Analyse
Der Transhumanismus als menschenverachtende neoliberale Religion
In seiner Präsentation “Binäre Logik –gesellschaftliche Gefahren der Digitalisierung” machte Dr. Werner Meixner, akademischer Oberrat i. R. an der Fakultät für Informatik der TU München, den Teilnehmern insofern Hoffnung, als er darlegte, warum Maschinen niemals über menschliche Intelligenz verfügen könnten. Er stellte die Visionen von Transhumanisten vor, die mittels Maschinen und Gentechnik “transhumane Untote” produzieren wollten und damit das Menschliche in uns Menschen auslöschen würden. Allerdings könnten Computer biologische Vorgänge nicht berechnen, das habe, so Meixner, der Mathematiker Kurt Gödel schon in der Mitte des 20. Jahrhunderts nachgewiesen. Deshalb ist ein Großteil des transhumanistischen Gedankenguts laut Meixner reine Scharlatanerie.
Wie unser Gehirn Wahrnehmung konstruiert – die neurologische und soziale Konstruktion von Fakten
Schließlich referierte Diplom-Psychologe Prof. Dr. Harald Walach über “Die Coronakrise, die soziale Konstruktion von Fakten und ihre Konsequenzen”. Forschungen hätten belegt, erklärte er, wie die menschliche Wahrnehmung der Wirklichkeit neurologisch funktioniert und welche Faktoren dabei eine Rolle spielen:
“Unser Gehirn ist ein ‘Wirklichkeitskonstruktionsorgan’.”
Äußere Reize bzw. Wahrnehmungsinhalte würden vom Gehirn zunächst auf ihren affektiven Gehalt hin untersucht, bis sie zu den “höheren” Bewertungszentren des Gehirns gelangten. Außerdem verwende das menschliche Gehirn insgesamt nur ungefähr fünf Prozent der Energie für Außenreize – zu 95 Prozent sei jedes menschliche Gehirn mit der Reizverarbeitung im Inneren beschäftigt.
Und so komme es, dass uns wir das, was wir wahrnähmen, zum größtenteils selbst konstruiert hätten und es gar nicht die Wirklichkeit abbilde. Wobei Dr. Walach betonte, dass er damit nicht sagen wolle, dass es Wirklichkeit und Fakten nicht gebe.
Am Ende seiner Rede erläuterte er, warum echte Wissenschaft tatsächlich langsam sei. Und er erklärte aus seiner Perspektive, wie der Widerspruch zwischen medizinischer Realität und Wirklichkeit aufgrund des Schulterschlusses zwischen Medien und Politik ignoriert werden konnte.
Die Botschaften der Künstler – Kritik, Hoffnung und Ermutigung
Im Kulturprogramm konnten die Teilnehmer am ersten Abend den bekannten sächsischen Barden Yann Song King live erleben. Seit zwei Jahren unterstützt er auf vielen Protestaktionen und Kundgebungen mit seinen Liedern, die voller Ironie und Galgenhumor das Corona-Geschehen wiedergeben, den Widerstand auf der Straße. Das Theater- und Chorensemble “Berliner Kommunarden” bereicherte den Kongress passenderweise mit explizit linkem und antikapitalistischem Liedgut. Auch diese Künstlergruppe, deren Name von der Pariser Kommune inspiriert wurde, erfrischte die Seelen der Menschen in repressiven Zeiten schon auf vielen Widerstandsveranstaltungen. Die Kabarettgruppe mit den Künstlern Jean-Theo Jost, Birgit Hägele und Gerhard Vondruska brachte mit Auszügen aus ihren Programmen “Propaganda” und “Die neue Normalität” die Themen des Kongresses mit Satire und Witz auf den Punkt.
Zu viel Kultur? Naturfreunde üben sich in “Cancel Culture” – Linker Liedersommer findet aber statt
Am letzten Abend trug der Berliner Chor “Freiheitsvokalisten” seine herzerwärmenden Lieder und Liederumdichtungen vor, darunter auch “Freiheit schöner Götterfunken”, eine textliche Adaption von Beethovens 9. Sinfonie, die auch als “Freude schöner Götterfunken” bekannt ist. Dann bereicherte die theatralische Nacherzählung der Geschichte der Propaganda in künstlerischer Form den Wissenshorizont der Teilnehmer. Das Ensemble “Die Erisische Kontrollgruppe” spielte dazu Szenen aus dem Leben und Werk eines der ersten Propagandisten: Edward Bernays, ein Neffen des bekannten Psychoanalytikers Sigmund Freund, entwickelte und lehrte in der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts Methoden der Propaganda, die bis heute angewandt werden.
Einen weiteren kulturellen Höhepunkt gab es bei einer theatralischen Lesung über das Leben und Engagement einer Vorkämpferin zu Zeiten der Pariser Kommune: Louise Michel. Mehrere Frauen trugen in verteilten Rollen Auszüge aus den Lebensstationen und politischen Aussagen der Revolutionärin vor. Bei den Berichten über ihre Kämpfe, beim Vortrag über ihre Werte fühlte es sich so an, als höre man Forderungen von Kämpfen um soziale Gerechtigkeit, um Frauenrechte, um wirtschaftliche Gerechtigkeit und den Schutz der Umwelt aus unseren Tagen. In vielen Gedanken war Michel ihrer Zeit anscheinend so weit voraus, dass ihre Anschauungen heute noch so aktuell sind.
Solidarität und Dank
Auf Anregung Gellermanns verabschiedete der NGfP-Kongress am Ende noch eine Solidaritätserklärung für den im Juni inhaftierten Initiator der coronakritischen Bewegung “Querdenken”, den Stuttgarter Unternehmer Michael Ballweg. Darin hieß es:
“Lieber Michael Ballweg, du bist im Gefängnis als Symbol der demokratischen Bewegung. Wir sind mir dir solidarisch!”
Es war der letzte NGfP-Kongress, der unter dem Vorsitz von Prof. Bruder organisiert wurde. Mit der Würdigung seiner großartigen Initiative und Arbeit an diesem und den vorangehenden Kongressen sowie der Würdigung seiner Übernahme von Verantwortung als linker Intellektueller für die Durchführung intellektueller Debatten in schweren Zeiten wurde der Kongress beendet.
In diesem Beitrag kann nur eine unvollständige Zusammenfassung der vielen Themen und Diskurse vermittelt werden, die auf dem Herz und Verstand berührenden Kongress der NGfP behandelt wurden. Wer sich für die kompletten Vorträge und Ausführungen der Referenten zum kritischen Corona-Diskurs interessiert, findet die Ausführungen dazu im Buch zum Kongress “Corona. Inszenierung einer Krise”, herausgegeben von Klaus-Jürgen Bruder, Almuth Bruder-Bezzel und Jürgen Günther beim Verlag Sodenkamp & Lenz, Mai 2022.
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