Meinung

Man sollte nicht über Joe Biden lachen – sondern ihn bemitleiden

Man sollte nicht über Joe Biden lachen – sondern ihn bemitleiden

Quelle: www.globallookpress.com © Giada Papini Rampelotto / EuropaNeUS-Präsident Joe Biden spricht vor der UNGA, 19.September 2023

Von Bradley Blankenship

Im Vorfeld der Rede des US-Präsidenten Joe Biden vor der UN-Generalversammlung in New York City luden die Republicans against Trump (Republikaner gegen Trump) an die Zeit, als die Welt vor fünf Jahren über Donald Trumps Rede vor der UNO gelacht hatte. Diplomatische Vertreter aus der ganzen Welt waren in Gelächter ausgebrochen, als der Präsident seine Administration über den grünen Klee gelobt hatte. Seiner Meinung nach habe sie mehr erreicht, als jede andere Regierung in der Geschichte der USA – und das war nicht als Witz gemeint.

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“Wenn wir ein Verhalten sehen oder uns Argumente oder Vorstellungen anhören müssen, die so weit hergeholt, unvernünftig oder verrückt erscheinen, kann man sich ein Lachen einfach nicht verkneifen”, hatte ein Diplomat damals BuzzFeed News erklärt.

Diese Anekdote wirft zwangsweise eine Frage auf: Wird die derzeitige US-Staatsführung mehr respektiert als jene unter Trump? Ein flüchtiger Blick auf die offizielle Abschrift des Weißen Hauses von Bidens Rede vor der Vollversammlung legt nahe, dass die Antwort “Nein” lautet. Gleich im zweiten Satz von Bidens Rede hören wir, was er über seinen kürzlich abgehaltenen Besuch in Vietnam zu sagen hatte:

“Ich traf eine kleine Gruppe von Kriegsveteranen, Amerikaner und Vietnamesen, die wit… – und ich be… – ich beobachtete den Austausch persönlicher Artefakte aus diesem Krieg – Militärausweise und ein Tagebuch. Es war zutiefst bewegend, die Emotionen der vietnamesischen und amerikanischen Soldaten zu erleben.” [Steht so in der Abschrift. Anm. d. Red.]

Weiter sehen wir dann, dass das Weiße Haus eine Falschaussage Bidens in der Abschrift korrigieren musste:

“Dieses Jahr sind wir stolz darauf, wieder der UNESCO beizutreten. Aber wir sind uns auch darüber im Klaren, dass unsere Jahrzehnte alten Institutionen und Ansätze modernisiert werden müssen, um den neuen Herausforderungen gerecht zu werden und mit der Welt Frieden zu halten.” [Er sollte sagen: to keep pace with the world – mit der Welt Schritt halten – nicht peace. Anm. d. Red.]

Wenn man die Rede durchgeht und sie anschaut, wird unweigerlich klar, dass der 80-jährige Präsident sich durch seine Rede gestottert hat. Er stotterte nicht nur oder gab falsche Wörter von sich – er demonstrierte allgemein den sichtbaren geistigen Zerfall, der bei ihm vor einigen Jahren eingesetzt hat. Auch brachte er dieselben alten US-Plattitüden vor, die beim Rest der Welt keinen Anklang mehr finden. Als er sich beispielsweise auf die Arbeit der Vereinten Nationen bezog, sagte er:

“Wir haben das Wiederaufflammen eines globalen Konflikts verhindert und gleichzeitig mehr als eine Milliarde Menschen – eine Milliarde Menschen – aus der extremen Armut befreit.”

Natürlich würdigte er nicht die Nation, die hauptsächlich für die Beseitigung dieser Armut verantwortlich war: China. Angesichts Bidens umfangreicher politischer Karriere, seiner jahrzehntelangen Tätigkeit im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Senats und als Vizepräsident in der Regierung von Barack Obama hatten ihn viele der anwesenden Diplomaten und Staatsoberhäupter sicherlich persönlich kennengelernt.

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Sie hatten ihn nicht nur kennengelernt, sie hatten ihn wahrscheinlich zu einer Zeit kennengelernt, als er geistig wesentlich mehr auf der Höhe gewesen war. Die vorherrschende Haltung der Anwesenden, als sie zusehen mussten, wie Biden sich sichtlich geschwächt durch seine Rede stammelte, war sehr wahrscheinlich eine mitleidige. Ich kann das nachvollziehen. Jedes Mal, wenn ich sehe, wie dieser 80-jährige Mann vor die Kameras gezerrt wird, dann kommt mir das wie Missbrauch eines senilen Senioren vor.

Das US-Volk empfindet es sicherlich ähnlich. Gemäß einer Umfrage von Associated Press/NORC im vergangenen April würden 26 Prozent der Befragten Biden im Jahr 2024 gerne wieder als Kandidat würden, während. Dagegen finden 73 Prozent der Befragten, er sollte dies nicht tun. Nach Meinung der meisten Menschen wäre der Präsident zu alt für eine Wiederwahl. Dabei hat er bereits angekündigt, noch einmal zu kandidieren.

Die meisten der Befragten lehnen aber auch die Kandidatur von Trump ab, der mit einer ganzen Reihe von Strafanzeigen konfrontiert ist. Bei Beobachtern im Ausland ist die Ablehnung sogar noch stärker ausgeprägt. Die ausländischen Beobachter fragen sich: Sind diese beiden wirklich das Beste, das die USA aufzubieten haben?

Bidens Auftritt bei den Vereinten Nationen war daher im Grunde genommen die Essenz dessen, wo die USA heute auf der Welt stehen: Die Welt hatte über die USA unter Präsident Trump gelacht, als er im Alleingang einige der wertvollsten politischen und militärischen Partnerschaften Washingtons zerrüttet hatte. Heute kann die Welt nicht anders, als Mitleid mit den USA und ihrem augenscheinlichen schwindenden globalen Ansehen zu empfinden. Die Jahre unter Trump waren dramatisch und bombastisch – jene unter Biden sind voller stiller Scham.

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Bei einer erneuten Wahl zum Präsidenten könnte Trump die USA aus der NATO herauslösen. Das wäre objektiv eine gute Sache für eine antiquierte Institution, die keine ernsthafte Existenzberechtigung mehr hat. Während Biden ernsthaft hinter den Erwartungen geblieben ist, wonach er die Welt unter dem Sternenbanner vereinen würde. In beiden Fällen befindet sich die Führungsrolle der USA in einem unumkehrbaren Niedergang. Deshalb müssen die Welt und ihre aufstrebenden geopolitischen Pole dieses Vakuum mit neuen und innovativen Strukturen füllen.

Das amerikanische Volk ist bei dieser bevorstehenden Wahl in einer “Verdammt, wenn sie es tun, verdammt, wenn sie es nicht tun”-Situation, und zwar in Bezug auf die Position seiner Nation als führender Hegemon geht. Unabhängig davon, wer nächstes Jahr gewinnt, wird Uncle Sam in den nächsten fünf Jahren nicht die dominierende Weltmacht sein.

Aus dem Englischen.

Bradley Blankenship ist ein in Prag lebender US-Journalist, Kolumnist und politischer Kommentator. Er hat eine Kolumne bei CGTN und ist freiberuflicher Reporter für internationale Nachrichtenagenturen, darunter die Nachrichtenagentur Xinhua. Er twittert auf @BradBlank_.

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