Meinung

Ukrainisches Blut wird in einem verlorenen Stellvertreterkrieg vergossen

Ukrainisches Blut wird in einem verlorenen Stellvertreterkrieg vergossen

Von Caitlin Johnstone

In einem Artikel mit dem Titel “Der Mangel an Waffen und Ausbildung in der Ukraine birgt das Risiko einer Pattsituation im Kampf mit Russland” berichtet Daniel Michaels vom Wall Street Journal (WSJ), westliche Offizielle hätten von vornherein gewusst, dass die ukrainischen Streitkräfte nicht über die Waffen und die Ausbildung verfügten, die für einen Erfolg in ihrer oft gepriesenen Gegenoffensive erforderlich seien.

Michaels schreibt:

“Als die Ukraine in diesem Frühjahr ihre große Gegenoffensive startete, wussten westliche Militärs, dass die ukrainischen Streitkräfte nicht über die Ausbildung oder Bewaffnung verfügten – von Granaten bis zu Kampfflugzeugen –, die es braucht, um die russischen Streitkräfte zurückzudrängen. Aber sie hofften, dass Mut und Einfallsreichtum der Ukrainer den Tag retten würden. Haben sie aber nicht. Tief angelegte und tödliche Minenfelder, ausgedehnte Befestigungsanlagen und die russischen Fliegerkräfte haben dazu geführt, dass bedeutende Vorstöße der ukrainischen Truppen weitgehend blockiert wurden. Stattdessen riskierte die Kampagne in einer Pattsituation zu enden, die das Potenzial hat, Menschenleben und Ausrüstung zu vernichten, ohne dass sich die Dynamik wesentlich ändert.”

Die Behauptung, westliche Militärs hätten aufrichtig daran geglaubt, dass die ukrainischen Streitkräfte ihre eklatanten Defizite durch pure Tapferkeit überwinden könnten, wird später in demselben Artikel von einem Kriegsexperten unterhöhlt, als er schrieb, dass die USA niemals eine solche Gegenoffensive lancieren würden, ohne zuvor die Lufthoheit erlangt zu haben, wozu die Ukraine jedoch nicht in der Lage ist:

“Die USA würden niemals versuchen, eine befestigte Verteidigungslinie ohne Luftüberlegenheit anzugreifen, aber die Ukrainer haben keine Luftüberlegenheit. (…)
Man kann gar nicht genug betonen, wie wichtig Luftüberlegenheit ist, um einen Bodenkampf mit vertretbaren Verlusten zu führen”
, sagte John Nagl von der Kriegsakademie der U.S. Army gegenüber dem WSJ.

Dave DeCamp von der Onlineplattform Antiwar schreibt zur neuesten WSJ-Enthüllung das Folgende:

“Im Vorfeld der ukrainischen Gegenoffensive, die im Juni gestartet wurde, enthüllten Medienberichte, die USA würden nicht erwarten, dass die Ukraine viel Territorium von Russland zurückgewinnen könne. Aber die Regierung von Joe Biden drängte trotzdem auf den Angriff, da sie die Idee einer Kampfpause ablehnte.”

Das Imperium wirft also noch immer wissentlich ukrainische Menschenleben in den Fleischwolf eines nicht gewinnbaren Stellvertreterkrieges, auch wenn westliche Offizielle vor der Öffentlichkeit unentwegt behaupten, dass es in diesem Krieg darum geht, ukrainische Menschenleben zu retten und Putin eine vernichtende Niederlage zu bereiten.

Diese Haltung des Imperiums ist kein neues Phänomen. Im vergangenen Oktober berichtete die Washington Post:

“Hinter vorgehaltener Hand sagen US-Offizielle, dass weder Russland noch die Ukraine in der Lage seien, diesen Krieg endgültig zu gewinnen, halten aber die Idee für ausgeschlossen, die Ukraine an den Verhandlungstisch zu drängen oder gar zu stoßen.”

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Weshalb könnte das so sein? Warum sollte das westliche Imperium die Ukraine so sehr zum Weiterkämpfen ermutigen, wenn es doch genau weiß, dass sie nicht gewinnen kann?

Die Antwort finden wir in einem anderen Artikel der Washington Post unter dem Titel “Der Westen ist betrübt über die Ukraine. Hier die Gründe weshalb er das nicht sein sollte”, verfasst von David Ignatius, einem bösartigen Propagandisten des Imperiums. In seinem Eifer, die scheiternde Gegenoffensive für sein US-amerikanisches Publikum in ein positives Licht zu rücken, ließ Ignatius eine unbequeme Wahrheit durchsickern:

“Inzwischen waren diese 18 Monate Krieg für die Vereinigten Staaten und ihre NATO-Verbündeten ein strategischer Glücksfall mit relativ geringen Kosten – anders als für die Ukrainer. Der skrupelloseste Antagonist des Westens wurde erschüttert. Durch das Hinzutreten von Schweden und Finnland ist die NATO deutlich stärker geworden. Deutschland hat sich seiner Abhängigkeit von russischer Energie entledigt und hat in vielerlei Hinsicht seinen Sinn für Werte wiederentdeckt. Die Streitereien in der NATO machen zwar Schlagzeilen, aber insgesamt war dies ein triumphaler Sommer für das Bündnis.”

Jeder, der glaubt, bei diesem Stellvertreterkrieg gehe es darum, den Ukrainern zu helfen, sollte diesen Absatz immer und immer wieder lesen, bis er es begriffen hat. Das Eingeständnis, dass die US-zentrierte Machtstruktur enorm von diesem Stellvertreterkonflikt profitiert, ist aufschlussreich genug. Aber dieses beiläufige “… anders als für die Ukrainer” bringt es auf den Punkt. Es liest sich, als wäre es nachträglich hinzugefügt worden, so wie: “Oh ja, es ist tatsächlich ziemlich hart für die Ukrainer – wenn man sie als Menschen betrachtet.”

Die Behauptung, dass es in diesem Krieg darum gehe, den Ukrainern zu helfen, wurde durch einen anderen jüngsten Bericht der Washington Post zusätzlich untergraben, wonach die Ukraine jetzt mit mehr Landminen als jedes andere Land auf der Erde übersät sei und dass die von den USA gelieferte Streumunition das Land nur noch tödlicher mache. Richtig, Leute! Die Ukraine wird in ein unbewohnbares Ödland des Todes und der Verstümmelung verwandelt – um die Ukrainer zu retten!

Wir sollten wahrscheinlich mehr darüber sprechen, dass das US-Imperium lautstark das Ziel propagierte, Frieden in der Ukraine zu erreichen, indem Russland besiegt wird, während man hinter vorgehaltener Hand eingesteht, dass dieses Ziel unmöglich zu erreichen ist. Das ist so, als würde man auf eine Mauer zufahren und so tun, als läge vor einem eine breite, endlose Straße.

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Das Narrativ, dass Russland besiegt werden könne, indem man einen Stellvertreterkrieg gegen das Land weiter verschärft, ergibt nur dann Sinn, wenn man tatsächlich daran glauben würde, dass Russland in der Ukraine militärisch besiegt werden könnte. Aber das US-Imperium glaubt nicht daran. Es weiß vielmehr, dass die Fortsetzung dieses Krieges Tod und Verwüstung aufrechterhalten wird.

Die Aufforderung “Tritt Putin in den Arsch und zwinge ihn zum Rückzug” klingt zwar cool, ist egoistisch befriedigend und zum Mainstream-Slogan dieses Krieges geworden. Aber niemand, der diesen Slogan befürwortet, will die Tatsache aussprechen, dass diejenigen, die diesen Stellvertreterkrieg vorantreiben, nicht daran glauben, dass das machbar ist. Tatsächlich deuten alle erkennbaren Indizien darauf hin, dass die USA gar nicht versuchen, Putin eine vernichtende Niederlage in der Ukraine zu bescheren und ihn damit zum Rückzug zu zwingen. Vielmehr versuchen sie, Moskau in einen weiteren langen und kostspieligen militärischen Morast Moskau zu zerren, wie es die Kalten Krieger des Westens wiederholt bereits getan haben, sei es in Afghanistan oder Syrien.

Russland schwächen zu wollen oder ukrainische Menschenleben retten und Frieden in der Ukraine schaffen zu wollen – das sind zwei völlig unterschiedliche Ziele, die so verschieden voneinander sind, dass sie in der Praxis weitgehend ein Widerspruch sind. Moskau in einen blutigen Sumpf zu stürzen zu wollen, das würde bedeuten, dass noch viel mehr Menschen in einem Krieg sterben müssen, der sich über Jahre hinziehen könnte – mit all dem immensen menschlichen Leid, den das mit sich bringt.

Die USA wollen keinen Frieden in der Ukraine, sie wollen vielmehr Russland überdehnen, zugleich ihre militärische Dominanz festigen und schließlich ihre Kontrolle über Europas Energieversorgung zementieren, ihre Kriegsmaschinerie weiter ausbauen und den militärisch-industriellen Komplex noch reicher machen. Deshalb haben die USA diesen Krieg auch bewusst provoziert. Sie geben sich als Retter der Ukraine aus, während sie eindeutig an deren Zerstörung beteiligt sind.

Es ist unrecht, diesen Stellvertreterkrieg der USA in der Ukraine gegen Russland zu unterstützen, ohne zugleich massiv gegen diesen Krieg durch Widerspruch mit harten Fakten und stichhaltigen Argumenten anzugehen. Das hat jedoch bisher noch niemand gewagt.

Übersetzt aus dem in Englischen

Caitlin Johnstone ist eine unabhängige Journalistin aus Melbourne, Australien. Ihre Website findet sich hier und man kann ihr auf Twitter unter @caitoz folgen.

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