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Westen gleicht Kiews Luftabwehrmangel aus: mit russischen Waffen aus Griechenland und Franken-SAM

Westen gleicht Kiews Luftabwehrmangel aus: mit russischen Waffen aus Griechenland und Franken-SAM

Archivbild: Sowjetisches Geleit-Luftabwehrsystem 9K33 Osa AK/AKM, von den polnischen WZU und der deutschen Diehl BGT als Plattform für Lenkraketen IRIS-T aus deutscher Herstellung angepasst. Waffenmesse MSPO, Kelce, Polen, September 2016.

Von Joe Bessemer

Hybride aus sowjetischen bodenbasierten Luftabwehrsystemen wie Buk und westlicher Luftzielmunition, ursprünglich teils luft- und teils bodengestützte Lenkflugkörper, kommen im Ukraine-Krieg bei Kiews Truppen zunehmend zum Einsatz. (“FrankenSAM” ist die Kurzform von “Frankensteins Luftabwehr-Raketensystem”, ein Begriff, der vom US-Militär offiziell verwendet wird.)

Dies zeigt: Im Hinblick auf die Luftabwehr weisen die Streitkräfte der NATO-Staaten Mängel auf. Diese Ansicht vertritt Mark Cancian, Oberst a. D. der US-Marineinfanterie und heute hochrangiger Berater bei der Denkfabrik Center for Strategic and International Studies. Im US-Geschäftsnachrichtenportal Business Insider mit 97-prozentiger Beteiligung der Verlagsgruppe Axel Springer wird Cancian sinngemäß zitiert:

“Die FrankenSAM füllen eine kritische Lücke für die Ukraine, weil ihre Verbündeten nicht genügend bodenbasierte Luftabwehrsysteme haben, die sie ihr geben könnten.”

Beispiel: Zwar habe Washington zwölf norwegische Luftabwehrsysteme Typ NASAMS zur Lieferung an das ukrainische Militär zugesichert, doch tatsächlich ausgeliefert worden seien bis Anfang Februar 2024 nur zwei davon, weil der Rest noch gefertigt werde. Gleichzeitig bestehe seitens der westlichen Streitkräfte selbst eine enorme Nachfrage nach derartigem Rüstungsgut.

Derweil hat das ukrainische Militär noch Bestände an Luftabwehrsystemen aus sowjetischem Vermächtnis, für die jedoch wiederum Raketen fehlen.

Deswegen passen die USA und die Ukraine diese sowjetischen Waffensysteme an verschiedene westliche Lenkflugkörper an, von denen in westlichen Arsenalen noch genügend lagern. Das bisher einzige System, dessen Einsatz – ein Jahr nach erklärtem Abschluss der Anpassungsarbeiten – angeblich erfolgreich gegen eine russische Geran-Kamikazedrohne von der ukrainischen Seite bekannt gegeben wurde, ist Buk.

Geschossen wurde allem Anschein nach mit Raketen des Typs RIM-7 Sea Sparrow aus US-Herstellung: Die Originalraketen des Buk haben, genau wie die US-Lenkflugkörper, halbaktive Zielsuchköpfe. An TELAR-Fahrzeugen (Transport, Aufstellung, Abfeuern, Radar) des Systems Buk hat das ukrainische Militär noch mehrere Dutzend im Bestand – es mangelt eben nur an Originalmunition. Insgesamt seien laut ukrainischer Quellen Stand Oktober 2023 fünf der hybriden Buk-Systeme an Kiew geliefert worden und weitere siebzehn seien noch im Anpassungsprozess begriffen.

Nach dem Kalten Krieg, als die USA wie andere NATO-Staaten noch solide Bestände und Aufgebote an Boden-Luft-Raketensystemen unterhielten, wurden diese wegen einer Akzentsetzung auf andere Arten der Kriegsführung abgebaut, so Business Insider mit Verweis auf Cancian. Nun werde dies rückgängig gemacht. Um den Rückstand aufzuholen, seien jedoch Jahre nötig, prognostizierte der US-Experte.

Beide obige Tendenzen rücken die von der griechischen Nachrichtenagentur Kathimerini als beschlossen oder nahezu beschlossen vermeldeten Lieferungen von Waffensystemen sowjetischer beziehungsweise russischer Herstellung aus Athens Militärbeständen an Kiew in neues Licht.

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Denn besagte Waffen aus den Beständen Griechenlands, an denen das ukrainische Militär das größte Interesse zeigt und von denen Athen nicht wenig besitzt, sind vorrangig eben Luftabwehrsysteme – sowohl die S-300 Systeme mit langer Reichweite sowie die Tor- und Osa-Systeme mit kurzer Reichweite.

Zwar lagern die Griechen neben den TELAR-Fahrzeugen dieser Waffen natürlich auch reichlich Lenkflugkörper dafür, an denen es Kiew so mangelt – vor allem heiß begehrte Raketen für S-300. Doch selbst nach deren Verbrauch dürften zumindest die beiden Luftabwehrsystem-Typen kürzerer Reichweite nicht unmunitioniert bleiben: Die Luft-Luft-Lenkraketen kurzer Reichweite AIM-9 Sidewinder aus US-Fertigung sowie IRIS-T aus bundesdeutscher Herstellung, letztere auf jeden Fall für Osa, kommen hierfür infrage.

Der polnische Rüstungshersteller Woiskowe Zakłady Uzbrojenia entwickelte vor fast zehn Jahren eine Modernisierung der Osa, die IRIS-T verschießen soll. Beide Raketen haben ähnliche Abmessungen und Gewicht, weil IRIS-T als Ersatz für die alternden AIM-9 und mit dem Gedanken der größtmöglichen Kompatibilität entwickelt wurde. Gleichzeitig sind Abmessungen und Gewicht beider westlicher Lenkwaffen auch mit denen der russischen Original-Rakete 9M33 des Osa-Systems vergleichbar.

Beide Raketentypen besitzen einen eigenen Infrarot-Zielsuchkopf, dem man lediglich zur Aufschaltung des Ziels verhelfen muss – dieses zu orten wäre dann die Aufgabe der Radar- oder sonstiger Feuerleitanlagen des jeweiligen sowjetischen oder russischen Luftabwehrsystems. Sowohl Osa als auch Tor eignen sich für diese Aufgabe. Sidewinder-Raketen mehrerer Generationen hat das Pentagon reichlich im aktiven wie im Altbestand und dürfte gemäß eigener Ankündigung schon dabei sein, sie an das ukrainische Militär zu liefern – oder sie bereits geliefert haben.

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Der Einsatz beider westlicher Raketentypen von den genannten sowjetischen Luftabwehrgeleitfahrzeugen aus kann als eine Anpassung an den möglichen Zweck gelten, stationäre Objekte im ukrainischen Hinterland vor Massenangriffen mit Lenkflugkörpern und Langstrecken-Kamikazedrohnen zu schützen. Da weder IRIS-T noch die Sidewinder, im Gegensatz zur 9M33 (Osa), vom Radarsignal der Abschussplattform zum Ziel geleitet werden müssen, wird argumentiert, dass mit ihnen die Bekämpfung mehrerer Ziele hintereinander schneller möglich ist.

Auch die S-300 bieten mit den Radaren auf ihren Startfahrzeugen und gegebenenfalls noch separaten Radaren eine ähnliche Möglichkeit für Luftabwehrraketen längerer Reichweite – etwa für die des US-Systems Patriot – abgefeuert von dazugehörigen Starterplattformen auf Aufliegeanhängern, die sie dann ins Ziel leiten können. Hierbei gilt allerdings zu bedenken, dass Patriot-Raketen, anders als die der beiden anderen genannten Typen, erstens nicht in rauen Mengen in Arsenalen liegen – vielmehr gibt es große Lieferschwierigkeiten – und zweitens sehr kostenintensiv in der Herstellung sind.

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