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Zu wenige Ostdeutsche in Chefetagen: Bund setzt auf “niedrigschwellige Maßnahmen”

Zu wenige Ostdeutsche in Chefetagen: Bund setzt auf "niedrigschwellige Maßnahmen"

Quelle: www.globallookpress.com © Peter Gercke/dpaDer Ostbeauftragte der Bundesregierung Carsten Schneider (Symbolbild)

Die Bundesregierung hat wieder einmal festgestellt, dass Ostdeutsche bei der Besetzung von Spitzenposten diskriminiert werden – auch in den Bundesbehörden und den Bundesgerichten. Dies geht aus aktuellen Erhebungen hervor, die der Ostbeauftragte der Bundesregierung Carsten Schneider veranlasst hatte. Bei einem Anteil von rund 20 Prozent der Bevölkerung haben gebürtige Ostdeutsche nur 13,5 Prozent der Führungspositionen in oberen und obersten Bundesbehörden. Nimmt man als Geburtsorte nur die fünf ostdeutschen Flächenländer ohne Berlin, sind es sogar nur 7,4 Prozent. Schneider brachte am Mittwoch eine “Gegenstrategie” ins Bundeskabinett ein. Der Nachrichtenagentur dpa sagte er:

“Mehr als 32 Jahre nach der Einheit sind Ostdeutsche in den Führungspositionen unseres Landes deutlich unterrepräsentiert – eine nach wie vor ungelöste Aufgabe.”

Ostbeauftragter Schneider: Wahrnehmung über ostdeutsche Bürger muss sich ändern

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Die Bundesregierung wolle dies nun zum Thema machen. Für Ostdeutsche gebe es gläserne Decken “und die sind aus Panzerglas”, ergänzte er auf einer Pressekonferenz. Während der Konferenz sprach er auch von einer “unbewussten Diskriminierung”. Dies dürfte allerdings im Widerspruch zur Erfahrung zahlreicher Ostdeutscher stehen. Belegt wird dies auch in zahlreichen Aufarbeitungen der Treuhand-Abwicklungen, wie beispielsweise die des Historikers Andreas Malchya.

Exemplarisch sei an dieser Stelle die Anekdote von Treuhand-Vizepräsident Hero Brahms erwähnt, der während einer Vorstandssitzung vom 14. Juli 1992 sagte, man dürfe nicht so viele Ostmitarbeiter beschäftigen, wenn man die Qualität der Arbeit im Auge behalte: “Mit diesen Negern kann man nicht arbeiten.” 

Als ostdeutsch gilt nach Schneiders Definition, wer in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen geboren wurde. Schneider hatte bei knapp 4.000 Führungskräften in 94 Bundesbehörden, vier Verfassungsorganen und der Richterschaft an den fünf Bundesgerichten den Geburtsort erheben lassen. Zu den Ergebnissen gehörte auch, dass Ostdeutsche nur 7,1 Prozent der erfassten Richterinnen und Richter ausmachten, ohne Berlin sogar nur 5,1 Prozent.

Nun behauptet die Regierung, dass sie gegensteuern will. Dabei setzt sie offenbar weitgehend auf das Konzept der “freiwilligen Selbstverpflichtung”, eine Quote soll es hingegen nicht geben. Konkret sollen Daten zu den Geburtsorten systematischer erfasst werden. Bundesbehörden sollen mit Selbstverpflichtungen arbeiten. Auswahlgremien sollen vielfältiger besetzt, Führungskräfte gezielt auf ihre Aufgabe vorbereitet und Netzwerke gefördert werden. Zum Ende der Legislatur soll es “bei Bedarf weitere Schritte” geben. Schneider sagte, er hoffe auf Fortschritte im nächsten Jahr und würde es befürworten, wenn die Vertretung Ostdeutscher in Führungspositionen ihrem Bevölkerungsanteil von 20 Prozent entspräche. Die aktuelle Situation kritisierte der Linken-Ostbeauftragte Sören Pellmann als Verfassungsbruch:

“Artikel 36 des Grundgesetzes verlangt eine faire Personalverteilung aus allen Bundesländern. “

Eine wie von Pellmann geforderte Ostquote lehnt Schneider jedoch ab. Es sei nicht rechtssicher zu definieren, wer als ostdeutsch gelte. Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel, die in der DDR aufwuchs, sei beispielsweise in Hamburg geboren und nach dieser Definition keine Ostdeutsche.

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Der Ostbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Sepp Müller betonte, dass die Bundesregierung jetzt handeln solle. Es gebe hoch qualifizierte Arbeitskräfte in Ostdeutschland, die angemessen berücksichtigt werden sollen. Der FDP-Ostbeauftragte Hagen Reinhold sagte hingegen: “Nie darf gelten: Region vor Qualifikation.” Die Erfahrung Ostdeutscher mit “Transformationsprozessen” sei laut Reinhold aber eine “Qualifikation und ein Vorteil”.

Schneider ging auch nicht darauf ein, warum in Bundes- und Landesbehörden, Justiz und Verwaltung keine entsprechenden konkreten Regelungen durchgesetzt werden. Experten zufolge könnte der Staat in diesen Bereichen selber mit gutem Beispiel vorangehen, doch offensichtlich ist der politische Wille dafür nicht vorhanden. So ist davon auszugehen, dass die bisherigen Regelungen aller Wahrscheinlichkeit nach nichts Wesentliches ändern werden.

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