärs einen Angriff auf die Druschba-Pipeline auf russischem Gebiet gefordert hat. Zufall oder nicht, aber am 10. Mai gab es tatsächlich eine Explosion an der Pipeline auf russischem Gebiet.

Damit aber nicht genug, denn offenbar hat Kiew vorher bei der EU-Kommission nachgefragt, ob man in Brüssel etwas dagegen habe, wenn die Ukraine Ungarn die Ölzufuhr abschneidet. Als das publik wurde, haben ungarische Abgeordnete eine Liste mit Fragen dazu an die EU-Kommission geschickt, aber die EU-Kommission hat bisher nicht geantwortet.

Das allerdings verschweigt der Spiegel seinen Lesern, schließlich müssen deutsche Leser ja nicht alles wissen.

Zuerst veröffentlicht auf dem Medienportal Anti-Spiegel am 2. Juni 2023

Thomas Röper ist Herausgeber und Blogbetreiber der Website Anti-Spiegel.

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