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Russischer Außengeheimdienst-Oberst: USA werden nach der Ukraine im ganzen Süden Eurasiens zündeln

Russischer Außengeheimdienst-Oberst: USA werden nach der Ukraine im ganzen Süden Eurasiens zündeln

Quelle: Sputnik © Alexander KrjaschewAndrei Besrukow, Vorsitzender der Assoziation für den Export technologischer Souveränität und Professor des Lehrstuhls für angewandte Analyse internationaler Probleme an der MGIMO, auf dem II. Kongress junger Wissenschaftler, Kunst- und Wissenschaftspark Sirius am 03.12.2022.

Wohin werden sich nach dem Ende des Krieges in der Ukraine die Konfliktbrennpunkte verlagern? Der MGIMO-Professor Andrei Besrukow wagt eine Vorhersage: Die USA werden den Süden Eurasiens “in Brand setzen” – von der Türkei bis nach China. Der Oberst des russischen Außennachrichtendienstes SWR im Ruhestand, der als Donald Howard Heathfield viele Jahre im Westen verdeckt operierte, zieht eine geschichtliche Parallele. Ihm zufolge befindet sich die Welt im gleichen Zustand wie vor hundert Jahren. Auf Radio Sputnik erklärte er, welche Gefahren für das heutige Russland aus einem solchen Zustand der Welt erwachsen könnten.

“In den Jahren von 1914 bis 1945 befand sich die Welt in demselben Zwischenzustand, in dem sie sich jetzt befindet. Jene dreißig Jahre haben die Welt völlig verändert: von Imperien und Pferden zur Entstehung von zwei Atommächten, der UNO und zu transatlantischen Flügen. Wir treten gerade in die gleiche Periode ein, die diesmal etwa zwanzig Jahre dauern wird.”

Die Veränderungen, die in der Welt stattfinden, werden zu einer Neuverteilung der Macht und zum “Verwelken” Europas führen, so der im Vorsitz der russischen Denkfabrik Rat zur Außen- und Verteidigungspolitik (der Diskussionsklub Waldai ist eines ihrer prominenteren Projekte) tätige Besrukow weiter:

“Europa ist nicht mehr das absolute Zentrum des Universums. Es ist eine verwelkende Region. Das bedeutet nicht, dass es ganz bis zum Verschwinden verwelken wird, sondern nur, dass es zu einer Neuverteilung der Macht in der Welt kommen wird. Ich möchte Sie daran erinnern, dass vor 200-250 Jahren 70 Prozent der Produktion in China und Indien stattfand. Wir kehren ungefähr dorthin zurück, was auch der Bevölkerungszahl entsprechen wird.”

In einer solchen Zeit der Instabilität wird die sich am schnellsten entwickelnde Region – und das werde der Süden Eurasiens sein – in einer Risikozone liegen, prognostiziert er.

“Wenn der Konflikt in der Ukraine vorbei ist, werden die US-Amerikaner weiter dafür kämpfen, die Welt so zu erhalten, wie sie ist, und sie werden den Süden Eurasiens in Brand stecken – von der Türkei bis nach China, über die arabische Welt.”

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Derartige Unterfangen würden den USA gerade dort durch zwei Umstände erleichtert, aus denen sich auch die geschichtlichen Parallelen ergeben, so der Geheimdienst-Oberst im Ruhestand.

Erstens sei die Region reich an potenziellen Konfliktgegenständen in Form von Grenzgebieten, die jeweils von mindestens zwei Staaten beansprucht werden – das Gebiet Kaschmir mit seiner turbulenten Geschichte und Pakistan, dessen gesamter Grenzverlauf durch die Geschichte der Region als Kolonie Großbritanniens bestimmt ist, nennt er als ein besonders krasse Beispiele dafür.

Zweitens sei dort vielerorts ein Nationalbewusstsein gerade erst im Entstehen – so wie um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert vielerorts in Europa. Allen Staaten dort fehle die Erfahrung eines multinationalen Großreiches und der möglichst friedlichen Lösung der eigenen Probleme – von fremden Problemen Ganz zu schweigen. All dies begünstige einerseits ein Entbrennen militärischer Konflikte um eben diese streitigen Grenzgebiete, so Besrukow, und andererseits separatistische Tendenzen. Wirtschaftlich würde Russland selbst in einer solchen Umgebung gut bis sehr gut über die Runden kommen, resümiert der MGIMO-Professor:

“In einer so turbulenten Welt wird natürlich jeder Staat – wie jede Familie auch – darüber nachdenken, wie er für sich selbst sorgen kann. Es wird keine Welt des Wohlstandes sein, sondern eine Welt des Überlebens. Und in dieser Welt des Überlebens werden die grundlegendsten Dinge den größten Wert haben: Dass man sich ernähren und warmhalten kann, dass man es vermeidet, dass Andere einen erobern, einem das Haus und die Heimat wegnehmen und die Kinder töten. In diesem Szenario hat Russland sehr große Vorteile, denn wir sind der größte Produzent von Nahrungsmitteln und Energielieferant. Und ohne billige Energie wird es keinen Fortschritt und keine Digitalisierung geben. Auch sind wir die Verbindung zwischen Ost und West, ohne die der Kontinent nicht leben kann, denn der Kontinent muss ja Handel treiben. Und wenn der Süden brennt, werden die Hauptstraßen nicht durch die Ozeane im Süden verlaufen, sondern im Norden, vor allem über Land.”

Unmittelbare militärische Gefahr für Russland hält Besrukow für unwahrscheinlich:

“Russland wird wohl nördlich des Hauptbrandherdes liegen. Dies gilt umso mehr, als wir über Atomwaffen verfügen und niemand wagen wird, uns unmittelbar anzuspringen.”

Die größte Herausforderung für Russland wird in dieser Phase vielmehr darin bestehen, die innere Stabilität zu wahren, so der Experte weiter.

“Alle Staaten werden sich bei dieser historischen Wende in zwei Gruppen aufteilen: diejenigen, die die innere Stabilität aufrechterhalten und einigermaßen unblutig in den nächsten technologischen Zyklus übergehen können – und dann diejenigen, die dazu nicht in der Lage sind, die vom Weg schlittern, denen ein blutiger innerer Showdown blüht, wie wir ihn vor hundert Jahren hatten. Diese Letzteren werden um zehn bis zwanzig Jahre zurückgeworfen, werden anschließend ihre Wunden lecken und versuchen, alle anderen einzuholen. Unsere Aufgabe ist es also, die innere Stabilität aufrechtzuerhalten.”

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Hierfür bedarf es nicht bloß des Friedens zwischen den sozialen, religiösen und nationalen Gruppen Russlands, macht Andrei Besrukow deutlich – sondern es braucht eine vereinigende Idee. So lassen sich Versuche äußerer Kräfte am besten abwehren, Russlands Volk zu spalten und das Land aufzuteilen oder es in Streitigkeiten mit seinen Nachbarn zu verwickeln.

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