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Karlsruher Urteil zur Schuldenbremse: Tschüss Fortschritt, Deutschland wird Entwicklungsland

Karlsruher Urteil zur Schuldenbremse: Tschüss Fortschritt, Deutschland wird Entwicklungsland

Quelle: www.globallookpress.com © IMAGO/SchoeningMit dem Urteil zur Schuldenbremse hat das Bundesverfassungsgericht Deutschland von der Teilnahme am Fortschritt abgeschnitten.

Von Gert Ewen Ungar

Die Bundesregierung darf Gelder, die in einer Notsituation unter Aussetzung der Schuldenbremse aufgenommen worden sind, nicht umwidmen und für andere Zwecke ausgeben, stellte heute das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe fest. Mit dem Urteil versetzt das Gericht der Bundesregierung und ihrer Haushaltsplanung einen harten Schlag. Die Einhaltung der Staatsschuldenbremse habe Vorrang, stellen die Richter fest.

Im Prinzip ist die Entscheidung folgerichtig, denn das Bundesverfassungsgericht schützt das Grundgesetz. Die Schuldenbremse wurde 2009 mit den Stimmen der Großen Koalition im Grundgesetz verankert. Seitdem steht dort, dass der Haushalt ausgeglichen sein muss. Die Aufnahme neuer Schulden ist faktisch verboten bzw. nur in sehr kleinem Umfang zulässig. Die SPD und die CDU haben es ins Grundgesetz geschrieben und jetzt muss man sich daran halten, sagt das Verfassungsgericht. 

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Die Aufnahme von Neuschulden ist seitdem nur in Ausnahmefällen erlaubt. Die “Corona-Krise” und die politischen Maßnahmen zu ihrer Eindämmung stellten eine solche Ausnahmesituation dar und erlaubten eine höhere Neuverschuldung. Die Ampelkoalition hat nun 60 Milliarden, die eigentlich zur Stabilisierung der Wirtschaft während der Corona-Zeit gedacht waren, umgewidmet und wollte damit die von ihr präferierten Maßnahmen zum “Klimaschutz” finanzieren. Das geht nicht, stellt das Bundesverfassungsgericht fest. Das ist logisch und konsequent. Für Deutschland ist es dennoch katastrophal.  

Die Aufgabe des Gerichts ist verkürzt gesagt, zu überprüfen, ob das, was in der Bundesrepublik passiert, mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Seine Aufgabe ist nicht, darüber zu urteilen, ob das, was im Grundgesetz steht, wirtschaftspolitisch sinnvoll ist. Die Schuldenbremse ist es nicht. Das wird sich in den nächsten Jahren zeigen, denn obwohl sie nicht sinnvoll ist, muss man sich dennoch daran halten, denn sie steht im Grundgesetz – sagt das Bundesverfassungsgericht.

Für die Ampel ist das Urteil eine Katastrophe, denn eine große Zahl ihrer Vorhaben wie die Wasserstoffstrategie, die Strompreisbremse für Unternehmen, die Förderung der Elektro-Mobilität, die Förderung der Wärmedämmung und des Heizungsumbaus im Rahmen des Heizungsgesetzes griffen zur Finanzierung der Maßnahmen auf die umgewidmeten Gelder zurück. Daraus wird jetzt nichts. 

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Das zeigt aber auch deutlich, warum die Schuldenbremse unsinnig ist. Ganz unabhängig von der Sinnhaftigkeit der einzelnen Maßnahmen, welche die Ampelregierung verabredet hat, gilt, will man eine Volkswirtschaft zukunftsfest machen, muss man investieren. Dazu braucht es den Staat und dazu braucht es Schulden. Den Aufbau neuer Infrastruktur, den Umbau der Energieinfrastruktur beispielsweise, kurz Deutschland aus dem laufenden Haushalt zukunftsfest zu machen, das geht nicht. Dazu muss man Geld in die Hand nehmen, das man im Moment nicht hat und dieses Geld sind eben sogenannte Schulden.

Wenn man es für sinnvoll hält, dass in Deutschland alle über einen Glasfaser-Anschluss verfügen, die Fax-Geräte abgeschafft und überall ohne Funklöcher mobiles Internet verfügbar ist, dann muss der Staat einspringen und die Voraussetzungen dafür schaffen. Es obliegt ihm, in Infrastruktur zu investieren und ein attraktives Investitionsumfeld zu schaffen, in dem private Unternehmen für sich eine Perspektive sehen. Nur dann werden sie auf den staatlich in Fahrt gesetzten Zug aufspringen und ebenfalls investieren.

Dieser Prozess wird über Schulden finanzierte Investitionen initiiert, oder er wird eben nicht initiiert. In Deutschland wird er nicht initiiert, hat das Bundesverfassungsgericht jetzt entschieden, und das wird auch lange so bleiben, denn es steht im Grundgesetz und zu seiner Änderung ist wirtschaftspolitische Kompetenz bei Zweidritteln der Bundestagsabgeordneten notwendig. Daran aber fehlt es. Wäre sie vorhanden, hätte die Schuldenbremse nie Einzug ins Grundgesetz gefunden. 

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Diejenigen, die jetzt jubeln und von haushaltspolitischer Vernunft und von Generationengerechtigkeit schwurbeln, haben makroökonomische Zusammenhänge nicht verstanden. Der nachfolgenden Generation wird man nämlich eine heruntergekommene, veraltete Infrastruktur und eine brachliegende Wirtschaft hinterlassen. Wer sich jetzt freut, dass die Schuldenbremse nun auch endlich eine Bremswirkung besitzt, der ist mit dafür verantwortlich, dass Deutschland immer weiter zurückfällt. Der Rückfall Deutschlands steht dabei nicht mehr infrage. Er ist ökonomisch zwingend gegeben. 

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat das Grundgesetz geschützt, dafür aber Deutschland von der Teilhabe an Entwicklung und Fortschritt abgeschnitten, denn die Schuldenbremse ist eine Investitionsbremse. Sie gehört abgeschafft. Die kommenden Jahre werden den Deutschen deutlich machen, warum.  

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