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Selenskijs Zukunftsaussichten werden immer trüber

Selenskijs Zukunftsaussichten werden immer trüber

Quelle: www.globallookpress.com © Cover Images/Keystone Press AgencySelenskij im März 2023 in Saporoschje

Von Alexander Männer

Wladimir Selenskij galt für viele seiner Landsleute einst als der große Hoffnungsträger der ukrainischen Politik, der das vom Bürgerkrieg zerrissene Land nach der desaströsen Amtszeit von Petro Poroschenko wieder befrieden, endlich vereinen und sowieso alles nur noch besser machen sollte. Das war im Grunde auch das Wahlkampfprogramm des ehemaligen Comedians: Die Beendigung des Blutvergießens im Donbass, die Sicherung der Rechte der russischen Bevölkerung der Ukraine sowie die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation im Land.

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Allerdings konnte Selenskij, der 2019 mit 73 Prozent der Stimmen zum ukrainischen Präsidenten gewählt worden war, keines seiner Wahlversprechen umsetzen. Stattdessen hat er die Krise in der Ex-Sowjetrepublik sogar noch verschlimmert und war letztendlich in hohem Maße – etwa durch die selbst verschuldete Nichtumsetzung der Minsker Friedensabkommen zur Beilegung des Konfliktes in der Ostukraine – dafür mitverantwortlich, dass sein Land nun einen blutigen Krieg gegen eine Atommacht führt. Ein Krieg, in dem die Ukrainer massenhaft sterben, ihr Land zerstört wird und von dem in erster Linie die USA und andere NATO-Staaten profitieren. Denn Washington und sein Anhang verdienen am Krieg – etwa durch Waffenlieferungen oder militärtechnische Unterstützung – nicht nur hervorragend mit, sondern stärken vor allem ihre geopolitischen Interessen in dieser Region, in dem sie die ukrainischen Truppen sowohl quasi als eine Privatarmee als auch als Kanonenfutter gegen die Russen benutzen und den Ukraine-Krieg so zu ihrem Stellvertreterkrieg gegen Russland machen.

Politischer Druck wegen fehlender Kriegserfolge

Dabei erwarten die USA, Großbritannien und Co. von Kiew aber auch strategische Kriegserfolge, die nach über einem Jahr Kampfhandlungen allerdings fehlen. Im Gegenteil, der Krieg entwickelt sich definitiv nicht zugunsten der Ukraine, die nach Schätzungen bereits mehr als 150.000 Soldaten sowie Tausende Panzer, Panzerfahrzeuge und andere militärische Ausrüstung verloren hat.

Dies hat Selenskij durchaus mitverschuldet, weil er sich zum Beispiel im vergangenen Jahr geweigert hatte, seine Truppen aus den damals hart umkämpften Donbass-Städten Sewerodonezk und Lissitschansk abzuziehen und dadurch den Tod von Tausenden ukrainischen Soldaten unter anderem wegen politischen und propagandistischen Zwecken in Kauf nahm. Das gleiche gilt jetzt übrigens auch für die bereits seit Monaten umkämpfte Stadt Artjomowsk beziehungsweise Bachmut, wo ebenfalls schon Tausende ukrainische Soldaten gefallen sind, anstatt sich rechtzeitig zurückzuziehen. Auch hier wollte Selenskij den westlichen Medien offenbar wieder eine weitere Heldensaga liefern.

So rückt ein Sieg der Ukraine, ungeachtet der umfangreichen militärtechnischen und finanziellen Unterstützung des Westens, in immer weitere Ferne, und dagegen kann nach Meinung von westlichen Spitzenpolitikern nur noch eine Großoffensive der ukrainischen Truppen helfen. Andernfalls wird es nicht nur für die ukrainische Armee eng, sondern auch für die politische Führung in Kiew und insbesondere für Selenskij. Dieser könnte die Unterstützung des Westens nämlich endgültig verlieren und damit auch die finanziellen Mittel sowie die politische Sicherheit, die seinen Machterhalt garantieren.

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Die kommende Offensive könnte auch eines der Hauptthemen zwischen Selenskij und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg gewesen sein, der Kiew am Donnerstag besucht hat. Es ist zu betonen, dass Stoltenberg kein Militär ist, sondern in erster Linie Politiker, weshalb er mit Selenskij eher die politischen und nicht die militärischen Aspekte in dieser Angelegenheit besprochen haben könnte. Denn Selenskij scheint die Offensive seinerseits hinauszuzögern zu wollen, weil er womöglich – wie viele anderen Ukrainer übrigens auch – nicht an einen Erfolg der Unternehmung glaubt und weil er befürchtet, bei seinen westlichen “Partnern” in Ungnade zu fallen, sollte die Offensive wirklich scheitern.

Machtkonflikt mit dem Militär

Folglich müsste für ihn ein Ersatz gefunden werden. In diesem Zusammenhang sei noch mal an den alten und nach wie vor schwelenden Konflikt zwischen dem ukrainischen Präsidenten und dem Militär des Landes erinnert. Allen voran Generalstabschef Waleri Saluschny, der längst politische Ambitionen hegt und laut dem Magazin Time zu den hundert wichtigsten Personen des Jahres 2022 zählt, soll sich bislang mehrere heftige Auseinandersetzungen mit dem zunehmend unbeliebter werdenden Selenskij wegen militärischer Fehlschläge geliefert haben. Zahlreiche Beobachter gehen nun davon aus, dass Selenskij bei einem weiteren Fiasko der ukrainischen Truppen es mit einem Aufstand Saluschnys und des gesamten Generalstabs zu tun bekommen könnte, sofern Washington dafür grünes Licht geben sollte.

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Bislang ist das Verhältnis der USA zu den innerukrainischen Machtspielchen allerdings eher so gewesen, dass man die Streitigkeiten hinnahm, solange es dem gemeinsamen Kampf gegen Russland nicht schadete. In dieser Frage wurde von den Ukrainern stets Einigkeit verlangt, vor allem nach außen. Aus diesem Grund sah sich Saluschny auch gezwungen, seine politischen Ambitionen etwas zu zügeln und Selenskij öffentlich nicht mehr zu kritisieren. Eine erfolglose Offensive wäre aber wie gesagt das Ende der Präsidentschaft von Selenskij und vermutlich die Chance für Saluschny, selbst wenn er über keine politische Erfahrung verfügt.

Aber diese Erfahrung braucht er wahrscheinlich auch nicht unbedingt, wenn man bedenkt, wie die Politik in der Ukraine seit dem sogenannten “Euromaidan” 2014 vonstatten ging und wohin es das Land bis jetzt gebracht hat. Denn eigentlich ist dort nur die Popularität eines Politikers wichtig, weil die politischen Prozesse dieses Krisenlandes sowieso nur von den USA, Großbritannien und der Europäischen Union geleitet werden. Insofern wäre Saluschny nur eine weitere Marionette des Auslands, der die Ukrainer erneut bloß davon überzeugen müsste, dass man alles richtig macht und der Kampf gegen die “Moskowiter” weiterhin nach Plan verläuft.

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