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Die Förderung der nationalen Identitäten in der UdSSR hat sie von Anfang an dem Untergang geweiht

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Quelle: AFP © Olga Maltsewa

Von Alexander Nepogodin

Vor 100 Jahren, am 30. Dezember 1922, wurde das größte Land der Weltgeschichte gebildet. Auf dem Ersten Unions-Kongress der Sowjets unterzeichneten Vertreter der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (RSFSR), der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik (UkrSSR), der Weißrussischen Sowjetrepublik (BSSR) sowie der Transkaukasischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (TSFSR) die Erklärung und den Vertrag über die Gründung der UdSSR.

Das gigantische Land hinterließ ein zweideutiges Erbe, während die meisten Versprechen der Bolschewiki nie erfüllt wurden. Trotz des Zusammenbruchs im Jahr 1991 ist die Geschichte der Sowjetunion jedoch bis heute für die Bürger Russlands und der ehemaligen Sowjetrepubliken relevant. Tatsächlich war es der Beginn der bolschewistischen Herrschaft, der die nationale Wiederbelebung von Minderheiten und die Schaffung von Republiken in die Wege leitete, denen nicht nur Autonomie, sondern auch das Recht auf Sezession gewährt wurde.

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RT zeichnet nach, wie die Entscheidung zur Gründung der UdSSR getroffen wurde und warum ihre Struktur durch einen Zwist zwischen den beiden “Roten Häuptlingen” – Wladimir Lenin und Josef Stalin – bestimmt wurde.

Nach Lenins ursprünglichem Plan sollte die UdSSR vom Standpunkt der “staatlichen Struktur” nicht wirklich ein “Staat” sein. Sie sollte eine freie Konföderation sein, bestehend aus unabhängigen Staaten (Republiken) mit nahezu voller Souveränität. Daher stammt auch die Formel “Selbstbestimmung bis hin zur Sezession”. Die Einheit dieser Formation wurde nicht durch “staatliche” oder “supranationale” Mechanismen sichergestellt, sondern durch eine einzige regierende Kommunistische Partei.

Ein solches Modell ging von der Möglichkeit einer unbegrenzten Expansion der UdSSR bis hin zu einem globalen Maßstab aus. Jedes Land musste lediglich die Kommunistische Partei als “herrschende und führende Kraft” anerkennen, um sich als neue Republik in die Sowjetunion zu integrieren. Deshalb rief die Formel der “Selbstbestimmung bis hin zur Sezession” bei Wladimir Iljitsch Lenin als einem Führer des Weltproletariats keine besondere Besorgnis hervor. Denn wenn der Kommunismus ohnehin die ganze Welt erobern würde, wo und aus welchem Grund sollte sich dann eine der Republiken abspalten wollen? “Wir müssen noch fünf Sechstel der Landmasse der Erde erobern, um die UdSSR auf der ganzen Welt zu etablieren”, erklärte der Vorsitzende des 5. Kongresses der Kommunistischen Internationale (Komintern), Grigori Sinowjew, im Juni 1924.

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Diese Logik galt nicht nur in den 1920er Jahren, sondern auch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, als die Weißrussische SSR und die Ukrainische SSR Mitbegründer der UNO wurden und ihre eigenen außenpolitischen Abteilungen führten. Als das Modell des “globalen Wachstums” während der Perestroika transformiert wurde, zeigte sich, dass die Sowjetrepubliken innerhalb der Sowjetunion nur noch durch ein bürokratisches Verwaltungssystem zusammengehalten wurden. Das Konzept eines einzigen kommunistischen Großraums war zum Scheitern verurteilt. Als Ganzes konnte die UdSSR nur im Rahmen ihrer historischen Mission des “Aufbaus des Kommunismus” existieren.

©  Sputnik

Autonomie oder Föderalisierung?

Im Juni 1919 vereinten die RSFSR, die Weißrussische SSR und die Ukrainische SSR offiziell ihre Streitkräfte, Wirtschaft, Finanzen und ihren Transport- und Postdienst. Die Rolle der nationalen Behörden wurde den russischen Volkskommissariaten zugewiesen – vergleichbar mit Ministerien – und die Kommunistischen Parteien der beiden Republiken schlossen sich den kommunistischen Bolschewiki Russlands an. Somit entstand ein Paradoxon: Das gesamte von den Bolschewiki kontrollierte Territorium wurde als ein einziger Staat regiert, während die Republiken formell unabhängig blieben.

Für die Bolschewiki bedeutete dies wenig, denn die Kommunistische Partei hatte ohnehin ein Monopol auf Politik und Entscheidungsfindung. Nach dem Ende der akuten Phase des Bürgerkriegs stellte sich jedoch das Problem der Vertretung des Staates nach außen. Am Vorabend des internationalen Debüts der neuen Regierung bei der Konferenz von Genua im April und Mai 1922 wurde beschlossen, dass eine Delegation der RSFSR alle Republiken repräsentieren würde. Doch die ausländischen Partner wollten künftig klar sehen, mit wem sie es zu tun haben. Außerdem musste die eigene Bevölkerung des Landes verstehen, in welchem Land sie lebte.

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Josef Stalin sah sich als Experte der Partei für Beziehungen zwischen den verschiedenen Ethnien, obwohl Gerüchten zufolge Nikolai Bucharin an Stalins diesbezüglichem Hauptwerk “Marxismus und die nationale Frage” beteiligt gewesen sein könnte. Als der für die Behandlung zwischenethnischer Fragen zuständige “Volkskommissar für Nationalitäten der RSFSR” schlug somit Stalin vor, die verbleibenden Republiken als autonome Einheiten in die RSFSR einzugliedern. In der relativen Autonomie sah Stalin einen Weg, mehrere Probleme gleichzeitig zu lösen. Erstens könnte damit ein einheitlicher nationaler Raum gestärkt und eine starre vertikale Ausrichtung der Macht geschaffen werden. Und zweitens würde es lokale Nationalisten und “sozial Unabhängige” schwächen, die eine volle Souveränität der Sowjetrepubliken befürworteten und sich über die Einmischung der Zentralregierung in ihre Angelegenheiten ärgerten. Gleichzeitig würden sich die Zentralgewalt und die gesamtrussische Gesetzgebung auf die neuen Territorien erstrecken. Der Plan sah im Wesentlichen nicht die Vereinigung und Bildung eines neuen Staates vor, sondern eine Eingliederung der nationalen Sowjetrepubliken in die RSFSR.

Im September 1922 schickte Josef Stalin seinen Vorschlag an Wladimir Lenin und präsentierte bald darauf das Programm der Autonomisierung vor der Vorbereitungskommission für das Plenum des Zentralkomitees über die Beziehungen zwischen der RSFSR und den anderen Sowjetrepubliken. Die Kommission unter dem Vorsitz von Wjatscheslaw Molotow trat am 23. und 24. September 1922 zusammen und konnte den von Stalin entwickelten Plan genehmigen. Jetzt musste er noch vom Plenum des Zentralkomitees genehmigt werden, welches für den 5. Oktober angesetzt war. Lenin, der sich zu diesem Zeitpunkt aufgrund seines Gesundheitszustands in einem instabilen Zustand befand, lehnte jedoch die Annahme des Projekts ab und forderte die Schaffung der UdSSR nach dem Modell der maximalen Föderalisierung – also mit halbwegs unabhängigen Unionsrepubliken.

Wladimir Iljitsch Lenin

Lenins Vorschlag würde nicht nur Spannungen innerhalb der Partei erzeugen, sondern der Welt auch ein Beispiel für eine “grundlegend neue Lösung der nationalen Frage” aufzeigen. Lenin bestand auf der Schaffung gleichberechtigter Verträge zwischen den Republiken, mit der Möglichkeit, dass auch andere nichtkapitalistische Länder auf der ganzen Welt in Zukunft der Sowjetunion beitreten können. Dazu gehörten die Schaffung einer neuen Verfassung und die Bildung von Unionsbehörden mit Vertretern aller Republiken. Die Sowjetunion wurde von ihren Ideologen als globales, kommunistisches Projekt konzipiert, offen unter anderem für den Beitritt auch jener Länder, die zuvor niemals Teile des zerfallenen russischen Imperiums waren. Dies war ein wichtiges Argument für diejenigen, die Stalins Plan zur Autonomisierung kritisierten. Schließlich galt die Föderation – im Hinblick auf das globale Projekt einer kommunistischen Weltrevolution – als die bequemste Struktur des Staates, da es dann einfacher sein werde, neue Subjekte einzugliedern.

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Gleichzeitig war auch die Beschwichtigung eher national orientierter Bolschewiki ein wichtiges Anliegen. Einige einflussreiche Nationalkommunisten, die besonders stark in der Ukrainischen SSR und der Transkaukasischen SFSR – insbesondere unter Georgiern – waren, entschieden sich für die Aussicht auf eine Konföderation, da sie ein größeres Maß an Freiheit anstrebten.

Dies wird am deutlichsten durch den sogenannten “georgischen Vorfall” belegt. Am 20. Oktober 1922 kam es bei einem Treffen des transkaukasischen Regionalkomitees der russischen kommunistischen Bolschewiki zwischen Grigori Ordschonikidse und den georgischen Bolschewiki zu einem Streit darüber, ob Georgien der UdSSR als Teil der Transkaukasischen Föderation SFSR oder als unabhängige Republik beitreten solle. Als Ordschonikidse seine Gegner als “chauvinistische Fäulnis” bezeichnete, nannte einer von denen, Akaki Kabachidse, ihn daraufhin “den Esel Stalins”, worauf Ordschonikidse ihm ins Gesicht schlug.

Die Zentralmacht musste eingreifen und eine Kommission des Zentralkomitees unter der Leitung von Feliks Dzierżyński machte sich auf den Weg nach Transkaukasien. Ohne überhaupt mit der anderen Seite gesprochen zu haben, stellten sich deren Vertreter jedoch auf die Seite von Ordschonikidse. Lenin unterstützte aber nicht weniger stark die georgischen Bolschewiki und forderte wegen des tätlichen Angriffs sogar den Parteiausschluss von Ordschonikidse. Gleichzeitig verstanden sowohl Stalin als auch Lenin, dass der von nationalistischen Gefühlen angetriebene Vorfall ein ernstes Problem war, das Folgen für die Zukunft des Staates haben könnte.

Die Anführer der russischen Revolution (von links nach rechts): Josef Stalin, Nikolai Bucharin, Grigori Ordschonikidse und Janis Rudsutaks beim Abnehmen einer Parade auf dem Roten Platz in Moskau, Russland.© Gamma-Keystone über Getty Images

Eine tickende Zeitbombe

Die Diskussionen über Autonomisierung und Föderalisierung dauerten den ganzen Herbst 1922 an und endeten mit dem Sieg von Lenins Projekt. Kurz vor der Unterzeichnung des Vertrages rief Lenin noch Stalin in seine Residenz in Gorki bei Moskau und forderte ihn auf, den ersten Absatz zu ändern. Daraufhin schrieb er die Notiz “Über die Gründung der UdSSR” an die Mitglieder des Politbüros, in der Lenin seine Meinung äußerte, dass die RSFSR sich als gleichberechtigt mit anderen Republiken anerkennen und der Union “auf gleicher Ebene mit ihnen” beitreten solle. Lenin machte damit Zugeständnisse und ging sowohl politische als auch territoriale Kompromisse ein.

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Hintergrund war die Befürchtung, dass ein einheitlicher Verwaltungsapparat dazu führen würde, dass die Bürokratie die Menschen in abgelegenen Teilen der Union diskriminieren könnte. “Es ist notwendig, zwischen dem Nationalismus einer unterdrückenden Nation und dem Nationalismus einer unterdrückten Nation, dem Nationalismus einer großen Nation und dem Nationalismus einer kleinen Nation zu unterscheiden. In Bezug auf den letztgenannten Nationalismus sehen wir, die Angehörigen einer großen Nation, uns historisch fast immer einer unendlichen Gewalttat schuldig. Außerdem begehen wir unendlich viel Gewalt und Beleidigung, ohne es zu bemerken”, schrieb er. Stalin blieb jedoch bei seiner Meinung und nannte Lenins Position in einer Notiz an die Mitglieder des Politbüros einen “nationalen Liberalismus”. Doch die Autorität Lenins als Führer des Weltproletariats blieb trotz seiner schweren Krankheit noch unangefochten.

Am Morgen des 29. Dezember 1922 war es vor dem Bolschoi-Theater in Moskau lebhaft. Gestalten in Mänteln, Kommissare in Lederuniformen und Teilnehmer in Nationaltrachten fanden sich bei frostigem Nebel ein. Delegierte des Ersten Unions-Kongresses der Sowjets versammelten sich, um einen neuen Staat zu gründen. Am selben Tag unterzeichneten die Delegationen der RSFSR, der Ukrainischen SSR und der Weißrussischen SSR sowie der Transkaukasischen SFSR das Abkommen über die Gründung der UdSSR. Einen Tag später wurde das Abkommen genehmigt und der 30. Dezember 1922 wurde somit zum Tag der Gründung der Sowjetunion, die dann 69 Jahre Bestand hatte.

Abgesehen von Fragen der Außenpolitik und des Außenhandels, der Finanzen, der Verteidigung und der Kommunikation, die den Behörden der Union übertragen wurden, war jede Republik für alle übrigen Bereiche selbst zuständig. Der Unions-Kongress der Sowjets wurde zum obersten Organ des Landes. Zwischen seinen Einberufungen wurde das Zentrale Exekutivkomitee der UdSSR gebildet, das aus zwei Kammern bestand – dem Unionsrat und dem Rat der Nationalitäten.

Sowjetisches Plakat mit der Aufschrift “Die UdSSR ist eine neue Staatsform”

Das verabschiedete Abkommen umriss die Gründe, Prinzipien und Ziele für die Vereinigung der Sowjetrepubliken zu einer Union. Das wichtigste Prinzip war das Recht der Völker auf Selbstbestimmung, und das Endziel war die Schaffung einer Weltunion kommunistischer Republiken.

“Der Beitritt zur sowjetischen Union steht allen sozialistischen Sowjetrepubliken, sowohl bestehenden als auch zukünftigen, offen. Der neue Unionsstaat wird als Bollwerk gegen den Weltkapitalismus und als entscheidender Schritt zur Vereinigung der Werktätigen aller Länder in einer sozialistischen Weltsowjetrepublik dienen”,

hieß es in der ersten Verfassung der UdSSR, die am 31. Januar 1924 verabschiedet wurde.

Dem neuen Staat wurde bewusst ein supranationaler Charakter verliehen, damit in Zukunft jede “sozialistische Sowjetrepublik” in ihn aufgenommen werden konnte. Die Bolschewiki, die eine Liquidierung des Staates als solchen befürworteten, sahen in einer solchen Staatsstruktur nur eine vorübergehende Lösung. Ursprünglich schlug Lenin sogar vor, den Staat “Union der Sowjetrepubliken in Europa und Asien” zu nennen, aber schließlich entschied man sich, geografische Referenzen zu vermeiden. Das Staatswappen der UdSSR ist das einzige Beispiel seiner Art, auf dem der gesamte Globus abgebildet ist, aber Staatsgrenzen in keiner Weise eingezeichnet sind.

Ein gescheitertes Projekt

Die Hoffnungen der “alten Bolschewiki” auf eine Weltrevolution erfüllten sich jedoch nie, und das mit dieser Perspektive geschaffene System konnte beim Aufkommen neuer Realitäten nicht standhalten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Mitte der 1950er Jahre die These einer “friedlichen Koexistenz” mit der kapitalistischen Welt aufgestellt, obwohl etwa Wjatscheslaw Molotow dies bis zum Ende seines langen Lebens als “desorientierend” empfand. Das war kein Zufall, denn Molotow sah, wie die UdSSR neben dem Wettrüsten in einen weiteren Wettlauf mit den Vereinigten Staaten von Amerika eingetreten war,– in den Wettlauf um höhere Lebensqualität, den das sowjetische System ebenfalls verlor. Es stellte sich heraus, dass jenseits der Absicht, den Kommunismus in die Welt zu tragen, die Sowjetunion selbst als Ganzes eine Unmöglichkeit war.

©  Sputnik / Ramil Sitdikow

Die praktische Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts der Völker erwies sich letztlich als grausamer Scherz. Kurz nach der Gründung der UdSSR wurde in den neuen Sowjetrepubliken ein Prozess der Staatsbildung eingeleitet. Die 185 Nationalitäten der Sowjetunion wurden in Unionsrepubliken aufgeteilt, die direkt der Zentralbehörde unterstellt waren. Dazu gehörten autonome Republiken innerhalb der Unionsrepubliken, autonome Regionen innerhalb der Territorien und nationale Bezirke. Gleichzeitig wurde festgelegt, welche Rechte und Privilegien die Untergliederungen haben sollten und welche nicht. Zum Beispiel hatte jede nationale Republik ihre eigene Kommunistische Partei und eigene Akademie der Wissenschaften, nur die Russen durften diese nicht haben. Nach der Gründung der UdSSR wurde die RSFSR vollständig jeglicher eigener staatlicher Infrastruktur beraubt.

Auch die neuen Grenzen zwischen den Republiken, die weitgehend nach wirtschaftlichen Erfordernissen und kommunistischer Rationalität gezogen wurden, sorgten für Unzufriedenheit. Zum Beispiel wollten die Abchasen und Osseten nicht Teil der Georgischen SSR sein, und die Russen, die im Donbass lebten, wollten nicht von der Ukrainischen SSR regiert werden. Einige mehrheitlich tadschikische Regionen wurden Teil der Usbekischen SSR, während Berg-Karabach mit seiner überwiegend armenischen Bevölkerung in die Aserbaidschanische SSR eingegliedert wurde.

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In der Folge führten all diese Probleme zur Verschärfung von Konflikten auf der zwischenethnischen Ebene und schließlich zur Anwendung des in allen Verfassungen der Sowjetunion verankerten Rechts der Republiken auf Sezession. Dieses Recht wurde erstmals 1990 von der Estnischen, der Lettischen, der Litauischen und der Georgischen SSR geltend gemacht. Diesem Beispiel folgten schließlich fast alle anderen Republiken, von denen es in der “klassischen” Zusammensetzung der UdSSR fünfzehn gab. Der 1991 vom ersten und letzten Präsidenten der UdSSR, von Michail Gorbatschow unternommene Versuch, eine Neufassung des Unionsvertrags vorzubereiten und zu vereinbaren, scheiterte nicht nur am Putschversuch eines Teils der Führung im August desselben Jahres, sondern auch an den grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten über die Kompetenzverteilung zwischen der Zentralbehörde und den Republiken, einschließlich in den Fragen des Haushalts.

Im Dezember 1991 verkündeten die Obersten Sowjets der Ukraine, Weißrusslands und Russlands die Kündigung des Vertrags über die Gründung der UdSSR. Die entsprechende Resolution der Obersten Sowjets der RSFSR wurde von der Staatsduma Russlands im März 1996 zwar annulliert, aber die Abgeordneten stellten klar, dass ihre Entscheidung die Souveränität Russlands und anderer ehemaliger Sowjetrepubliken nicht berührt.

Übersetzt aus dem Englischen

Alexander Nepogodin ist ein in Odessa geborener politischer Journalist und Experte für Russland und die ehemalige Sowjetunion.

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