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US-Atomwaffen sprengen die polnische Gesellschaft

US-Atomwaffen sprengen die polnische Gesellschaft

Quelle: Legion-media.ru © 3D generatorSymbolbild

Von Kirill Awerjanow

Ende April erregte der polnische Präsident Andrzej Duda die polnische Gesellschaft mit der Ankündigung, Warschau sei bereit, amerikanische Atomwaffen auf seinem Territorium zu stationieren. Dabei ging es um das Nuclear-Sharing-Programm, das es den USA ermöglicht, ihr Nuklearpotenzial mit NATO-Ländern zu “teilen”, die nicht über solche Waffen verfügen. Heute lagern amerikanische Nuklearladungen in Belgien, Deutschland, Italien, den Niederlanden und der Türkei.

Die polnischen Bürger bewerteten die Äußerungen ihres Präsidenten sehr unterschiedlich. Laut einer von polnischen Soziologen durchgeführten Umfrage stehen 36,4 Prozent der Befragten der Idee der Stationierung von Atomwaffen in Polen positiv gegenüber, während 31,9 Prozent eine negative Meinung haben. Weitere 19 Prozent haben keine Meinung zu diesem Thema, und 12,6 Prozent haben noch nichts von Dudas Vorschlag gehört.

Duda "bereit" für US-Atomwaffenstationierung in Polen – Tusk fordert Erklärung

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Die Spaltung betraf nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die polnische Regierung: Der Riss verlief erwartungsgemäß entlang der Linie Regierung-Präsident. Die Erklärung des Staatsoberhauptes wurde von Polens Außenminister Radosław Sikorski kritisiert, der sagte, Duda habe keine Befugnis, die Frage von Atomwaffen anzusprechen. “Dem Präsidenten wurde bereits auf höchster Ebene – und zwar nicht auf höchster polnischer Ebene – gesagt, dass er darüber nicht sprechen soll und dass es dafür [Stationierung von Atomwaffen] noch keine Möglichkeit gibt”, sagte der polnische Außenminister.

Sikorskis Stellvertreter Andrzej Szejna enthüllte den Hintergrund der Unzufriedenheit seines Chefs: Dudas Vorschlag berge die Gefahr, dass “russische Raketen gegen uns gerichtet werden”, so der stellvertretende Außenminister Polens. Das heißt, das polnische Außenministerium befürchtet Vergeltungsmaßnahmen aus Moskau.

Der Pressesprecher des russischen Präsidenten, Dmitri Peskow, warnte die Polen bereits vor diesen Maßnahmen. Auch das russische Außenministerium äußert sich klar: “Bewegungen in diese Richtung werden die Sicherheit Polens nicht erhöhen, aber die entsprechenden Einrichtungen werden definitiv zu einem militärischen Ziel. Und in unserer Militärplanung werden sie im Vordergrund stehen.”

Polnische Experten sind skeptisch, was die nuklearen Perspektiven ihres Landes angeht.

US-Atomwaffen in Polen? Moskau stellt Gegenmaßnahmen in Aussicht

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General Bogusław Pacek sagte in einem Interview mit der Gazeta Wyborcza: “Heute werden die Amerikaner, wie der Krieg in der Ukraine zeigt, keine drastischen Schritte unternehmen, die die Beziehungen zu Russland plötzlich verschlechtern könnten. Dies könnte den laufenden Konflikt in der Ukraine zur Eskalation bringen und ihn sogar auf andere Länder, darunter auch NATO-Länder, ausweiten.”

Dmitri Peskow sagte, dass Dudas Worte über seine Bereitschaft, US-Atomwaffen in Polen einzusetzen, sogar die USA selbst erschreckt hätten. Diese Ansicht wird merkwürdigerweise auch von den liberalen polnischen Medien geteilt.

So veröffentlichte die Gazeta Wyborcza eine Kolumne, in der behauptet wurde, die Atombombe habe “eine fetischistische Wirkung auf die Politiker der PiS [der Regierungspartei ‘Recht und Gerechtigkeit’ – Anm. der Zeitung Wsgljad]”. Der Autor erinnert daran, dass der damalige stellvertretende Verteidigungsminister Tomasz Szatkowski 2015 öffentlich über die Möglichkeit der Lagerung von US-amerikanischen Atombomben in Polen sprach, die von der polnischen Luftwaffe im Krieg eingesetzt werden könnten.

Seitdem kamen die Vertreter der PiS immer wieder auf dieses Thema zurück. “Wahrscheinlich wegen der Fixierung der PiS-Politiker [auf Atomwaffen] während ihrer Regierungszeit nahm die US-Regierung Polen nicht in das Nuclear-Sharing-Programm auf”, heißt es in dem Artikel.

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Somit ist die Atomwaffenfrage ein weiterer Trennungspunkt zwischen polnischen Konservativen und Liberalen. Während Erstere glauben, dass die amerikanischen Waffen Polen vor Russland schützen werden, sehen Letztere sie im Gegenteil als Eskalationsfaktor, der zu einem echten Krieg zwischen Russland und der NATO führen könnte.

Hier sind die polnischen Liberalen vorsichtiger als die Konservativen.

Da die Regierung im polnischen politischen System ein mächtigeres Organ ist als der Präsident, ist zu erwarten, dass die derzeitige linksliberale Regierungskoalition die Bemühungen des konservativen Präsidenten Andrzej Duda, dass die Amerikaner Warschau in das Nuclear-Sharing-Programm mit einbeziehen, letztlich blockieren wird.

Die Konservativen in der polnischen Regierung werden jedoch bis zum Ende für amerikanische Atomsprengköpfe kämpfen. Davon zeugt die Tatsache, dass der stellvertretende Verteidigungsminister Paweł Zalewski am 30. April verkündete, Polen habe die Teilnahme am Nuclear-Sharing-Programm beantragt. Es ist bemerkenswert, dass Zalewski seine politische Karriere in der PiS begann, sogar stellvertretender Parteivorsitzender war, dann zur liberalen Partei “Bürgerplattform” überlief, von dort aber skandalöserweise ausgeschlossen wurde. Offenbar erfüllt er nun die Rolle des “Trojanischen Pferdes” des Präsidenten in der Regierung.

Polen: Präsident Duda erklärt Bereitschaft zur Stationierung von US-Atomwaffen

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Duda fand auch einen Verbündeten außerhalb Polens: Litauens Präsident Gitanas Nausėda unterstützte den Vorschlag seines polnischen Kollegen. Nausėda ist der Ansicht, dass die Stationierung von Atomwaffen in Polen nicht als Kriegshetze und Bedrohung für Russland betrachtet werden könne. “Dies ist genau das Element des Abschreckungssystems, das zu einer wirklich bedeutenden Abschreckung werden sollte”, meint der litauische Staatschef.

Nausėdas Äußerung zu einem Thema, das nicht direkt mit seinem Land zu tun hat, verdeutlicht, dass sich Vilnius nach dem Wahlsieg der pragmatischen Liberalen bei den polnischen Parlamentswahlen als eifrigster Russenhasser etabliert. Nun wird es im Alleingang vor der NATO-Dampflokomotive herlaufen und die unsinnigsten Initiativen gegen Russland vorantreiben. Darunter auch solche, die die Existenz Polens und der baltischen Staaten bedrohen.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 1. Mai 2024 zuerst in der Zeitung Wsgljad erschienen.

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